PTA-Fortbildung 03/11
HOMÖOPATHIE & ALTERNATIVE HEILMETHODEN
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Durch eine naturheilkundliche Therapie sollen Prozesse angestoßen und Bedingungen geschaffen werden, durch die die Selbstheilungskräfte des Organismus angeregt werden. Paracelsus bezeichnete dies schon vor etwa 500 Jahren als „Heilung durch den inneren Arzt“. Dabei kommen Methoden zur Anwendung, die die Natur vorgibt: nämlich Sonne, Licht, Luft, Bewegung, Ruhe, Nahrung, Wasser, Kälte, Erde, Atmung, Gedanken, Gefühle und Willensvorgänge. In einem weiter gefassten Verständnis werden auch natürliche Arzneimittel einbezogen.
Eine seriöse Naturheilkunde kennt auch ihre Grenzen. Der Therapeut stößt daran, wenn die Selbstheilungskräfte des Patienten nicht mehr funktionieren. Strenge Kritiker, aber auch bedingungslose Anhänger der Naturheilverfahren neigen dazu, alle Methoden in einen Topf zu werfen. Dies begünstigt Vorurteile und falsche Meinungen. In dieser Fortbildung erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Therapien. Vielleicht regt es Sie an, sich mit der einen oder anderen Behandlungsmethode noch intensiver zu beschäftigen. Bewahren Sie sich dabei einen genauen Blick und eine kritische Haltung, aber seien Sie auch offen für ungewohnte Denkansätze. So können Sie sich Ihre eigene Meinung dazu bilden und Ihre Kunden auch auf diesem Gebiet kompetent beraten.
Naturheilkunde und Schulmedizin Der Gegensatz zwischen diesen beiden Denkansätzen existiert schon, seit es die Medizin gibt. Im Gegensatz zur Naturheilkunde liegt der Schulmedizin ein streng naturwissenschaftliches Ursache-Wirkungs-Denken zugrunde. Es wird stets nach pathogenetischen Erklärungsmodellen für Krankheiten gesucht. Ganzheitliche Aspekte werden meist nicht berücksichtigt.
Naturheilverfahren hatten bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts den gleichen Stellenwert in der Gesellschaft. Die Weltanschauung der großen Naturwissenschaftler, wie Galileo, Newton oder Descartes, setzte sich dann jedoch immer mehr durch und damit auch eine rein naturwissenschaftlich geprägte Medizin. Noch dazu konnte diese Medizin in jener Zeit spektakuläre Erfolge vorweisen, wie die Anästhesie oder die Verhütung von Infektionen durch Desinfektion. Damals wurde für die aufstrebende naturwissenschaftliche Medizin, wie sie an den Universitäten anerkannt war und gelehrt wurde, ganz wertneutral der Begriff Schulmedizin geprägt.
Umfragen zufolge ist das Bedürfnis nach einer naturheilkundlichen Therapie bei den Patienten in der heutigen Zeit sehr groß. Das mag daran liegen, dass gerade bei komplexen, chronischen Erkrankungen wie Rheuma oder Krebs durchschlagende Erfolge der Schulmedizin fehlen. Viele Menschen empfinden zudem die „Apparatemedizin“ als bedrohlich. Wünschenswert wäre eine Medizin, in der beide Anschauungen zum Wohle des Patienten nebeneinander bestehen. Denn die Frage lautet nicht, was ist besser, sondern bei welcher Krankheit und bei welchem Patienten ist zu welchem Zeitpunkt welche Therapie die Richtige.
Akupunktur Diese Therapiemethode stammt aus der traditionellen chinesischen Medizin und ist über 4000 Jahre alt. Sie beruht darauf, dass durch spezifische Reize, nämlich durch das Einstechen von Akupunkturnadeln an definierte Orte der Körperoberfläche, Blockaden innerhalb des Körpers gelöst bzw. einzelne Organsysteme angeregt oder beruhigt werden. Die Beobachtung, dass die Punkte, die einen Effekt auf die Organsysteme haben, auf einer Linie liegen, führte zur Entdeckung der Meridiane.
