Interview
„ICH BIN FROH, DIESEN SCHRITT GEWAGT ZU HABEN“
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Die Berufsbezeichnung „Informationsbeauftragte“ ist schwer zu erfassen. Was versteht man darunter und um welche Informationen geht es?
Informationsbeauftragte sind in pharmazeutischen Unternehmen für die wissenschaftliche Information über Arzneimittel verantwortlich. Das bedeutet konkret: Sie überwachen die Übereinstimmung der Kennzeichnung, der Packungsbeilage und der Fachinformation mit den Zulassungsunterlagen. Im Rahmen der Freigabe der Herstellvorschriften wird die korrekte Umsetzung der Arzneimittelkennzeichnung sowie wichtiger Textänderungen für die Patientensicherheit geprüft. Gemeinsam mit zwei weiteren PTA und einer Apothekerin habe ich meinen Arbeitsplatz im Büro der Herstellungsleitung. Viele Dinge entscheide und erledige ich eigenverantwortlich, für andere tauschen wir uns im Team aus. Diese Mischung mag ich sehr. Vor allem, weil unser Team sehr harmonisch zusammenarbeitet und wir uns super ergänzen.
Wie sieht Ihr Tagesablauf konkret aus?
Neben der Freigabe der Herstellvorschriften, welche den Produktionsmitarbeitern als Anweisung zum Fertigen der Arzneimittelpackungen dienen, zählt das Anlegen von Umarbeitungsaufträgen zu meinen Tätigkeiten. Hierbei werden Produktionsaufträge – sogenannte Umarbeitungsaufträge – mit bereits produzierter Fertigware angelegt. Es gibt diverse Gründe für eine Umarbeitung – beispielsweise eine nicht mehr aktuell gekennzeichnete Ware, beschädigte Umverpackung oder Kundenretouren.
Täglich beantworte ich Qualitätsanfragen zu den umgepackten Arzneimitteln. Meist handelt es sich hier um Abweichungen von der Herstell- beziehungsweise Prüfanweisung. Das kann die Qualität unserer Packmittel betreffen, zum Beispiel hinsichtlich Farbabweichung oder Etikettplatzierung. Die Kommunikation mit dem Paul-Ehrlich-Institut im Rahmen der Bearbeitung der Anträge auf Chargenfreigabe für unter anderem Sera oder Impfstoffe ist ein weiteres Aufgabengebiet von mir.
Welche Art Kundenanfragen und Reklamationen sind typisch für Ihr Gebiet?
Pharmazeutische Anfragen zu Präparaten von EurimPharm werden, wenn möglich, sofort beantwortet. Sollte eine ausführlichere Recherche notwendig sein, wird zeitnah zurückgerufen. Zu den häufigsten Fragen zählen zum Beispiel: Sind die Tabletten teilbar? Darf der Impfstoff nach einem Kühlschrankausfall noch verwendet werden? Wird das Arzneimittel mit oder ohne Kanüle geliefert? Zu den Reklamationsgründen zählen Verarbeitungsprobleme – beispielsweise, wenn ein Insulin-Pen oder ein Asthmaspray nicht richtig funktioniert.
Welche Stationen durchläuft ein Import-Arzneimittel? Wie läuft das „Umpacken“ ab?
Bei der Anlieferung werden alle Daten der Arzneimittellieferung überprüft, damit sichergestellt ist, dass der Transport ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Für jede Charge wird von EurimPharm bereits bei der Anlieferung eine Wareneingangs-Chargennummer vergeben. So erfassen wir jede einzelne Packung lückenlos und können sie schnell und eindeutig bis zur Anlieferung zurückverfolgen. Der nächste Schritt ist die Packungsprüfung. Sie erfolgt bei uns nach einem exakt vorgegebenen System. Die Mitarbeiter kontrollieren die Präparate und vergleichen sie mit detaillierten Bildvorlagen – von außen und innen. Viele Details müssen da ganz genau stimmen, zum Beispiel die Bezeichnung, aber natürlich auch die Chargennummern und Angaben zum Verfallsdatum.
Die Mitarbeiter in der Wareneingangskontrolle sind speziell geschult und erkennen selbst kleinste Unregelmäßigkeiten. Das kann zum Beispiel auch nur ein dickeres oder leicht andersfarbiges Papier des Beipackzettels sein. Weiterhin wird das Arzneimittel selbst intensiv geprüft. Hat die Flüssigkeit die richtige Färbung? Stimmen das Volumen beziehungsweise das Gewicht? Ist eine Partikelkontamination erkennbar? Nur wenn alle Prüfkriterien für das Arzneimittel exakt erfüllt sind, gelangt die Ware in das Rohwarenlager. Der darauffolgende Produktionsbereich ist nur über eine Hygieneschleuse zugänglich. Je nach Größe der Charge werden die Arzneimittel dort per Hand oder maschinell mit neuen Etiketten versehen oder umgepackt. Die einzelnen Arbeitsschritte sind genau definiert.
