Mann hat Magenschmerzen © dobok / iStock / Thinkstock
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Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

IMMER WIEDER SCHÜBE

Bis zu 20-mal am Tag auf die Toilette – das erleiden Patienten mit Colitis ulcerosa. Ihre gesamte Darmschleimhaut ist entzündet, der Stuhl oft von Blut durchsetzt. Bei der Behandlung ist Ausdauer und Geduld gefragt.

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Umwelt und Abwehr Erstaunlicherweise entwickelt sich eine Colitis häufig, nachdem mit dem Rauchen aufgehört wurde, ganz im Gegensatz zu M. Crohn, bei dem das Rauchen ein bekannter Risikofaktor ist. Auch genetische und immunologische Faktoren spielen bei der Krankheitsentstehung eine Rolle. So die übermäßige Stimulation des enteralen Nervensystems, ein Ungleichgewicht zwischen entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Mediatoren sowie das NOD-2 Risikogen. Einen Einfluss haben auch Umweltfaktoren, das können städtische Gebiete in der industrialisierten Welt sein oder infektiöse Agenzien und Toxine, die sich im Darmlumen sammeln sowie die Ernährung.

Vermutet wird, dass Personen, die in der Kindheit einen hohen Hygienestandard hatten, ein erhöhtes Risiko in sich tragen. Eine Colitis ulcerosa beginnt bei Männern und Frauen meist zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr. Die Diagnose wird durch Ileokoloskopie und Histologie gesichert. Sonografische Untersuchungen dienen der Verlaufskontrolle. Was die Laborwerte angeht, gibt es keine krankheitsspezifischen Parameter. Am ehesten korreliert das C-reaktive Protein mit der Krankheitsaktivität. Eine Colitis ulcerosa kann nicht kausal behandelt werden, ist aber durch die Proktokolektomie-Operation, die Entfernung von Dick- und Mastdarm, heilbar.

Eine besondere Ernährung? Man rät Patienten mit Kolonbefall, Zitrusfrüchte, scharfe Gewürze, Alkohol und blähende Speisen zu meiden. Ob Carrageenane, die langkettigen Kohlenhydrate aus Rotalgen, Rückfälle auslösen können, wurde in einer kontrollierten, randomisierten Studie genauer untersucht. Carrageenane finden sich als Gelier-, Emulgier- und Stabilisierungsmittel in vielen Lebensmitteln. Diejenigen Colitis-Patienten in Remission, die zusätzlich Carrageenan-Kapseln einnahmen, erlitten eher einen Rückfall als die Teilnehmer, die Placebo-Kapseln erhielten und somit überhaupt kein Carrageenan aufnahmen.

Alle zwölf Teilnehmer hatten sich ein Jahr lang Carrageenan-frei ernährt (Bhattacharyya, 2017). Eine weitere Studie zeigte, dass die Teilnehmer, die nach 12 Monaten Nachbeobachtung noch immer symptomfrei waren, bei Studienbeginn signifikant mehr Geflügel und Maltose verzehrt hatten. Maltose ist ein Disaccharid, das sehr häufig in der Natur vorkommt (Keshteli, 2017). Wie sich eine naturbelassene Ernährung im Vergleich zu einer fleisch-, eier- und zuckerbetonten Nahrung auf die Entwicklung der Colitis ulcerosa auswirkte, wurde von einer iranischen Arbeitsgruppe erforscht.

Personen, die ein Jahr vor der Diagnose einem gesunden Ernährungsmuster folgten (fettreduzierte Milchprodukte, Fisch, Früchte, Nüsse, Gemüse, Pflanzenöle), waren eher vor einer Colitis ulcerosa geschützt als diejenigen, die ungesunde Lebensmittel verzehrten. Dazu gehörten prozessierte Lebensmittel, rotes Fleisch, Vollfett-Milchprodukte, eingelegte Gemüse, tierische Fette und Zucker.