Nach der Vorstellung der TCM entsprechen die Meridiane Bahnen, durch die Energie fließt. Eine Störung des Flusses führt zu Krankheitssymptomen. Die Korrektur des Energiestromes durch Akupunktur kann lokale Wirkung haben oder weit entfernte Organe beeinflussen. In den letzten zwanzig Jahren ist die Akupunktur immer mehr in das Interesse der klinischen Forschung gerückt. Nachgewiesen wurden vor allem die Wirksamkeit bei chronischen Schmerzen, aber auch immunologisch aktivierende sowie Muskulatur und Blutzirkulation beeinflussende Effekte. Inzwischen ist die Akupunktur eine nicht mehr wegzudenkende Therapie für chronisch schmerzhafte Erkrankungen, insbesondere bei chronischen Kopf-, Knie- und Rückenschmerzen sowie bei verschiedenen funktionellen Störungen.
Anthroposophische Medizin Sie wurde von Rudolf Steiner (1861– 1925) in den Zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts begründet. Das Ziel Steiners war es, Erkenntnisse der geisteswissenschaftlich orientierten Anthroposophie in die naturwissenschaftliche Medizin einfließen zu lassen. Nach der anthroposophischen Vorstellung besteht der Mensch aus vier Wesensgliedern: dem physischen Leib, dem Ätherleib, dem Astralleib und dem Ich.
Der Ätherleib ist der Bildner und Erhalter des physischen Leibs, des stofflichen Körpers. Ohne Ätherleib verfällt der physische Leib, so wie es nach dem Tode geschieht. Der Astralleib entspricht der Seele, also dem Ort der Empfindungen und Gefühle. Das Ich bildet den geistigen Wesenskern. Die anthroposophische Medizin hat sich zur Aufgabe gesetzt, die gestörte Harmonie der Wesensglieder wieder herzustellen. Sie verwendet dazu speziell aufbereitete Heilmittel.
Pflanzen reflektieren nach der anthroposophischen Denkweise den Aufbau des Menschen. Die Wurzeln entsprechen dem Nervensystem, die Blätter dem rhythmischen System (Herz, Atmung) und die Früchte dem Stoffwechsel und den Gliedmaßen. Die verwendeten Heilpflanzen werden zur Aufbereitung mit speziellen Mineralien und Metallen gedüngt, um bestimmte Kräfte anzuregen. Das vegetabilisierte Metall kann dann im Körper an das Organ gelenkt werden, zu dem die Pflanze eine Beziehung hat. Die anthroposophische Medizin besteht jedoch nicht nur aus der leiblichen Medizin, sondern umfasst auch eine seelische und eine geistige Behandlung. Dabei kommen künstlerische Therapien zum Einsatz, wie Musizieren, Malen, aber auch die Heileurythmie, bei der Wörter und Laute in Bewegungen umgesetzt werden.
Aromatherapie Die besondere Wirkung aromatischer Pflanzendüfte war schon im Altertum bekannt. Auch weiß man, dass Gerüche zu den intensivsten Einflussfaktoren auf das Gemüt zählen und dass Düfte zu emotionalen und kognitiven Assoziationen anregen. In der Aromatherapie werden nur reine ätherische Öle angewandt. Die Wirkungsweise lässt sich zum Teil durch eine direkte pharmakologische Wirkung der Bestandteile der ätherischen Öle erklären. Zum anderen sind auch psycho-vegetative Effekte bekannt.
Weiterentwickelt wurde die Aromatherapie vor allem von osteuropäischen Wissenschaftlern. Sie fanden unter der gezielten Therapie mit Duftstoffen einen Einfluss auf zahlreiche körperliche Funktionen, wie den Blutdruck, den Schlaf und die Atmung. Die Anwendung der ätherischen Öle kann in Form von Bädern, Massagen, Wickeln, inhalativ oder oral erfolgen.
