Reiseapotheke
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Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. In Umfragen wurde ermittelt, dass die Deutschen eine hohe finanzielle Ausgabenbereitschaft für ihre Urlaube haben. Nur für ihre Wohnung und gutes Essen wird mehr Geld ausgegeben. Laut dem Institut Allensbach geben bildungsaffine Menschen für ihre Reisen besonders gerne Geld aus. Dabei reisen nicht nur jüngere Leute, auch die 50- bis 69-Jährigen sind unternehmungslustig. Erst bei den über 70-Jährigen nimmt die Reiseaktivität, meist aus gesundheitlichen Gründen, ab. Am liebsten verbringen die Deutschen ihre Urlaube in heimischen Regionen.
Besonders beliebt sind Badeurlaube an Ost- und Nordsee, sowie Wanderurlaube in Bayern. Außerhalb von Deutschland wird gern nach Südeuropa, weniger in exotische Ferienländer gereist. Um ungetrübt die Reise genießen zu können, sollten sich Urlauber auf das jeweilige Reiseziel vorbereiten. Zentrale Fragen sind:
- Gibt es im Reiseland oder am Reiseort gesundheitliche Risiken?
- Hat der Urlauber Vorerkrankungen, für die er Medikamente mitnehmen muss?
- Sind besondere Impfungen notwendig?
- Gibt es bei der Reiseart (Flugreise, Busreise, Wanderung, Schiffsreise) etwas zu beachten?
Risiko Badeurlaub: Brennende Probleme Zahlreiche deutsche Urlauber reisen im Sommer an die See. Badeurlaub an deutschen Stränden ist sehr gefahrlos. Am Urlaubsort sind alle potenziell nötigen Medikamente leicht zu bekommen, das deutsche Gesundheitssystem ist bekannt und gut. Ein zentrales Beratungsthema für diese Reisenden ist der richtige UV-Sonnenschutz. Da die Sonneneinstrahlung am Meer durch die Reflexion der Strahlung deutlich intensiver ist als im Inland, besteht im Sommer eine große Gefahr für Sonnenbrand und Sonnenallergie. So sollten Menschen mit empfindlicher Haut die Mittagssonne meiden und Sonnenschutzmittel mit einem hohen UV-A und UV-B-Schutz verwenden. Auch wenn die UV-B-Strahlung für den Sonnenbrand verantwortlich ist, sorgen UV-A-Strahlen für eine vorzeitige Hautalterung, Schäden in den tiefen Hautschichten und einem Anstieg des Hautkrebsrisikos.
Achtung Sonnenstich
Wer zu lange in der Sonne war, dem droht ein Sonnenstich. Dabei klagen die Betroffenen über Kopfschmerzen, Unruhe, Nackenschmerzen und Übelkeit. Erste-Hilfe-Maßnahme ist es, mit kalten Kompressen und Umschlägen zu kühlen. Außerdem sollte genug Wasser oder leicht gesüßter Tee getrunken werden. Sollte der Patient Bewusstseinseintrübungen zeigen, ist der Arzt gefragt. Gegen die Kopfschmerzen können Ibuprofen, Paracetamol und Acetylsalicylsäure, gegen Übelkeit und Erbrechen Antihistaminika eingenommen werden.
Gegen die Sonne Säuglinge und Kleinkinder sollten sich möglichst wenig bis gar nicht in der direkten Sonne aufhalten und UV-schützende Kleidung tragen. Welches Sonnenmittel bei älteren Kindern und Erwachsenen empfohlen wird, hängt vom Hauttyp, der Strahlungsintensität und der -dauer ab. Der Lichtschutzfaktor (LSF) gibt an, wie gut ein Sonnenschutzmittel vor UV-Strahlung schützt. Menschen mit empfindlicher Haut sollten mindestens einen Schutz von 25 und höher anwenden. Dass auch ein ausgewogener UV-A-Schutz gegeben ist, ist mit dem Logo UVA in einem Kreis deklariert. Wer Schwimmen geht, sollte vorsorglich wasserfeste Produkte verwenden.