Während eine ungesunde Ernährungsweise das Risiko für eine Colitis ulcerosa erhöhte, wies das Drittel der Personen mit der gesündesten Ernährung ein um 79 Prozent niedrigeres Risiko auf (Rashvand, 2018). Zu guter Letzt wichtig für Patientinnen mit Kinderwunsch: Die Schwangerschaft sollte in einer inaktiven Phase der Erkrankung geplant werden. Denn eine Schwangerschaft beeinflusst den Krankheitsverlauf: Bei einem Drittel verschlechtert sich die ulcerative Colitis, bei einem Drittel bleibt die Erkrankung gleich und bei einem Drittel verbessert sie sich.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/18 ab Seite 114.

Dr. Christine Reinecke, Diplom-Biologin

In Ländern mit amerikanisch-​europäischer Lebensweise treten chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) deutlich häufiger auf als in anderen Regionen der Welt. So geht man in Deutschland aktuell von 320 000 Patienten mit Colitis ulcerosa aus. Damit ist die Erkrankung etwas häufiger als Morbus Crohn. Fast immer ist eine starke Diarrhö im Spiel und sehr häufig findet man Blutbeimengungen. Oft leiden die Betroffenen unter Bauchschmerzen und Gewichtsverlust. Als Komplikation kann sich eine Anämie einstellen, typischerweise mit Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Schwindel. Ähnlich wie bei M. Crohn sind Symptome möglich, die nichts mit dem Verdauungstrakt zu tun haben.

So zum Beispiel das Erythema nodosum mit dunkelroten Papeln am Schienbein, sowie Entzündungen der Gelenke, der Regenbogenhaut oder des Herzmuskels. Als Folge einer langen Steroidtherapie kann sich eine Osteoporose entwickeln. Nimmt man die Darmflora genauer unter die Lupe, sind die Bakterien, die an der Mukosa anhaften, weniger stark verändert als bei M. Crohn. Kommt es allerdings zu Rezidiven, erhöht sich die Konzentration der Enzyme, die die schützende Mukusschicht auf der Darmschleimhaut abbauen. Rückfälle sollten also unbedingt vermieden werden.

Herausforderung Therapietreue Rezidive können nicht vorhergesagt werden, sodass es wichtig ist, die besprochene Therapie für längere Zeit fortzuführen, nach dem Motto: „Nichts nützt nichts“. Denn nur langfristig, für mindestens zwei bis vier Jahre, eingenommene Medikamente sichern die Beschwerdefreiheit und schützen vor der Kolektomie, also der operativen Entfernung des Dickdarms. Je länger die Symptome medikamentös abgeschwächt werden können (Remission), desto größer ist die Chance auf eine anhaltende Symptomminderung, auch nach einer Dosisreduktion oder einer Medikationspause.

Besonders interessant ist der Befund, dass nichtsteroidale Antirheumatika bei jedem fünften Colitis-Patienten in Remission einen Schub auslösen können. Auch verdichten sich die Hinweise, dass Antibiotika durch Veränderung der Darmflora einen Krankheitsschub verursachen. Grundlegend behandelt man den akuten Schub mit 5-Aminosalicylsäure. Der auch als Mesalazin bezeichnete Arzneistoff wirkt stark antientzündlich, ist auch zur Abschwächung der Symptome geeignet und weist ein gutes Nebenwirkungsprofil auf. Das Antiphlogistikum wird häufig topisch mit kleinvolumigen Schaumpräparaten verabreicht. Bei mäßiger Krankheitsaktivität kann 5-Aminosalicylsäure von Anfang an rektal und peroral kombiniert werden.

Bei ungenügender Wirkung oder bei von Beginn an hochaktiver Colitis werden Immunsuppressiva eingesetzt. Hier ist Cortison kurzfristig wirksam, längerfristig weist Azathioprin ein besseres Nebenwirkungsprofil auf. Bei einem schweren Verlauf ist eine Operation nötig, bei der der Dickdarm vollständig entfernt wird (Kolektomie). Es wird ein Pouch eingesetzt, ein Beutel als künstliches Stuhlreservoir, der einen fast normalen Tagesablauf ermöglicht. Als Langzeitkomplikation kann das Karzinomrisiko ansteigen – und zwar frühestens ab dem achten bis zehnten Krankheitsjahr. Umso wichtiger ist die regelmäßige Karzinomvorsorge.

 

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