Uns ist es sehr wichtig, dass sowohl die neu verpackten als auch die umetikettierten Arzneimittel sehr hochwertig aussehen. Dann ist die Akzeptanz der Patienten in der Apotheke einfach größer, das weiß ich selbst aus Erfahrung. Während des Kommissionierungsprozesses erhält jedes Produkt dann noch zusätzlich zur Hersteller-Chargennummer die eigene EurimPharm-Umpackchargennummer. Damit können wir den Warenfluss eines jeden Produktes über den gesamten Prozess hinweg fortlaufend zurückverfolgen.
Wie viele Kilometer legt ein Importarzneimittel zurück, bis es bei Ihnen ankommt?
Das ist ganz unterschiedlich, weil EurimPharm Arzneimittel aus verschiedenen EU-Ländern bezieht. Dazu gehören zum Beispiel Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Rumänien, Polen und Ungarn. Der Weg eines Arzneimittels vom Hersteller in die Apotheke kann also schon mal mehrere tausend Kilometer lang sein, aber das ist ja nicht nur bei Importarzneimitteln so. Egal aus welchem Land die Arzneimittel kommen, der Transport wird sehr genau überwacht. Wir arbeiten hierzu mit ausgewählten Spediteuren zusammen und kontrollieren die lückenlose Kühlung zum Beispiel zusätzlich mit eigenem „Thermologger“. Das ist eine Art Blackbox, die während des Transports regelmäßig die Temperatur aufzeichnet. Die Verantwortlichen im Einkauf kennen den Markt zudem sehr genau. Zusätzlich sind sie regelmäßig selbst bei den Lieferanten vor Ort, um sie über die geforderten Kontrollen hinaus zu überprüfen.
Was haben Sie in Ihrer Apothekenzeit über Importarzneimittel gedacht? Wie hat sich Ihre Einstellung geändert?
Mein Horizont hat sich auf jeden Fall erweitert. Mir war zuvor nicht in dem Ausmaß klar, welche Anforderungen an importierte Arzneimittel gestellt werden, welche und wie viele Fachkräfte notwendig sind, um all diese Aufgaben zu bewältigen. Der lange Weg mit seinen zahlreichen Stationen, den ein Importarzneimittel hinter sich hat, bis es schließlich beim Patienten ankommt, ist beeindruckend. Interessiertem pharmazeutischen Personal kann ich nur empfehlen, einmal einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Wir bieten bei Interesse Führungen durch das Unternehmen an.
Warum reizte Sie gerade dieser Job? Vermissen Sie die Apothekenarbeit?
Die neuen Tätigkeitsfelder, welche die Pharmaindustrie bietet, finde ich sehr interessant und abwechslungsreich. Zu Beginn stellten die noch unbekannten Aufgaben eine Herausforderung dar, mit einer strukturierten Einarbeitung waren diese jedoch sehr gut zu meistern. Meinen Arbeitstag kann ich außerdem aufgrund gleitender Arbeitszeiten flexibel gestalten. Des Weiteren fand ich die Position spannend, welche es so vor einigen Jahren noch gar nicht gegeben hat.
Erst mit der AMG-Novelle 2012 wurde es für nichtakademische Mitarbeiter wie PTA möglich, in eine leitende Position aufzusteigen. Diese Herausforderung hat mich gereizt. Als ich bei EurimPharm angefangen habe, absolvierte ich noch im selben Jahr eine Weiterbildung zur stellvertretenden Informationsbeauftragten. Die Tätigkeit in der Apotheke vermisse ich nicht. Ich habe nach wie vor häufig Kontakt zu Apotheken und anderen Kunden. Alles in allem kann ich sagen: Ich würde den PTA-Beruf jederzeit wieder erlernen und meinen Weg genauso gehen.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER SCHULE 2018 auf Seite 16.
Das Interview führte Sabine Breuer
Michaela Schmid
Ihre Ausbildung absolvierte Michaela Schmid von 2009 bis 2011 an der Berufsfachschule für Pharmazeutisch-technische Assistenten in München. Anschließend arbeitete sie in einer großen Apotheke in Traunstein. Auf der Suche nach einer neuen Herausforderung entschied sich die PTA 2016 für einen Wechsel zur EurimPharm Arzneimittel GmbH im bayerischen Saaldorf-Surheim. Seit 2016 hat sie dort die Position der stellvertretenden Informationsbeauftragten inne.