NACHWEIS DER WIRKSAMKEIT
Für einige Naturheilverfahren gibt es aussagefähige Wirksamkeitsnachweise. Andere entziehen sich aus methodischen Gründen einer statistisch-wissenschaftlichen Bewertung, was natürlich nicht zwangsläufig heißt, dass sie unwirksam sind. Häufig zeigt sich, dass die Wirksamkeit von der individuellen Situation des Patienten und den Fähigkeiten und Erfahrungen des Behandelnden abhängen. Dies macht es schwierig, den Therapieerfolg an einem größeren Kollektiv abzusichern.
Ausleitende Verfahren Bis zum Beginn einer naturwissenschaftlichen Denkweise in der Medizin basierte die klassische europäische Medizin auf der antiken Vorstellung der Humoralpathologie oder Viersäftelehre. Sie verstand Krankheiten als Störungen in der Beschaffenheit der Körpersäfte bzw. als deren Verschlackung. Diese Körpersäfte sind Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle. Die vier Säfte stehen in Bezug zu den vier Elementen Luft, Wasser, Feuer und Erde sowie den vier Temperamenten, nämlich dem Sanguiniker, dem Phlegmatiker, dem Choleriker und dem Melancholiker.
Jedem Körpersaft wird ein Organ zugeordnet, das den entsprechenden Saft erzeugen, speichern oder aktivieren kann. Gesundheit bedeutet Ausgewogenheit der Säfte, Krankheiten entstehen durch Fehlen, Überschuss oder Verderben eines oder mehrerer Säfte. Nach dieser Vorstellung können die Organe eines kranken Körpers gereinigt werden, indem über äußerliche Maßnahmen schädliche Stoffe nach außen abgeleitet werden. Die ausleitenden Verfahren sind heute ein wesentlicher Bestandteil umfassender naturheilkundlicher Behandlungskonzepte, z. B. im Rahmen einer biologischen Schmerztherapie, bei der Behandlung orthopädischer Krankheiten oder zur Immunmodulation.
Ein schon seit der Antike bekanntes und in die moderne Medizin übernommenes Verfahren ist das Schröpfen. Dabei werden Schröpfgläser mit Unterdruck auf die Haut gesetzt. Der Unterdruck wird meist durch Erhitzen der Luft im Schröpfglas direkt vor dem Aufsetzen gebildet. Zugrunde liegt der Gedanke, dass eine enge Beziehung zwischen Körperinnerem und Körperoberfläche besteht. Die Körperstellen, an denen die Schröpfgläser angesetzt werden, sind zentrale Schnittstellen in den Verbindungswegen und Reflexpunkten des Kommunikationssystems des Organismus.
Die meisten Schröpforte befinden sich am Rücken und zwar im Bereich von tastbaren Verspannungen (Myogelosen). Mit ihrer Behandlung kann man das Selbstregulationsprinzip an entscheidenden Stellen anstoßen. Man unterscheidet das trockene und das blutige Schröpfen, bei letzterem kommt es zu einem Blutverlust und damit zu einer Entgiftung des Gewebes.
Ein weiteres ausleitendes Therapieverfahren ist die Behandlung mit Blutegeln. Es entspricht einem sehr sanften und langsamen Aderlass. Der Blutverlust durch das Saugen eines Tieres beträgt etwa zehn Milliliter, bei der Nachblutung gehen noch einmal etwa 20 bis 40 Milliliter verloren. Dies bewirkt zunächst eine lokale Entstauung. Der Blutverlust in den Gefäßen wird dann durch Gewebeflüssigkeit ersetzt. Dadurch kommt es zu einer Verminderung der Viskosität und damit Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes, was durch das vom Blutegel sezernierte Antikoagulans Hirudin noch verstärkt wird. Weitere Blutegelwirkstoffe hemmen Entzündungen und überschießende enzymatische Prozesse. Die Behandlung dient auch der reflektorischen Einflussnahme auf innere Organe. Eingesetzt werden Blutegel unter anderem bei Venenleiden, Wundheilungsstörungen durch Lymphstau und Erkrankungen des Bewegungsapparates.