Auch diese sollten nach jedem Bad erneuert werden, weil sich die Schutzwirkung durch die Reibung beim Abtrocknen reduziert. Menschen mit einer Neigung zu Allergien können emulgatorfreie Sprays oder Gele benutzen, die der Mallorca-Akne vorbeugen. Nach dem Sonnenbad ist eine gute After-Sun-Pflege empfehlenswert, denn die Haut hat durch die Hitze viel Feuchtigkeit verloren, Salz und Chlorwasser trocknen sie ebenfalls aus. Ohne eine gute Pflege zur Regeneration wird die Haut trocken und schuppig, die Bräune ist dann schnell wieder weg. Die übliche Bodylotion ist möglicherweise nicht reichhaltig genug.
Spezielle After-Sun-Produkte enthalten extra keine Konservierungsmittel, dafür aber Dexpanthenol sowie kühlende und beruhigende Inhaltstoffe. Am Meer sollte auch der Schutz der Augen vor den aggressiven UV-Strahlen mit einer Sonnenbrille nicht vergessen werden, sonst drohen Schäden an Netzhaut und Hornhaut. Falls ebenfalls ein Mückenschutz gewünscht ist, können Kombinationsmittel aus Sonnencreme und Repellent verwendet werden. Werden Monoprärate angewendet, sollte immer erst der Sonnenschutz- und dann der Mückenschutz aufgetragen werden, damit beides wirkt.
Achtung Quallen Eine mögliche Gefahr im Meereswasser ist die an Ost- und Nordsee beheimatete Feuerqualle. Bei warmen Wassertemperaturen im Sommer vermehrt sie sich in Ufernähe. Wenn Schwimmer ihre fadenförmigen Tentakel berühren, brechen diese ab und entleeren ein Gemisch höhermolekularer Proteintoxine. Sie lösen eine massive allergische Reaktion aus. Diese geht einher mit einem sofort einsetzenden brennenden Schmerz, Anschwellen der betroffenen Hautregion und Ausbildung eines starken Juckreizes. Normalerweise klingen die Beschwerden nach zwei bis drei Tagen wieder ab. Bei wiederholtem Kontakt kann in seltenen Fällen Kreislaufversagen und sogar ein anaphylaktischer Schock drohen. Doch was ist nach Kontakt zu tun?
Zunächst sollte der Betroffene das Wasser verlassen und mit Handschuhen, oder einer Pinzette die Fäden auf der Haut entfernen. Auf keinen Fall sollte dies mit Alkohol oder Süßwasser gemacht werden, da sonst die restlichen Nesseln aufplatzen und ihr Gift abgeben würden. Eine einfache Empfehlung ist, die betroffene Stelle zu befeuchten und mit Sand zu bestreuen. Anschließend wird der getrocknete Sand mit einem stumpfen Gegenstand abgetragen und die Tentakel bleiben darin hängen. Die Quallenfäden sollten in keinem Fall mit bloßen Händen oder mit einem Handtuch abgerubbelt werden.
Wenn die Hautstelle gereinigt ist, sollte sie anschließend mit Gelkompressen gut gekühlt werden. Bei großflächigen Verbrennungen ist es sinnvoll, die Wunde gegen die Infektionsgefahr mit einer sterilen Kompresse abzudecken. Antihistaminika- oder hydrocortisonhaltige Cremes und Gele können den Juckreiz reduzieren. Je nach Größe der betroffenen Hautstelle und dem Allgemeinzustand des Patienten sollte auch ein Arztbesuch erwogen werden.
In deutschen Badeseen kann man laut einem EU-Bericht bedenkenlos schwimmen. Die Wasserqualität ist in den meisten Fällen sehr gut. Unter den EU-Ländern liegt Deutschland mit seiner Wasserqualität auf einem der vorderen Plätze.
Infektion im Badesee Wer nicht ans Meer fährt, aber im Sommer das kühle Nass sucht, weicht gerne auf Freibäder und Seen aus. Die stehenden Naturbäder können bei hohen Außentemperaturen unterschiedlich stark verschmutzt und verkeimt sein. So gelangen Krankheitserreger durch Regenschauer und Zuläufe aus landwirtschaftlich genutzten Flächen ins Badewasser. Deshalb wird die Wasserqualität von Badeseen kontrolliert und muss einer EU-Badegewässer-Richtlinie genügen. Escherichia coli und intestinale Enterokokken sind die beiden Indikatorkeime für die fäkalen Verunreinigungen, die vom Menschen, aber auch von Tieren kommen können.
