Ayurveda
HEILENDE KRAFT
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Ayus bedeutet Leben und veda Wissenschaft oder Weisheit. So ist Ayurveda die Wissenschaft eines langen gesunden Lebens. Wenn der Mensch körperlich und psychisch gesund ist, dann lebt er ayurvedisch ohne es zu wissen beziehungsweise ohne es so zu benennen. Hinter dem Begriff Ayurveda verbirgt sich genau genommen eine ganze Lebensphilosophie, die gelebt werden möchte. Es geht nicht nur um warme Ölmassagen und ein paar Kräuter. Ayurveda kann viel mehr. Ayurveda wird vielfach als „Mutter der Medizin“ bezeichnet. Dies hat durchaus seine Berechtigung, denn diese traditionelle Heilkunde kann auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken. Sie hat einige Medizinsysteme nachhaltig beeinflusst. Während die Schulmedizin in der Diagnostik und bei Notfallmaßnahmen oft mehr Möglichkeiten hat, liegt die Stärke von Ayurveda in der Prävention von Krankheiten und der Linderung chronischer Beschwerden. Ayurveda ist ein offenes System, das besagt: „Was heilt und hilft, hat recht.“
Die eigene Natur leben Nach Ayurveda lebt man ein gesundes Leben, wenn man der eigenen Natur folgt. Es geht also nicht darum, irgendeiner Norm zu entsprechen. Vielmehr geht es darum sich seiner Grundkonstitution bewusst zu werden und danach zu leben. Die Lehre des Ayurveda basiert auf den fünf Elementen: Luft, Feuer, Wasser, Erde und Raum. Aus diesen Elementen bestehen die drei Lebensenergien, die sogenannten Doshas: Vata, Pitta und Kapha. Jede dieser drei Energien bringt gewisse Charakterzüge, Körperbau, Verhaltensweisen und Vorlieben mit. Jeder Mensch trägt alle drei Energien in sich, jedoch kommt es auf die Verteilung an. Die meisten Menschen sind Mischtypen aus zwei Doshas, während das dritte Dosha nur sehr gering ausgeprägt ist. Es gibt aber auch Menschen, bei denen ein Dosha vorherrschend ist oder bei denen alle drei Doshas zu gleichen Teilen verteilt sind, die sogenannten Tridoshas. Keine der Konstitutionen ist besser oder schlechter, nur anders.
Welche Lebensenergie steckt im Körper? Vata besteht aus Luft und Raum und ist somit die leichteste Energie. Immer wenn Bewegung im Spiel ist, haben wir es mit der Vata-Energie zu tun. Vata bedeutet „Wind“ und ist die Kraft, die alles in Bewegung setzt, Veränderungsprozesse herbeiführt und für die Kommunikation verantwortlich ist. Menschen mit einem hohen Vata-Anteil lieben es zu reisen, Neues zu entdecken und gute Gespräche zu führen. Meist sind es sehr kreative Menschen, die gerne Abwechslung haben und eine Leichtigkeit ausstrahlen. Der Vata-Aspekt bringt die Eigenschaften trocken und kalt mit.
Wenn das Vata-Dosha außer Balance ist, neigt derjenige oft zu kalten Händen und Füßen, trockener Haut und Augen oder Verstopfung und Blähungen. Vata ist mit dem Nervensystem, den Knochen und Gelenken verknüpft, sodass es bei Disbalancen gerade in diesem Bereich zu Beschwerden wie zum Beispiel Nervosität oder Gelenkbeschwerden kommen kann. Pitta hingegen besteht aus Feuer und Wasser. Pitta bedeutet direkt übersetzt „Galle“ und ist damit die dynamische Kraft, die Dinge umsetzt und voranbringt. Pitta ist auch das feurige Element. Pitta-Menschen sind sehr zielstrebig, durchsetzungsstark und ehrgeizig. Sie sind sehr scharfsinnig und meist mit gutem Aussehen ausgestattet. Der Pitta-Aspekt bringt die Eigenschaften heiß und leicht ölig mit. Wenn das Pitta-Dosha aus dem Gleichgewicht kommt, neigt derjenige oft zu Entzündungsreaktionen, zu viel Hitze im Körper oder Durchfall.