Ayurveda Die Wurzeln der ayurvedischen Heilkunst liegen im alten Indien. Schon vor 3000 Jahren hat sich dieses in sich abgeschlossene, ganzheitliche System zu einer differenzierten Medizin entwickelt, die dynamisch auf veränderte Lebensgewohnheiten und neue Krankheiten reagiert. Während Ayurveda in Indien ein neben der Schulmedizin gleichberechtigtes Medizinsystem mit eigenständigem Hochschulstudium darstellt, ist es in der westlichen Welt vor allem im Wellnessbereich bekannt.
Nach der ayurvedischen Vorstellung bestehen alle Dinge im Universum aus den fünf Elementen Äther (Raum), Luft, Feuer, Wasser und Erde. Diese Elemente sind wiederum die Basis für die drei biologischen Kräfte: Vata, Pitta und Kapha, die man als Doshas bezeichnet, was soviel bedeutet wie „Verderber“ oder zeitgemäß übertragen Risikofaktoren. Vata besteht aus den Elementen Äther und Luft, Pitta entspricht dem Feuer und Kapha ist aus Wasser und Erde zusammengesetzt.
In jedem Menschen sind die drei Doshas in einem bestimmten Verhältnis zueinander angelegt, wobei meist ein oder zwei Doshas überwiegen. Diese Grundkonstitution bleibt das ganze Leben erhalten. Gewisse Abweichungen vom Gleichgewichtszustand, wie die rhythmische tagesoder jahreszeitliche Betonung einzelner Doshas, sind möglich. Eine nachhaltige Störung des Gleichgewichts setzt jedoch einen Krankheitsprozess in Gang. Aus ayurvedischer Sicht geht jede Krankheit mit einer Vermehrung oder seltener mit einer Verminderung eines oder mehrerer Doshas einher. Mineralische oder pflanzliche Medikamente, Ernährung, Massagen, Yoga, meditative Übungen und Ausleitungsverfahren sind ayurvedische Maßnahmen, die darauf abzielen, das natürliche Gleichgewicht wiederherzustellen.
GANZHEITLICHE MEDIZIN
Diagnoseverfahren und Therapien, bei denen der Mensch als Ganzes, also im Kontext seines körperlichen, geistigen und seelischen Befindens gesehen wird, bezeichnet man als Ganzheitsmedizin. Dabei werden nicht, wie in der konventionellen oder Schulmedizin, nur isolierte Organ- oder Geistesfunktionen untersucht und behandelt. Die Krankheit wird auch nicht als pathologischer Defekt, sondern unter Umständen als notwendige Entwicklung für den Lebensweg des Patienten betrachtet. Aufgabe der ganzheitlichen Medizin ist zunächst nicht, die Störung zu behandeln, sondern die Ursachen dafür zu ergründen und das Verständnis für die Zusammenhänge zu
fördern. Dabei kann sie sich auch schulmedizinischer Diagnoseverfahren oder Therapien bedienen.
Bach-Blütentherapie Der englische Arzt Edward Bach (1886–1936) engagierte sich zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts besonders auf dem Gebiet der Psychosomatik. Sein Ziel war es, ein einfaches System zur seelischen Gesundheitsvorsorge zu finden, mit dem jeder Mensch selber körperlichen Krankheiten vorbeugen kann. Nach Edward Bach ist Krankheit die Folge eines Ungleichgewichts zwischen dem inneren Wesenskern und dem täglichen Verhalten eines Menschen. Die Disharmonie äußert sich in negativen seelischen Verhaltensmustern, wie z. B. unangebrachten Schuldgefühlen oder mangelnder Entscheidungsfähigkeit.
Bach definierte 38 „disharmonische Seelenzustände der menschlichen Natur“, die durch die Einnahme der entsprechenden Blüten positiv beeinflusst werden können. Durch die Lösung der seelischen Blockade wird psychische Energie frei, die für einen ganzheitlichen Heilprozess nützlich ist. Bach-Blütenkonzentrate sind speziell aufbereitete wässrige Auszüge aus 38 verschiedenen Blüten wild wachsender Pflanzen. Gift- oder Nahrungspflanzen werden nicht verwendet. Größtenteils werden die Pflanzen noch immer an den von Bach festgelegten Fundorten in England gesammelt. Die Konzentrate, die in der Apotheke als Konzentratflaschen (stockbottles) erhältlich sind, werden individuell zu Bach-Blütenmischungen zusammengestellt.