Wasservögel sind Träger einer Larvenform der Pärchenegel der Gattung Trichobilharzia. Die Zerkarien bohren sich zum Beispiel durch die Haut von Enten und entwickeln sich im Darm ihres Wirtes zu adulten Würmern. Ihre Wurmeier werden über den Kot der Tiere ins Wasser abgegeben und dann von Süßwasserschnecken als Zwischenwirt aufgenommen. Als Zerkarien suchen sie sich dann einen neuen Wirt. Ein Mensch ist für diese Zerkarien ein Fehlwirt, in dem sie kein adultes Stadium erreichen, sondern absterben. Allerdings können diese Larven eine Badedermatitis mit leichtem – bei erstem Kontakt – und starkem Juckreiz und Quaddeln nach wiederholtem Kontakt hervorrufen.
Auch hier sind Antihistaminika und lokal wirkende Steroide die Therapie der Wahl. Die in den tropischen Gewässern vorkommenden Erreger der Bilharziose sind nicht so harmlos. Die Bilharziose kommt in über 70 überwiegend tropischen Ländern vor. In Afrika, Südostasien und einigen südamerikanischen Ländern kommt diese Wurmerkrankung vor. Bei diesen Vertretern bleibt es nicht beim entzündlichen Hautjucken. Chronische Verläufe mit einem Darmbefall, Leberzirrhose und Organversagen sind möglich. In den Regionen, wo Bilharziosegefahr besteht, sollte nicht in Süßwassergewässern gebadet werden. Wenn die Infektion erkannt ist, wird mit Praziquantel in der Regel erfolgreich behandelt.
Gefahr in Wald und Wiesen Naturliebhaber müssen sich im Sommer gegen Bienen, Wespen und Mücken schützen. Ihr Stich kann leichte bis schwere Folgen haben. So ruft das Speichelsekret der Blutsauger an der Einstichstelle eine allergische Reaktion hervor. Auf der Haut bildet sich eine gerötete, juckende Quaddel. Wenn Bienen stechen, bleibt meistens der Stachel zusammen mit dem Giftapparat in der Haut zurück. Ist dies zu sehen, sollte der Stachel mit einer Pinzette entfernt werden. Anschließend sollte die Einstichstelle desinfiziert werden, um bakteriellen Infektionen vorzubeugen. Zur Behandlung unkomplizierter Insektenstiche gehört ein topisches Corticoid oder ein Antihistaminikum in Creme- oder Gelgrundlage in die Reiseapotheke.
Damit werden Juckreiz und Schwellung erfolgreich behandelt. Reine Kühlungseffekte bewirken spezielle Medizinprodukte – Roll-on-Gele oder Kühl-Gele. Menschen mit einer Bienenstichallergie, die schon einmal einen anaphylaktischen Schock erlebt haben, sollten bei Aufenthalt im Freien immer ihren Adrenalin-Autoinjektor mit sich führen. Zum Schutz vor den Blutsaugern ist die Verwendung von Repellenzien zu empfehlen. Sie bilden nach dem Auftragen durch Verdampfen einen wenige Millimeter dicken Schutz, der den Geruchssinn der Insekten stört und diese abhält. Die Anwendung wird möglichst alle vier bis acht Stunden wiederholt. Die Produkte sollten abhängig von Aufenthaltsort, Wirkstoffkonzentration und Alter der Personen ausgewählt werden.
Einige chemische Repellenzien wie DEET und Icaridin sind für Kinder unter zwei Jahren nicht zugelassen. Pflanzliche Repellenzien enthalten ätherische Ölkomponenten oder werden auf Basis von Kokosnussöl hergestellt. Sie haben eine kürzere Wirkdauer und ein geringeres toxisches Risiko, aber dafür ein höheres Allergisierungspotenzial. Reisende in ferne Länder sollten mit weiteren Abwehrmethoden arbeiten: So halten helle Kleidung, die möglichst viel Haut bedeckt, und Moskitonetze die Insekten erfolgreich ab. Außerdem sollten Urlauber den Aufenthalt an Seen oder Feuchtgebieten in der Dämmerung meiden, da hier Stechmücken besonders aktiv sind.
