Pumpspender © paulynn / iStock / Getty Images
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Naturkosmetik

IM WIRRWARR DER ZERTIFIKATE

Wenige Trends werden so kontrovers diskutiert wie der Bio- und Naturkosmetikmarkt. Begrifflichkeiten wie „von der Natur inspiriert“, „naturnah“, „vegan“ und „biologisch“ verwirren mehrheitlich den Verwender und es wird ordentlich geschummelt.

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In den letzten Jahren hat sich die Erwartungshaltung des Konsumenten deutlich verändert. Er sucht nach Produkten, die neben dem eigentlichen Kosmetiknutzen auch in den Aspekten Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Regionalität, Verzicht auf fragwürdige Inhaltsstoffe, weniger Plastik und umweltschonende Verpackung punkten. Die Kosmetikhersteller haben sich diesen Herausforderungen gestellt und der Kosmetikmarkt hat sich neu segmentiert. Neben dem Begriff „naturnahe Kosmetik“ gibt es die Begriffe „nicht zertifizierte Natur- und Biokosmetik“, „zertifizierte Naturkosmetik“ und „zertifizierte Biokosmetik“. Schon hier kann man erkennen wie schwer es für den Endverbraucher ist, die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch während der Absatz des klassischen Kosmetikmarktes eher stagniert, wachsen die beiden Naturmärkte überdurchschnittlich um jährlich acht bis 10 Prozent.

Siegel Wirrwarr Leider sind nicht nur die Begrifflichkeiten unterschiedlich, nein, es gibt auch ein Wirrwarr mit unterschiedlichsten Zertifikaten (Siegel genannt), die es dem Verwender nicht einfacher machen. Diese Siegel wiederum werden in die Bereiche Naturkosmetik, natur- und tierfreundliche Kosmetik sowie nachhaltige Siegel unterteilt, um nur einige davon zu nennen.

Nicht immer ist viel Natur drin Bei naturnaher Kosmetik fallen Begrifflichkeiten wie „von der Natur inspiriert“, „mit natürlichen Inhaltsstoffen“, „naturnah“ und „Inhaltsstoffe aus Bioanbau“ oder auch „vegan“. All das hat mit der eigentlichen Naturkosmetik wenig gemein. Hier wird mehr mit Marketingbegriffen und einzelnen, aktuell im Trend liegenden, pflanzlichen Inhaltsstoffen gearbeitet. Der Anteil von Inhaltsstoffen auf pflanzlicher Basis oder aus Bio-Anbau wird meist nicht mal genannt. In einigen Fällen handelt es sich bei der Bezeichnung „naturnah“ auch nur um eine „grüne“ Markenpositionierung, obwohl die Inhaltsstoffe im Grunde konventionell sind. Umso wichtiger ist es, sich die zertifizierte Naturkosmetik etwas intensiver anzuschauen.

Konsequent natürlich Zertifizierte Naturkosmetik enthält natürliche Inhaltsstoffe, die mit sanften Herstellungsprozessen und umweltfreundlichen Praktiken hergestellt werden. Hat man sich für die Vorteile des Naturproduktes entschieden, muss man dennoch einige Kompromisse eingehen. Oftmals riecht der hohe Anteil pflanzlicher Inhaltsstoffe etwas krautig und manchmal sind die Produkte nicht so lange haltbar. Auch die Konsistenzen der Pflegeprodukte sind manchmal ungewohnt. Generell riechen Bioduftstoffe nicht so kosmetisch wie es die konventionelle Kosmetik kann. Man kauft hier eher eine Philosophie und eine Haltung.

Es kann aber auch bei Natur- und Biokosmetik zu allergischen Reaktionen kommen, denn durch den hohen Pflanzenanteil sind Allergien und auch Kreuzallergien möglich. Der wohl bekannteste Name ist die NATRUE-Zertifizierung. Das NATRUE-Siegel wurde von Naturkosmetikherstellern entwickelt, denn die Begriffe „Biokosmetik“ und „Naturkosmetik“ sind in Deutschland nicht rechtlich geschützt. Das NATRUE-Siegel hilft seit 2008 echte Natur- und Biokosmetik zu erkennen. Der nach belgischem Recht eingetragene Verein NATRUE ist nicht gewinnorientiert. Mittlerweile gibt es ungefähr 7000 Produkte, 300 Marken und 500 genehmigte und zertifizierte Rohstoffe mit diesem Siegel - Tendenz stark steigend.

