Heilpflanzen

INGWER – HEISSER SCHARFMACHER

Ingwer hat nicht nur in Asien seit alters her einen festen Platz in der traditionellen Heilkunde und in der fernöstlichen Küche. Auch bei uns wird die Knolle immer beliebter.

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Beheimatet ist Ingwer im tropischen Südostasien und wird heute in vielen Gebieten des Tropengürtels kultiviert. Die Pflanze gehört zur Familie der Zingiberaceae und ist eine mehrjährige etwa ein Meter hohe Staude, die sich mit ihren unterirdischen Rhizomen vegetativ vermehrt. Das schilfartige Gewächs hat lange lanzettliche Blätter und trägt am Ende ihres Stängels eine zapfenartige Blütenähre, die mit grünen, gelb berandeten Deckblättern versehen ist.

Von den zahlreichen Ingwerarten hat nur der Wurzelstock (Rhizom) von Zingiber officinale Roscoe Eingang ins Arzneibuch gefunden. Seine knolligen Rhizome erinnern an ein Geweih, was sich auch in der Namensgebung widerspiegelt. Der lateinische Gattungsname Zingiber, der sich aus dem indischen sringavera = geweihförmig ableitet, beschreibt die verzweigte Form, auf die auch die deutsche Bezeichnung Ingwer sowie der angelsächsische Name Ginger, welche wiederum dem Zingiber entlehnt sind, Bezug nehmen.

Scharfe Knolle Das im Rhizom enthaltene ätherische Öl sowie die nicht-flüchtigen Scharfstoffe verleihen der Arzneibuchdroge ein charakteristisches Aroma sowie einen brennend scharfen und würzigen Geschmack. Hauptgeruchskomponente ist das Zingiberol. Für die Schärfe sind die Scharfstoffe Gingerole und Shoagole verantwortlich. Da sich die schärferen Shoagole erst bei Lagerung der Droge durch Wasserabspaltung aus den Gingerolen bilden, schmeckt eine länger gelagerte Knolle deutlich schärfer als der frische Ingwer.

Eine überlagerte Ware besteht aus größeren Mengen Zingiberon, das ebenfalls ein Abbauprodukt der Gingerole darstellt, aber wenig Schärfe aufweist. Als grüner oder frischer Ingwer wird die Knolle bezeichnet, wenn sie zu einem früheren Zeitpunkt geerntet wird als die Rhizome, welche für den arzneilichen Gebrauch getrocknet Verwendung finden. Der als Küchengewürz geschätzte grüne Ingwer ist weniger aromatisch und milder im Geschmack.

Beliebtes Gewürz und Heilmittel früher … Ingwer ist schon seit Jahrtausenden aufgrund seiner würzenden und heilsamen Eigenschaften bekannt. Grabbeilagen bezeugen, dass das Rhizom in China bereits vor unserer Zeitrechnung zu den wichtigsten Heilmitteln zählte. In alten chinesischen Rezeptsammlungen sowie in Sanskritschriften finden sich zahlreiche medizinische Anwendungsgebiete.

Noch heute ist Ingwer in Indien nicht nur im Curry enthalten, es ist zudem in vielen anderen Gewürzmischungen zu finden, die gleichzeitig als ayurvedische Heilmittel dienen. Ingwer war auch eines der ersten asiatischen Gewürze, das nach Europa gelangte. Es wurde in der Antike bei den Griechen und Römern zum Schärfen der Gerichte benutzt. Darüber hinaus lobte der griechische Arzt Dioskurides (1. Jahrhundert n. Chr.) seine verdauungsfördernde und magenberuhigende Wirkung.

WIE WIRKT INGWER?
Die Scharfstoffe erregen bei oraler Einnahme die Wärmerezeptoren in der Mundschleimhaut, wodurch reflektorisch die Speichel- und Magensaftsekretion gefördert werden. Außerdem sollen sie die Darmmotilität steigern. Für die antiemetischen Effekte wurde lange eine direkte Wirkung auf die
Magenschleimhaut angenommen. Inzwischen wird auch eine antagonistische Wirkung an zentralen Serotonin-Rezeptoren diskutiert.

Nach Deutschland kam die scharfe Knolle im 9. Jahrhundert, wo sie rasch Aufnahme in Arznei- und Kochbücher fand. Im Mittelalter war Ingwer fester Bestandteil des pflanzlichen Arzneischatzes und wurde bei Reisekrankheiten, Brechreiz, Katerbeschwerden und Blähungen verwendet.

... und heute Auch im 21. Jahrhundert kommt der Ingwerwurzelstock noch zur Verhütung der Symptome der Reisekrankheit und bei dyspeptischen Beschwerden zum Einsatz. Die Kommission E hat für diese Indikationen aufgrund der guten Datenlage eine positive Monographie erstellt. In der ESCOP-Monographie ist Ingwer zudem als postoperatives Antiemetikum erwähnt.

Unterschiedliche Meinungen bestehen bezüglich der Anwendung bei Schwangerschaftserbrechen. Während die einen die Knolle bei morgentlicher Übelkeit empfehlen, warnen andere vor einer wehenauslösenden Wirkung. Als Antiemetikum stehen Fertigpräparate mit pulverisierter Droge in Kapselform zur Verfügung. Alkoholische Ingwerauszüge sind eine Komponente flüssiger Gastroenterologika. Teezubereitungen werden in der Volksheilkunde besonders bei Magenbeschwerden, Appetitlosigkeit oder Erkältungen geschätzt. In Ingwer steckt aber noch mehr Potenzial. Untersuchungen liefern Hinweise über positive Wirkungen bei Grippe, Rheuma oder Migräne. Auch scheinen eine Hemmung der Blutgerinnung sowie Senkung erhöhter Cholesterin- und Blutdruckwerte möglich.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/12 ab Seite 28.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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