Wer gerne in der freien Natur wandert, sollte nicht nur an Mücken, sondern auch Zecken denken. Die üblichen Repellenzien bieten auch einen Schutz gegen diese Blutsauger. Sie halten sich überwiegend im hohen Gras oder Unterholz auf und warten dort auf ihren Wirt. Der Stich wird meistens nicht bemerkt. Gefährlich sind die Erkrankungen Borreliose und Früh- sommer-Meningoenzephalitis (FSME), die Zecken übertragen. Das Robert Koch-Institut gibt jedes Jahr die aktuellen Verbreitungsregionen der FSME-Infektionen heraus. Die Hauptverbreitungsgebiete sind in Deutschland die südlichen Bundesländer Bayern und Baden- Württemberg, in Europa sind besonders die östlichen Länder betroffen. Nach dem Stich einer mit FSME infizierten Zecke erkrankt etwa ein Drittel der Gestochenen daran.
Die Krankheit verläuft üblicherweise in zwei Phasen. Zunächst treten leicht grippeähnliche Symptome auf, nach Besserung zeigen sich bei 50 Prozent der Patienten die typischen neurologischen Schmerzen einer Menin- gitis mit starken Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und hohem Fieber. Wer in FSME-Endemiegebiete reist, sollte sich impfen lassen. Laut RKI sind etwa 30 Prozent aller Zecken mit Borrelien infiziert. Eine Infektion äußert sich in Form von Gelenkschmerzen und neuropathischen Schmerzen. Typisch ist ein ringförmiges Erythem an der Einstichregion, das auch Wanderröte genannt wird. Mit Doxycyclin oder Amoxicillin lässt sich die Infektion gut behandeln.
Entfernung von Zecken
+ Nach jedem Aufenthalt draußen den Körper auf Zecken absuchen.
+ Zecken mit Zeckenzange, -karte oder -lasso entfernen.
+ Zecke am Kopf fassen, nicht am Körper, mit gleichmäßigem Zug herausziehen.
+ Zecke nicht quetschen, mit Öl oder Flüssigkleber ersticken.
+ Nach Entfernen, Einstichstelle mit Ethanol oder Hautdesinfizienz desinfizieren.
Risiko TrinkwasserIn fernen Ländern ist das Wasser aus der Leitung aus hygienischen Gründen meistens nicht zum Trinken geeignet. Keime im Trinkwasser sind die Hauptursache für Durchfälle im Urlaub. Die häufigsten Erreger der Reisediarrhoe sind die enterotoxischen Vertreter von Escherichia coli gefolgt von Shigellen und Salmonellen. Aber auch Rotaviren oder Noroviren sind im Wasser zu finden. Die beste Prophylaxe ist laut der WHO immer noch die Regel „Peel it, boil it, cook it – or forget it!“ (Schäl es, koch es, brat es oder vergiss es). Reisende sollten also kein Leitungswasser trinken und auf rohe, ungeschälte Lebensmittel verzichten.
Auch die Zähne werden besser mit abgefülltem Wasser geputzt. Die Aufbereitung von Trinkwasser kann mit speziellen Wasserfiltern und chemischen oder physikalischen Präparaten zur Wasserdesinfektion durchgeführt werden. Wer sich dennoch einen Darminfekt eingefangen hat, sollte auf eine gut bestückte Reiseapotheke zurückgreifen können. Ob Säugling oder Erwachsener – um bei akutem Durchfall eine Dehydration sowie einen Elektrolytmangel zu vermeiden, ist ein möglichst rascher Flüssigkeitsausgleich geboten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt hierzu die Gabe einer speziellen Elektrolyt-Mischung, die Salze wie Kochsalz, Natriumcitrat sowie Kaliumchlorid und zusätzlich Glucose in einem definierten Verhältnis enthält.