Das einzige fertige Kombinationspräparat, die Notfall-Tropfen, dient zur Stabilisierung des emotionalen Gleichgewichts in Stress- und Notsituationen und unterbindet die Kettenreaktion der Schockfolgen. Es ist allerdings kein Ersatz für eine medizinische Notfallbehandlung. Neben der klassischen flüssigen Form gibt es zur lokalen äußerlichen Anwendung auch Notfall-Creme. Bei Schürfwunden und Verbrennungen, aber auch bei Verstauchungen und Prellungen wird oftmals überraschend schnell die Heilung in Gang gesetzt.
Biochemie nach Schüßler Der Arzt Wilhelm Heinrich Schüßler (1821–1898) ging von der Überlegung aus, dass sich im lebenden Organismus Mineralsalze in unterschiedlicher Menge und Zusammensetzung befinden, die für die Struktur der Gewebe und die Funktion der Organe notwendig sind. Enthalten die Körperzellen genügend Mineralstoffe und können sich die Mineralien ungehindert im Körper bewegen, ist der Mensch gesund. Ein Mangel an bestimmten Mineralstoffen bzw. eine gestörte Verteilung der Mineralien im Körper kann gesundheitliche Beeinträchtigungen und Krankheiten hervorrufen.
Die Krankheit selbst stellte für ihn eine Störung der physiologischen Selbstheilung dar. Durch die Zufuhr der geeigneten Mineralstoffe soll die Selbstregulation wieder ermöglicht werden. Die Mittel werden aus anorganischen Mineralsalzen hergestellt und homöopathisch potenziert. Um eine Substitutionstherapie handelt es sich dabei aber nicht, denn dafür sind die verabreichten Dosen viel zu gering. Vielmehr befähigt der Reiz die Zellen dazu, das entsprechende Mineral aus der Nahrung besser aufzunehmen, zu verarbeiten und weiterzuleiten. So wird die Stoffwechselfunktion der Zelle optimiert.
Im Gegensatz zur Homöopathie werden die Mittel nicht nach dem Ähnlichkeitsprinzip ausgewählt, sondern nach physiologischen Aspekten. Schüßler experimentierte mit 12 Mineralsalzen und nannte sie Funktionsmittel. Nach seinem Tod sind noch weitere 15 Mineralstoffe hinzugekommen, die Ergänzungsmittel. Einen besonderen Stellenwert in der Diagnostik hat die Antlitzanalyse. Dabei werden aus Gesichtsfarbe, Glanz der Haut, Art der Faltenbildung und sonstigen Besonderheiten der Gesichtshaut aufgrund von Mängeln und/ oder Verteilungsstörungen im Körper und in der Haut Informationen für die Mittelwahl gewonnen.
Eigenbluttherapie Das zugrunde liegende, über Jahrhunderte gewachsene Erfahrungsgut basiert wie die ausleitenden Verfahren auf der Humoralmedizin, behauptet sich aber zunehmend als eigenständige Therapiemethode und stößt auf ein zunehmendes Interesse. Der Grundgedanke der Eigenbluttherapie ist, dass jede Krankheit natürliche Heilungsprozesse in Gang setzt und man diese durch eine gezielte Reiztherapie verstärken kann.
Die kräftigsten Reaktionen auf einen Reiz sind Entzündungen und Fieber. Gelangt nun Blut mit all seinen Bestandteilen, wozu neben den zellulären Bestandteilen und dem Blutplasma auch noch Nährstoffe, Enzyme, Antikörper, Resttoxine und Ausscheidungsprodukte gehören, ins Gewebe, so wird es selbst zum pathogenen Reiz. Es treten Abwehrmaßnahmen im Sinne einer Entzündung auf. Zur Eigenbluttherapie wird daher Blut entnommen und entweder direkt oder nach einer Aufarbeitung durch subkutane oder intramuskuläre Injektion wieder zugeführt. Dadurch wird einerseits das entsprechende Gewebe stimuliert. Es geht aber auch ein Reiz auf den gesamten Organismus aus, der seine Selbstheilungskräfte anregt. Die Begleiterscheinungen einer solchen Stimulation entsprechen denen einer milden systemischen Infektion.
