Cannabis
HASCHISCH MACHT DUMM
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Das Team untersuchte 1037 Neuseeländer aus der Stadt Dunedin, die Anfang der 1970er-Jahre geboren wurden. 38 Jahre lang dauerte die Untersuchung, die zeigt, dass besonders bei jungen Menschen durch Kiffen die Intelligenz sinkt und der Konsum nachhaltige Schädigungen im zentralen Nervensystem zur Folge hat. Das berichteten die Wissenschaftler im amerikanischen Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Je früher Menschen beginnen, Cannabis zu rauchen, desto stärker nimmt die Intelligenz ab, stellten die Forscher fest. Das Gehirn verändert sich im Laufe des Wachstums, Cannabis habe einen negativen Einfluss auf diesen Prozess. Dauerhaftes Haschischrauchen verschlechterte die Leistung in bestimmten Bereichen des Gehirns über Jahre anhaltend. Langzeitkiffer waren nur schwer in der Lage, sich an etwas zu erinnern oder sich zu konzentrieren. Ihr IQ nahm durch den Konsum deutlich ab.
Das Gehirn ist laut Aussagen der Forscher nicht in der Lage, sich vollständig zu erholen. Daher bleibt die kognitive Leistung eingeschränkt. Besonders für Jugendliche ist die Droge eine Bedrohung. Laut Studie laufen sie Gefahr, zu regelmäßigen Verbrauchern zu werden, je früher sie in Kontakt mit der Substanz kommen.
Berauschend Cannabis ist eine Pflanzengattung in der Familie der Hanfgewächse. Wichtige Inhaltsstoffe sind delta-9-Tetrahydrocannabinol und Cannabidiol (CBD). Sie machen die Pflanze für den Gebrauch als Arzneimittel und auch für den Missbrauch als Rauschmittel erst interessant: THC ist der Hauptwirkstoff der Pflanze und wirkt psychotrop. CBD ist der zweithäufigste Inhaltsstoff der Droge. Er hat keine psychotrope Funktion. Ihre Effekte im Körper entfalten die Substanzen über zwei Cannabinoidrezeptoren: CB1 und CB2. Zusammengefasst ergeben sie das Endocannabinoidsystem.
CB1 befinden sich im zentralen Nervensystem (hauptsächlich in Basalganglien, Kleinhirn, Hippocampus) und in den peripheren Nervenzellen (besonders in der Leber und im Gastrointestinaltrakt). CB2 kommen vor allem in Immunzellen vor. Sie sind an der Zytokinausschüttung beteiligt. CB2-Rezeptoren sind auch auf den Zellen, die für den Knochenstoffwechsel zuständig sind, lokalisiert.
Lange Zeit war unklar, warum der menschliche Organismus über eine solch große Anzahl von Cannabinoidrezeptoren verfügt. 1992 wurde dann das körpereigene Anandamid entdeckt, welches wie THC an diese Bindungsstellen andockt. Unser Organismus bildet also hanfähnliche Stoffe, so genannte Endocannabinoide.
Werden die Rezeptoren CB1 und CB2 aktiviert, kann dies Neurotransmitter- modulierende Prozesse auslösen. Die Herstellung von Botenstoffen wird angeregt oder reduziert. Endocannabinoide haben einen beruhigenden Effekt, nehmen Einfluss auf das Essverhalten, lassen Erinnerungen verblassen und können Schmerzen lindern. Offensichtlich also, dass auch der Cannabiskonsum vielfältige Wirkungen hervorruft.
Dazu gehören folgende:
- psychotrop
- schmerzlindernd
- anxiolytisch
- muskelrelaxierend
- antiemetisch
- appetitanregend.
Wirkung der „weichen Droge” Der Effekt des Hanfs hängt von der inhalierten Menge ab. 50 Mikrogramm des THC haben eine euphorisierende und leicht sedierende Wirkung. Die doppelte Menge führt bereits zu Wahrnehmungsstörungen. Zu Halluzinationen kann es bei etwa 200 Mikrogramm aufgenommenen THC kommen. Schwindel und Erbrechen sind Folge einer Inhalation von etwa 300 Mikrogramm. Als Konsequenz von noch höheren Mengen treten Effekte wie Orientierungs-, Sprach- und Gedächtnisstörungen auf. Ferner können sich Angst- und Unruhezustände entwickeln.
GESCHICHTE
Cannabis sativa zählt zu den ältesten Heilpflanzen der Welt. Die Pflanze wuchs ursprünglich in asiatischen Steppen. Heutzutage hat sich das Gewächs von den gemäßigten bis in die tropischen Zonen ausgebreitet. Zum Teil wuchert sie wild, wird aber vor allem legal oder illegal angepflanzt. Schon um 3000 vor Christus waren die Wirkungen als Heilmittel und der psychotrope Effekt bekannt. Bereits vor Jahrtausenden wurde Cannabis als zeremonielles Rauschmittel in etlichen Kulturen verwendet. Bis ins letzte Jahrhundert setzte man sowohl in der Industrie als auch in der Medizin Hanf ein. Cannabishaltige Medikamente wurden schließlich im Zuge eines internationalen Verbots Mitte des letzten Jahrhunderts vom Markt genommen.