Ist die Zusammensetzung der Elektrolytlösung nicht ausgewogen, kann es im Körper zu Dysbalancen kommen. Daher gehört ein portioniertes Fertigprodukt in die Reiseapotheke, das dann einfach in der angegebenen Menge abgekochtem Wasser gelöst wird. Neben einer Elektrolytlösung sollte zur Behandlung der akuten Durchfallproblematik ein loperamidhaltiges Präparat mit in den Koffer. Loperamid bindet an periphere Opioidrezeptoren und hemmt so die Darmbewegung sowie den Wassertransport in das Darminnere hinein. Sind kleine Kinder mit im Urlaub, ist ein Pulver mit Saccharomyces boulardii eine gute Empfehlung, denn Loperamid ist für Kinder unter zwei Jahren kontraindiziert.
Der eine oder andere Fernreisende schwört auf eine Prophylaxe mit Saccharomyces. Die vermehrungsfähigen Hefen besiedeln die Darmflora und sollen pathogene Mikroorganismen verdrängen. Die Magen-Darm-Motilität wird nicht beeinflusst. Der Hersteller empfiehlt Dosierungen von ein- bis zweimal täglich 250 Milligramm beginnend fünf Tage vor Reisebeginn. Dieselbe Dosierung wird gegen akute Durchfälle eingenommen. Alternativ kann auch Racecadotril eingesetzt werden. Es hemmt die Darmmotilität nicht, der Erreger kann ausgeschieden werden. PTA und Apotheker sollten die Urlauber informieren, dass sie zum Arzt gehen müssen, wenn die Durchfälle blutig sind, Fieber dazukommt und die Beschwerden länger als drei Tage andauern. Säuglinge, Kleinkinder und alte Menschen sollten dem Arzt direkt vorgestellt werden, da bei ihnen eine höhere Gefahr der Dehydrierung besteht.
Einen Tetanusschutz sollte wirklich jeder haben. Erwachsene werden alle zehn Jahre, meist im Kombination mit Diphtherie, geimpft.
Impfschutz vollständig? Eine Fernreise ist ein guter Aufhänger den Impfpass einmal zu kontrollieren. Alle Reisende sollten den normalen Standard-Impfschutz auffrischen, zum Beispiel Tetanus, Diphtherie, Polio und Pertussis. Für Masern gilt, dass jeder nachweislich die Krankheit durchgemacht haben oder dagegen geimpft sein sollte. Die Standardimpfungen und der Rhythmus zur Auffrischung lassen sich auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts (www.rki.de) abrufen. Spezielle Empfehlungen zu Reiseimpfungen sind abhängig vom Reiseziel, der Art der Reise und dem persönlichen Risiko.
In vielen Ländern Afrikas, Lateinamerikas oder Asiens sollte der Urlauber generell gegen Hepatitis A, Polio und Typhus geimpft sein. Ein Tierarzt, der in solchen Ländern arbeitet, hat ein erhöhtes Risiko mit Tollwut-infizierten Tieren in Kontakt zu kommen und sollte deshalb einen ausreichenden Schutz haben, zumal die Tollwut-Erkrankung zu 100 Prozent tödlich verläuft. In einigen Ländern besteht die Impfpflicht gegen Gelbfieber. Für Reisen in ländliche Regionen Süd- und Südost-Asiens wird die Impfung gegen die japanische Enzephalitis, eine lebens- bedrohliche Erkrankung, die von Mücken übertragen wird, angeraten.
Sind die Hygienebedingungen des Wassers problematisch, kann zum Beispiel für Rucksacktouristen eine Cholera-Schluckimpfung sinnvoll sein. Wer eine Fernreise plant, sollte mit seinem Arzt mindestens acht Wochen vorher über notwendige Impfungen sprechen. Einige Impfungen müssen mit einem definierten Zeitabstand zwischen den Impfungen wiederholt werden. Außerdem dauert es einige Tage bis wenige Wochen, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Dennoch sollte im Zweifelsfall eher kurzfristig geimpft werden, als komplett davon abzusehen. Wer Informationen für spezielle Fernreisen benötigt, sollte sich an die tropenmedizinischen Institute wenden. Standardimpfungen werden generell von der Krankenkasse erstattet. Auslandsreiseimpfungen sind freiwillige Satzungsleistungen, die vorsorglich vorab bei der Krankenkasse erfragt werden sollten. Auskunft dazu gibt auch die Internetseite des Centrums für Reisemedizin GmbH (www.crm.de).