Heilfasten Seit Jahrtausenden und in allen Weltkulturen ist der freiwillige und zeitlich begrenzte Nahrungsverzicht bekannt. Schon aus dem alten Ägypten wird von der Heilwirkung durch Nahrungskarenz berichtet. Aus der naturheilkundlichen Ernährungsmedizin ist das Heilfasten heute nicht mehr wegzudenken. Dabei werden keine festen Nahrungsmittel, sondern nur Wasser, Tee, Gemüsebrühe und Obst- oder Gemüsesäfte aufgenommen.
Der menschliche Körper besitzt die Fähigkeit, eine gewisse Zeit schadlos ohne Nahrung zu leben. Auch unser zirkadianer Rhythmus sieht eine etwa zwölfstündige Nahrungskarenz während der Nacht vor. Während des Heilfastens stellt sich der Körper auf die Energiegewinnung aus körpereigenen Eiweißen und nach ein paar Tagen auf den Abbau von Fett um. Die Hauptwirkung des Fastens wird mit dem von Otto Buchinger (1878–1966 Begründer des Buchinger-Heilfastens) geprägten Begriff „Entschlacken“ umschrieben. Von der konventionellen Medizin wird dieser Begriff allerdings abgelehnt, weil der Begriff „Schlacken“, der aus der Technik stammt, nicht genau definiert ist.
Buchinger benutzte ihn als Metapher und verstand unter Entschlacken die seelische und psychische Verbesserung des Wohlbefindens. Nach dem heutigen Verständnis kann dies aber auch eine messbare Veränderung sein, so verbessern sich durch das Fasten beispielsweise die Cholesterinwerte. Allerdings sollten Übergewichtige und Kranke zuerst mit ihrem Arzt klären, ob das Fasten bei ihnen aus gesundheitlichen Gründen anzuraten ist.
ALTERNATIVE MEDIZIN – KOMPLEMENTÄRE MEDIZIN
Die beiden Begriffe werden gelegentlich synonym benutzt, dabei haben sie ganz unterschiedliche
Bedeutungen. Unter alternativer Medizin versteht man „die andere Medizin“, die anstelle der konventionellen Medizin angewandt wird. Komplementär bedeutet hingegen „ergänzend“. Eine Komplementärtherapie wird also zusätzlich zu einer konventionellen oder sonstigen Behandlung durchgeführt.
Homöopathie Der Arzt und Apotheker Samuel Hahnemann (1755– 1843) war ein heftiger Kritiker der von Spekulationen und Pfuschertum geprägten Medizin des 18. Jahrhunderts. Er stellte seine eigenen Forschungen an und ging dabei, auch nach heutigen Maßstäben, mit wissenschaftlicher Akribie und Methodik vor. Bekannt ist sein fast schon legendärer Selbstversuch mit Chinarinde. Dabei beobachtete er, dass die Substanz bei ihm genau die Symptome erzeugte, die die Krankheit Malaria auslöst.
In weiteren Versuchen an Freunden, Angehörigen und sich selbst untersuchte er zahlreiche Substanzen pflanzlichen, tierischen oder mineralischen Ursprungs. Er fand, dass Arzneien an Gesunden charakteristische Symptome hervorrufen, die sie in niedriger Dosierung bei Kranken wiederum heilen. Hahnemann gilt als der Erste in der Medizin, der Studien an gesunden Versuchspersonen durchführte. Er formulierte als Lehrsatz seiner Forschungen die Ähnlichkeitsregel „Similia similibus curentur“ (Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt), die neben der Arzneimittelprüfung an Gesunden als eine der Säulen der Homöopathie gilt.