Pitta wird mit allen Stoffwechselvorgängen, Enzymreaktionen, Haut und Blut in Verbindung gebracht. Ist das Pitta-Dosha nicht ausgeglichen, leidet derjenige zum Beispiel öfter unter Hautreaktionen oder Sodbrennen. Kapha besteht aus Erde und Wasser und das Wort bedeutet übersetzt „Schleim“. Es ist die schwerste Kraft, die Struktur verleiht. Ein hoher Kapha-Anteil gibt Stabilität auf körperlicher und geistiger Ebene. Kapha-Menschen sind gut geerdet und haben einen guten Überblick. Sie strahlen Ruhe und Wärme aus und sind sehr ausdauernd. Sie lieben eine gewisse Routine. Der Kapha-Aspekt bringt die Eigenschaften kalt und ölig mit. Wenn der Kapha-Anteil zu sehr überwiegt, leidet derjenige Mensch beispielsweise an Trägheit oder fettiger Haut. Kapha steht in Verbindung mit dem Atemsystem, der Lunge und den Bronchien. Ein Kapha-Überschuss führt häufig zu Gewichtszunahme oder zu produktivem Husten.
Agni, Dhatus und Malas Die Verdauung spielt im Ayurveda eine entscheidende Rolle. Das Verdauungsfeuer, auch Agni genannt, muss stark genug sein, denn sonst können wir noch so gesund essen, es kann einfach nicht verwertet werden. Darin liegt oft der Ursprung von vielen Unverträglichkeiten, wie zum Beispiel der von Gluten. Dhatus sind die Körpergewebe und Malas bezeichnen die Abfallprodukte, wie Urin, Stuhl und Schweiß.
Was bedeutet Gesundheit wirklich? Ist ein Mensch gesund, nur weil er nicht krank ist? Oder gehört zum Gesundsein nicht doch viel mehr dazu? Da sind der Körper, die Psyche und die Seele. Die Definition von Gesundheit aus ayurvedischer Sichtweise lautet: „Der Mensch, dessen Doshas im Gleichgewicht, dessen Agni gut, dessen Dhatus und Malas normal funktionieren, und dessen Seele, Geist und Sinne stets voller Glückseligkeit sind, der wird als gesund bezeichnet.“ Ayurveda hilft die Ursachen von Krankheit zu beseitigen und damit die Grundlage für dauerhafte Gesundheit zu schaffen. Ayurveda hilft, die Selbstheilungskräfte wieder zu aktivieren, Beschwerden zu lindern und Krankheiten vorzubeugen. Sei es durch die wohltuenden individuell abgestimmten Kräuterölmassagen, die für den Konstitutionstyp wirklich passende Nahrung, zur richtigen Uhrzeit, unter Einbeziehen der Jahreszeiten und Tageszeiten.
Die innere Stimme wieder hören Ayurveda sagt: „Wir alle tragen bereits schon alles Wissen in uns.“ Wir haben nur verlernt auf unsere Intuition zu hören und ihr zu vertrauen. Oft wird uns zu viel von der „äußeren Welt“ abverlangt und tausend Eindrücke stürmen täglich auf uns ein. Viele Verpflichtungen bestimmen unseren Tagesablauf. Deshalb haben wir meist einige „Schutzschichten“ aufgebaut. Ayurveda, das „Wissen eines langen gesunden Lebens“ trägt dazu bei, die äußeren Schichten, die unser „wahres Ich“ behindern, wieder Stück für Stück abzulegen und unsere wahre individuelle Natur zum Leuchten zu bringen. Gehen wir unserer persönlichen Konstitution nicht ausreichend nach, verlieren wir unsere innere Balance. Um wieder in unsere natürliche Kraft zu kommen, ist es wichtig sich durch Ruhe und Entspannung wieder selbst zu spüren und die Stimme des eigenen Herzens zu hören.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 11/2020 ab Seite 24.
Stefanie Berhausen, Apothekerin und Ayurveda-Therapeutin