Einfuhrverbot für Arzneimittel
Falls ein wichtiges Arzneimittel nicht eingeführt werden darf, sollte der Reisende über die deutsche Botschaft im Reiseland in Erfahrung bringen, wie die rechtlichen Bedingungen der Verordnung dieses Medikaments oder eines Alternativ-Präparates durch einen Arzt im Zielland sind. Dabei muss auch erfragt werden, ob dieses Mittel bei der Rückreise nach Deutschland eingeführt werden darf. Wurde zum Beispiel ein Schmerzmittel im Ausland verordnet, darf die Menge nur dem zulässigen persönlichen Bedarf entsprechen. Werden größere Mengen eingeführt, kann das strafrechtliche Konsequenzen haben. Nützliche Links zum grenzüberschreitenden Verkehr von Arzneimitteln sind:
www.eu-info.de
www.bfarm.de
www.auswaertiges-amt.de
Mitnahme von Dauermedikamenten Menschen mit Vorerkrankungen, die auf ihre Medikamente angewiesen sind, sollten sich bei Reisen außerhalb der Europäischen Union über die Einfuhrbestimmungen beim Auswärtigen Amt oder Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (www.bfarm.de) informieren. Innerhalb der EU dürfen Arzneimittel für den eigenen Bedarf ohne Einschränkungen mitgeführt werden. Das gilt auch für Medikamente, die im Reiseland nicht – aber im Herkunftsland – zugelassen sind, wenn sie für den privaten Gebrauch bestimmt sind. Innerhalb Europas werden auch ärztliche Verordnungen untereinander anerkannt.
Substanzen, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen und nach geltender Verschreibungsverordnung durch einen Arzt verschrieben wurden, können vom Reisenden in einer der Dauer der Reise angemessenen Menge als privater Bedarf in ein Land des sogenannten Schengen-Gebietes eingeführt werden. Das umfasst die meisten europäischen und weitere außereuropäische Länder, zum Beispiel die Schweiz oder Island die dem Schengen-Abkommen zur Regelung des Grenzverkehrs beigetreten sind.
Bei Aufenthalten bis zu 30 Tagen in einem der Länder des Schengen-Gebietes wird empfohlen, eine vom Arzt erstellte und von der obersten Landesgesundheitsbehörde beglaubigte Bescheinigung mit sich zu führen. Auf der Internetseite des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) kann ein Formular dazu heruntergeladen werden. Bei Reisen außerhalb des Schengen-Raumes oder wenn die Reise länger als 30 Tage dauert, sollten sich Urlauber direkt bei den Botschaften Informationen zu den geltenden Bestimmungen einholen. Einige Länder verlangen Importbescheinigungen, andere limitieren die Tagesdosen oder verbieten die Mitnahme von Betäubungsmitteln.
Erste Hilfe beim Aktivurlaub
Um für Verletzungen beim Wandern oder Sport gerüstet zu sein, sollte ein kleines Erste-Hilfe-Set für den Rucksack mitgenommen werden. Zur einfachen Ausstattung gehören Verbandstoffe, Kompressen, Fixierbinde, Pflaster, Blasenpflaster, Fingerverband, eine Rettungsdecke, Schmerztabletten, eine Pinzette und Desinfektionsmittel.
In der Apotheke sollten PTA und Apotheker dem Reisenden den Tipp geben, sich ein in englischer Sprache verfasstes Attest ausstellen zu lassen, in dem die Vorerkrankungen und Dauermedikamente in Tagesdosis und Wirkstoffgehalt dokumentiert sind. Dazu eignet sich ergänzend auch der bundeseinheitliche Medikationsplan. Weiterhin sollten Diabetiker zum Beispiel auf die Lagerung der Insuline in einer isolierten Kühlbox hingewiesen werden, wenn im Reiseland hohe Temperaturen herrschen. Werden mehrere Zeitzonen überschritten, verschieben sich die Einnahmezeitpunkte der Medikamente. Hier lohnt es sich zusammen mit dem Patienten Lösungen zu finden, die die Therapie sicherstellen.