Die dritte Säule ist die Potenzierung. Hahnemann arbeitete zunächst mit starken Verdünnungen, ohne diese zu verschütteln, fand aber später heraus, dass durch das Potenzieren eine Wirkungsverstärkung erreicht werden kann. Er ging davon aus, dass nicht die materielle Substanz des Mittels, sondern eine dynamische Kraft, die erst durch das Potenzieren entwickelt und freigesetzt wird, für die Heilwirkung verantwortlich ist. Hahnemann arbeitete mit C- oder höheren Potenzen. Heute wird nach im Homöopathischen Arzneibuch festgelegten Regeln potenziert. Die Buchstaben D (Dezimalpotenz 1:10), C (Centesimalpotenz 1:100) und LM oder Q (1:50 000) geben die Potenzierungsschritte an. So wird eine C30-Potenz 30-mal im Verhältnis 1:100 verdünnt. In der Selbstmedikation werden meist D-Potenzen eingesetzt.
Nosoden-Therapie Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Pockenimpfung entwickelt wurde, versuchte man, die Erkenntnisse auch auf andere Erkrankungen zu übertragen. Hierzu wurden die Ausscheidungen von erkrankten Patienten, insbesondere nach Infektionskrankheiten, verarbeitet und in abgeschwächter und homöopathisch verdünnter Form verabreicht.
Die erste Nosode war ein Präparat aus den Hauterscheinungen der unbehandelten Krätze. Bis heute sind Hunderte weiterer Nosoden dazugekommen. Sie werden eingesetzt, wenn so genannte Therapieblockaden vorliegen, die körpereigene Ausscheidungsund Abwehrvorgänge verhindern. Vor allem Infektionen, aber auch chronische Erkrankungen können so behandelt werden.
Orthomolekulare Medizin Bei diesem relativ jungen Therapieverfahren, das stark durch den zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling (1901–1994) beeinflusst wurde, wird mit Vitaminen und Mineralstoffen, aber auch mit Amino- und Fettsäuren sowie Enzymen behandelt. Ausgangspunkt der orthomolekularen Lehre ist der Gedanke, dass heute viele Lebensmittel aufgrund unnatürlicher Züchtung, Lagerung und Zubereitung nur noch einen Bruchteil der ursprünglich vorhandenen Vitalstoffe enthalten. Mit der Therapie sollen Mangelzustände ausgeglichen und in höherer Dosierung auch pharmakologische Effekte erzielt werden.
Nährstoffdefizite findet man ganz besonders bei einseitiger Ernährung oder wenn aus irgendeinem Grund ein erhöhter Bedarf an einzelnen Nährstoffen besteht, beispielsweise bei bestimmten Krankheiten wie Diabetes, bei starken physischen oder psychischen Belastungen oder wenn toxische Substanzen entgiftet werden sollen. Durch eine großzügige Vitamin C-Zufuhr wird beispielsweise die Ausscheidung von Schwermetallen gefördert. Generell soll durch eine physiologisch optimale Konzentration aller wichtigen Substanzen die Regulationsfähigkeit des Organismus erhalten oder wiederhergestellt werden.
So sind viele Vitamine und Mineralstoffe die Voraussetzung dafür, dass Enzymreaktionen ablaufen und bestimmte Stoffwechselschritte in Gang kommen. Manche Vitamine haben auch eine antioxidative Wirkung. Die meisten Vitalstoffe werden in der orthomolekularen Medizin wesentlich höher dosiert als von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen.
BESTANDTEILE DER NOTFALLTROPFEN UND DEREN INDIKATION
Star of Bethlehem - Lähmung und Schock
Rock Rose - Panikgefühl und Todesangst
Impatiens - Extreme innere Anspannung und Fluchtreaktion
Cherry Plum - Angst davor, die Selbstkontrolle zu verlieren
Clematis - drohende Bewusstlosigkeit
Osteopathie Die Ende des letzten Jahrhunderts in den USA entstandene Methode zählt zwar im eigentlichen Sinne nicht zu den Naturheilverfahren, gewinnt in Deutschland als „alternative Therapiemethode“ aber immer mehr an Bedeutung, sodass an dieser Stelle darauf kurz eingegangen wird. Sie geht auf Andrew Taylor Still zurück, der Fehlstellungen der Knochen als Ursache für körperliche Schäden durch komprimierte Weichteilstrukturen ansah.