Eine große Gefahr des langfristigen Cannabiskonsums scheinen psychotische Erkrankungen zu sein. Studien belegten, dass ein Zusammenhang zwischen der Verwendung der Substanz und dem Ausbruch von Schizophrenie besteht. Die Kausalität, ob Kiffen direkt Schizophrenie fördert oder nur den Ausbruch bei einer vorliegenden Veranlagung unterstützt, war unklar.
Eine Langzeitstudie von Forschern der Universität Maastricht verdeutlichte jedoch, dass bei Jugendlichen, die nach der Erstbefragung zu kiffen begonnen hatten, ein erhöhtes Risiko bestand, später psychotische Symptome zu zeigen. Die Wissenschaftler betonten, dass gelegentliche psychotische Symptome verbreitet sind und häufig wieder abnehmen. Allerdings war die Gefahr bei Personen, die über einen längeren Zeitraum Cannabis konsumierten, erhöht, dass sich diese Symptome in einer Psychose wie der Schizophrenie manifestierten.
Rechtslage Hier zu Lande sind Anbau, Handel, Abgabe, Erwerb und Besitz von Cannabis laut Betäubungsmittelgesetz (BtMG) strafbar beziehungsweise genehmigungspflichtig. Anfang 2009 gab es erste Ausnahmegenehmigungen ausschließlich für medizinische Zwecke. Seit Mai 2011 ist Cannabis laut einer Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften im Bundesgesetzblatt verkehrsfähig, wenn es für die Herstellung von Arzneimitteln verwendet wird. Cannabishaltige Arzneimittel sind danach verschreibungsfähig.
Dennoch ist Cannabis in der Bundesrepublik eine häufig konsumierte illegale Droge. Strafverfahren aufgrund des Erwerbs von geringen Mengen Cannabis zum Eigengebrauch werden in der Regel eingestellt. Die Handhabung hängt jedoch vom Einzelfall ab und liegt im Ermessen des Richters. Eine „nicht-geringe Menge” der Droge ist über den THC-Gehalt definiert Die Substanz wird daher bei Entdeckung konfisziert und im Labor untersucht. Liegt der Wirkstoffgehalt bei 7,5 Gramm THC, spricht man von einer „nichtgeringen Menge”. Der Besitz ist ein Verbrechenstatbestand und wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Cannabis als Medikament Cannabis-haltige Arzneimittel sind nicht zur Standardtherapie geeignet. Lediglich einige Patienten, bei denen klassische Therapien nicht anschlagen, scheinen in vielen Indikationen davon zu profitieren. Aufgrund der unangenehmen Nebenwirkungen (Müdigkeit, Konzentrationsstörungen) wird die Behandlung jedoch häufig abgebrochen. Sativex® heißt das Präparat mit dem Arzneistoff Nabiximols. Es enthält THC und CBD zu gleichen Teilen. Seit Juli 2011 ist es auf dem Markt und wird bei der schmerzhaften Spastik von Multiple-Sklerose-Patienten eingesetzt.
BEZEICHNUNG
Die gesamte Hanfpflanze nennt man Cannabis. Getrocknete, weibliche Blütenstände bezeichnet man als Marihuana oder „Gras”. Haschisch oder „Pott” ist das gepresste Harz der weiblichen Hanfpflanze. Beides kann als Zigarette oder in der Pfeife geraucht werden. Letzteres kann auch über Süßspeisen und Getränke aufgenommen werden. Cannabis ist noch wochenlang nach der Zufuhr im Körper nachweisbar. Der Konsum kann über einen Urin- oder Schweißtest belegt werden.
Appliziert werden die Substanzen über einen Sublingualspray. Weitere Cannabinoide sind Dronabinol und Nabilon. Ersteres ist ein teilsynthetisch hergestelltes Tetrahydrocannabinol. Fertigarzneimittel, die diesen Wirkstoff enthalten, sind in Deutschland nicht zugelassen. In den Vereinigten Staaten ist die Substanz unter dem Handelsnamen Marinol® im Verkehr. Liegt eine BTM-Verordnung vor, können die Kapseln aus den USA importiert werden.
Dronabinol ist hier zu Lande seit 2000 als Rezeptursubstanz zugelassen und kann laut NRF in Kapseln (22.7) oder öligen Tropfen (22.8) verarbeitet werden. Nabilon ist ein vollsynthetisches Derivat des delta-9-Tetrahydrocannabinols. Es muss ebenfalls auf einem Betäubungsmittelrezept verordnet und aus den USA importiert werden. Nabilon wird bei Anorexie von Aidspatienten und als Antiemetikum in der Krebstherapie verwendet. Beide Wirkstoffe können in der Bundesrepublik nur als individueller Heilversuch aufgeschrieben werden. Die Krankenkasse muss die Kosten nicht übernehmen.
In Ausnahmefällen ist es möglich, dass Patienten Cannabisblüten oder ein Extrakt als Medikament erhalten. Sie benötigen hierfür eine Ausnahmegenehmigung vom BfArM (nach § 3 Absatz 2 BtMG). Auch die deutsche Apotheke, über welche die Patienten die Substanz erhalten, braucht eine Erlaubnis des BfArM zur Abgabe. Der Arzt bestimmt die benötigte Menge der Cannabisblüten beziehungsweise des -extraktes. Dieser Nachweis muss dem Antrag beigelegt werden.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/12 ab Seite 126.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)