Frauen, die die Pille nehmen, sollten ausrechnen, zu welcher Zeit im Reiseland die übliche Einnahme stattfinden würde. Wenn dann die Gefahr besteht, die Einnahme zu vergessen, kann ein Reminder eine Möglichkeit sein, sich an die ungewohnte Uhrzeit zu erinnern. Blutdruckmedikamente oder Cholesterinsenker lassen sich allerdings relativ leicht auf die reguläre Zeit im Reiseland verschieben. Die Therapie wird nicht beeinträchtigt. Um den Verhütungsschutz bei der Pille zu gewährleisten, kann eine „Zwischenpille“ eingenommen werden. Die Verschiebung der Pilleneinnahme um wenige Stunden ist bei den Kombinationspillen in der Regel möglich.
Bei Zeitdifferenzen von mehr als neun Stunden sollte eine zusätzliche Pille nach zwölf Stunden eingenommen werden. Dann können die weiteren Pillen am Urlaubsort zur gewohnten Zeit genommen werden. Da die Minipille sehr zeitgenau alle 24 Stunden geschluckt werden muss, sollte hier – wenn eine Anpassung gewünscht ist – schon bei einer Zeitdifferenz von drei Stunden eine Zwischenpille nach zwölf Stunden ergänzt werden. Bei Schilddrüsenpräparaten macht die Zeitverschiebung keine Probleme. Hormonschwankungen treten erst auf, wenn der Abstand zwischen den Tabletten länger als 36 oder kürzer als zwölf Stunden ist.
Was gehört in die Reiseapotheke?
1. Grippe- und Erkältungsmittel | abschwellendes Nasenspray, Halstabletten, Hustenlöser, Hustenblocker, NSAR gegen Schmerz, Fieber und Entzündung (z. B. Ibuprofen oder ASS) |
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2. Durchfallmedikamente | Loperamid, Saccharomyces boulardii, Elektrolyte |
3. Reisekrankheit | Antihistaminika als Tabletten oder Kaugummis |
4. Magen- und Darmerkrankungen | Antazida gegen Sodbrennen, Entschäumer oder pflanzliche Carminativa gegen Blähungen und Völlegefühl (Simeticon, pflanzliche Kombinationsmittel) |
5. Sonnenschutz | Lichtschutzpräparate mit ausreichendem LSF, gegen Sonnenbrand und Sonnenallergien kühlende, juckreizstillende Gele (z. B. mit Dimetinden) |
6. Insektenschutz | Repellenzien |
7. Desinfektionsmittel | Sprays zur Wunddesinfektion mit Octenidin, Polyvidon-Jod-Salbe und Handdesinfektionsmittel |
8. Prellungen/Verstauchungen | kühlende abschwellende Heparin-Gele, Diclofenac-Gele, Kühlkompressen (Cold and Hot) |
9. Sonstiges | Fieberthermometer, Einmalspritzen, Pflaster, elastische Binden, Wundschnellverband, Blasenpflaster, verordnete Medikamente, Medikationsplan |
Bus, Auto, Schiff, Flugzeug? Lange Reisen, die im Sitzen bewältigt werden, können bei Patienten mit einem Thrombose-Risiko zu Problemen führen. Ein Zusammenhang zwischen der Entstehung von Venenthrombosen und Langstreckenflugreisen wird jedoch kontrovers diskutiert. PTA sollten Risikopatienten darauf hinweisen, auf Auto- oder Busreisen regelmäßig Pausen einzulegen, in denen sie ein paar Schritte gehen und die Muskeln bewegen. Insbesondere auf Flugreisen ist die ausreichende Flüssigkeitszufuhr zur Vorbeugung wichtig. Wer ein bekanntes Venenproblem hat, sollte Kompressionsstrümpfe auf der Reise tragen.
Häufige Beeinträchtigung auf einer Urlaubsfahrt sind Störungen des Gleichgewichtssinnes. Kinetosen sind besonders bei Kindern auf Auto- oder Busfahrten bekannt. Aber auch Erwachsene leiden unter Reisekrankheit. Diese ist im medizinischen Sinne keine eigene Krankheit, sondern ein Symptomenkomplex, der durch Störungen des Gleichgewichtssinns zum Beispiel bei einer stürmischen Schiffsfahrt oder einer Busfahrt über eine serpentinenartige Passstraße hervorgerufen wird. Der Begriff „Kinetose“ bezieht sich auf den Bewegungsreiz, der für die Symptome verantwortlich ist. Sie entstehen aus einer Verarbeitung widersprüchlicher Bewegungsreize.