Neben der manuellen Korrektur der Knochenstellung legte er großen Wert auf die Beseitigung von Dysfunktionen weicher Gewebe, wie Faszien, also bindegewebiger Strukturen, und neurovaskulärer Bereiche. Er verfügte über ausgezeichnete anatomische Kenntnisse, die es ihm ermöglichten, sich durch alle Körperschichten hindurch in bestimmte Gewebestrukturen hineinzuversetzen, Blockaden aufzuspüren und zu lösen. Damit setzte er sich von den nur auf äußere Körperschichten beschränkten Einrenkern, die es zu dieser Zeit gab, deutlich ab.
Nach Stills Tod führten verschiedene Schüler sein Werk fort und ergänzten es mit neuen Ansätzen, wie beispielsweise der Cranio-Sakralen-Osteopathie, die den Schädel und den Rückenmarkskanal mit seinen faszialen Umhüllungen einbezieht. Die Osteopathie ist heute eine Regulationstherapie, die Bewegungseinschränkungen des Körpers behandelt, die sich auf verschiedenen Ebenen der Körpergewebe abspielen können.
Spagyrik Alchemistisch geprägte Heiler entwickelten im Mittelalter diese auf den Schriften von Paracelsus basierende Heilmethode. Danach ist jeder Lebensprozess Ausdruck einer unsichtbaren Lebenskraft. Als ein uraltes, ganzheitliches Naturheilverfahren betrachtet die Spagyrik Körper, Geist und Seele als eine im Gleichgewicht stehende Einheit. Die spagyrische Aufbereitung von Pflanzen legt Wert darauf, dass auch von der Pflanze alle drei Prinzipien, die man im menschlichen Körper findet, nämlich Körper, Geist und Seele, verwendet werden und in der fertigen Tinktur in ausgewogenem Verhältnis vertreten sind. Dazu werden die Heilpflanzen durch eine chemische Behandlung veredelt.
Der mineralische, körperliche Teil der Pflanze wurde als „Sal“ bezeichnet und kann durch Veraschung gewonnen werden. Der ölige, seelische Teil wurde „Sulphur“ genannt und wird durch Destillation gewonnen. Der alkoholische, durch Vergärung der Biomasse entstandene Teil ist der Geist und wurde „Merkur“ genannt. Diese drei Bestandteile werden nach ihrer Bearbeitung wieder zusammengeführt und dann mit nun stärkerer Wirkung verabreicht. In der Zwischenzeit wurde die Spagyrik modifiziert. Sie enthält Ansätze aus der Homöopathie, der Biochemie nach Dr. Schüßler, der Phytotherapie und der Aromatherapie.
Spenglersan-Therapie Karl Spengler (1860–1937) war ein Schüler Robert Kochs, der an Tuberkel-Bakterien forschte. Er entwickelte eine perkutane Immuntherapie der Tuberkulose, die die subkutane Injektionsbehandlung von Robert Koch verbesserte. Seine Behandlung übertrug er von der Tuberkulose auf viele andere akute und chronische Erkrankungen.
Ziel der Medikamente, der so genannten Kolloide, ist es, die Immunabwehr zu mobilisieren, um die Krankheitserreger selbst abzuwehren. Mithilfe des Spengler-Immuntests wird zunächst die Bakterienbelastung diagnostiziert. Die Spenglersan-Kolloide enthalten Antigene und Antitoxine verschiedener Bakterienstämme und sind auf D9 potenziert. Je nach Ergebnis des Immuntests wird das entsprechende Kolloid ausgewählt und in die Ellenbeuge gesprüht und eingerieben.
Phytotherapie Detaillierte Informationen zur Pflanzenheilkunde finden Sie in unserer September-Ausgabe vom letzten Jahr und auch unter www.pta-aktuell.de/themen/news/6465-Phytotherapie-Tradition-und-Zukunft.
Den vollständigen Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/11 ab Seite 30.
Sabine Bender, Apothekerin, Redaktion