Worauf kommt es bei Naturkosmetik wirklich an

+ Keine synthetischen Duft- oder Farbstoffe
+ Keine Inhaltsstoffe aus Erdölchemie
+ Keine Silikonöle und Derivate
+ Keine Bestrahlung von Endprodukten oder pflanzlichen Inhaltsstoffen
+ Keine durch Tierversuche getesteten Produkte

Kriterien für das SiegelDie Natrue-Zertifizierung konzentriert sich auf die Inhaltsstoffe der Kosmetik. Sie werden in drei Gruppen unterteilt: Natürliche Inhaltsstoffe sind unverändert und können nur durch physikalische Verfahren oder Fermentierung gewonnen werden. Naturnahe Inhaltsstoffe sind das Ergebnis zugelassener chemischer Reaktionsverfahren aus ausschließlich natürlichen Inhaltsstoffen (Erdöl ist als Rohstoff ausgeschlossen). Naturidentische Inhaltsstoffe können entweder Pigmente, Mineralien oder Konservierungsstoffe sein. Sie werden zwar im Labor reproduziert, kommen aber auch in der Natur vor. Diese Zutaten sind nur erlaubt, wenn sie angesichts der Verbrauchersicherheit (Konservierungsmittel) unabdingbar sind oder um die Reinheit der Inhaltsstoffe zu bewahren (Mineralien/Pigmente).

Künstliche Inhaltsstoffe sind nicht zugelassen. Zudem stellen die Kriterien des NATRUE-Labels Anforderungen an Verpackungen und Einwegmaterialien, wobei stets auf umweltschonende Praktiken geachtet werden soll. Unternehmen können nicht nur aus Marketingzwecken ein oder zwei Produkte zertifizieren lassen, sondern mindestens 75 Prozent der gesamten Produktreihe müssen die Kriterien des Siegels erfüllen. Es gibt drei verschiedene Zertifizierungsstufen: Naturkosmetik entspricht der Grundlage des Labels. Hier ist definiert, welche Inhaltsstoffe erlaubt sind und wie diese verarbeitet werden dürfen. Je nach Produktgruppe gibt es Untergrenzen für natürliche und Obergrenzen für naturnahe Inhaltsstoffe.

Naturkosmetik mit Bio-Anteil muss den Kriterien der Naturkosmetik entsprechen und mindestens 70 Prozent der natürlichen oder naturnahen Inhaltsstoffe müssen aus kontrolliert biologischem Anbau und/oder aus kontrollierter Wildsammlung stammen. Biokosmetik muss die Kriterien der beiden anderen Stufen erfüllen und mindestens 95 Prozent der natürlichen, beziehungsweise naturnahen Inhaltsstoffe müssen aus kontrolliert biologischem Anbau und/oder kontrollierter Wildsammlung stammen. Weitere Siegel, die ähnliche Standards verlangen, sind BDIH – kontrollierte Naturkosmetik und ECOCERT®.

Vegane Kosmetik?In Deutschland sind über 1,3 Millionen Menschen Veganer und nochmal 8 Millionen Vegetarier. Für diese Gruppe steht das Tierwohl deutlich im Vordergrund. Sie suchen nach Produkten, die entweder komplett vegan sind oder bei welchen das Tierwohl im Vordergrund steht. Das Vegan-Label der Vegan Society verbietet generell die Verwendung von Inhaltsstoffen, die von lebenden oder toten Tieren stammen – egal ob es sich um Wirbeltiere handelt oder nicht. Für Inhaltsstoffe von Kosmetikprodukten aller Art sind Tierversuche seit 2009 in der EU ohnehin nicht mehr erlaubt.

Seit 2013 ist auch die Vermarktung kosmetischer Produkte in der EU verboten, wenn das fertige Produkt oder die Inhaltsstoffe im Tierversuch getestet wurden. Das gilt auch für Produkte und deren Inhaltsstoffe, wenn die Versuche außerhalb der EU vorgenommen wurden. Fazit: Um die Bedürfnisse des Kunden hundertprozentig zu befriedigen, ist es wichtig, im Kundengespräch genau die Wünsche und Ziele des Kunden herauszufiltern. Nur dann kann im Wirrwarr der Siegel genau das richtige Produkt ausgesucht werden. Wünscht sich der Kunde wirklich Bio- oder Naturkosmetik ist ein Produkt mit zertifiziertem Siegel die richtige Wahl!

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe von DIE PTA IN DER APOTHEKE „Kosmetik – Inhaltsstoffe in Kosmetika“ ab Seite 22.

Sandra Holzhäuser, PTA und Kosmetikerin

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