Die Augen, der Gleichgewichtssinn im Innenohr und die Lagerezeptoren an Gelenken und Muskeln nehmen unterschiedliche Informationen auf. Befindet sich eine Person beispielsweise auf einem schwankenden Schiff, spüren die Muskeln das Schaukeln sehr genau, während die Augen eine ruhige Umgebung sehen. So geraten Gleichgewichtssinn und Sehsinn in Konflikt. Das Gehirn reagiert darauf mit einer Ausschüttung von Serotonin und Histamin, die das Brechzentrum – die Area postrema – stimulieren. Die Beschwerden beginnen üblicherweise mit einem flauen Gefühl, Gesichtsblässe und Kopfschmerzen. Symptome wie Schwindel, Schwitzen und Übelkeit bis zum Erbrechen folgen.
Die Reisekrankheit kann bei jedem auftreten, doch eine gewisse Veranlagung scheint sie zu begünstigen. Säuglinge sind nicht so sehr betroffen, denn ihr Gleichgewichtssinn ist noch nicht ausgereift. Ab einem Alter von zwei Jahren erleben Eltern oft bei Kindern, dass sie bei Autofahrten über Übelkeit klagen. Jugendliche und Erwachsene entwickeln eine gewisse Unempfindlichkeit gegen das Schaukeln und werden nur selten von Reiseübelkeit getroffen. Mit den richtigen Verhaltenstipps können Reisende vorbeugen. Vor der Reise sollte keine große Mahlzeit gegessen werden, Alkohol, fettige und süße Nahrungsmittel können die Beschwerden verstärken.
Wer mit dem Auto fährt, sollte nicht während der Fahrt lesen und möglichst auf dem Vordersitz sitzen und aus dem Fenster schauen. Ingwertee oder -Kapseln gelten als leichte pflanzliche Mittel gegen Übelkeit – schon Seeleute wendeten den Wurzelstock an. Wenn nichtmedikamentöse Maßnahmen nicht helfen, kann mit Antihistaminika zuverlässig vorbeugt oder behandelt werden. Dimenhydrinat und Diphenhydramin blockieren die Histaminrezeptoren im Brechzentrum. Es stehen Zäpfchen, Tabletten oder Kaugummis zur Verfügung. Dosierungen der Wirkstoffe für Kinder und Erwachsene unterscheiden sich. Bei Kindern müssen Überdosierungen vermieden werden.
Die genannten Substanzen gehören zu den Antihistaminika der ersten Generation, sind zentral wirksam und haben sedierende Begleiteffekte. Dies müssen PTA und Apotheker den Patienten mitteilen, denn häufig wird dadurch die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt. Autofahrer sollten diese Präparate deshalb selber nicht einnehmen. Die Präparate sollten mindestens eine halbe Stunde vor Reiseantritt angewendet werden. Reisekaugummis setzen den Wirkstoff bereits im Mundraum frei. Die Resorption geschieht über die Mundschleimhaut und der Wirkungseintritt ist etwas schneller zu erwarten. Außerdem genügen hier aufgrund der besseren Resorption Dosierungen von 20 Milligramm pro Kaugummi, die auch schon von Kindern ab sechs Jahren gekaut werden dürfen.
Wer ein stärkeres Arzneimittel benötigt, kann sich vom Arzt Reisepflaster mit Scopolamin verordnen lassen. Das verschreibungspflichtige Pflaster hat eine Indikation gegen Schwindel, Übelkeit und Erbrechen bei Reise- oder Seekrankheit. Das Anticholinergikum hemmt die Reizübertragung vom Gleichgewichtsorgan an das zentrale Nervensystem. Den Patienten sollten PTA und Apotheker mitteilen, dass das Pflaster etwa fünf bis sechs Stunden vor Reiseantritt an eine unverletzte, unbehaarte Stelle hinter dem Ohr aufgeklebt wird. Der Applikationsort ermöglicht eine erheblich bessere Resorptionsrate im Vergleich zum Unterarm. Bei Menschen mit Engwinkelglaukom ist Scopolamin kontraindiziert.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 34.
Dr. Katja Renner, Apothekerin