Mann in Badekleidung© Nastco / iStock / Getty Images

Fettstoffwechsel

GUTES FETT, SCHLECHTES FETT

Der Organismus verfügt über zwei Arten von Fettgeweben. Das weiße Fett speichert Energie, während das braune Fett Energie verbrennt. Kann man weißes Fett in braunes umwandeln? Ist dies eine Möglichkeit abzunehmen?

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Beim Menschen und bei allen Säugetiere differenziert man zwischen dem weißen und dem braunen Fettdepot. Die weißen Fettzellen kommen viel häufiger vor und befinden sich vor allem am Bauch, am Gesäß und an den Oberschenkeln. An diesen Stellen wird das Fett quasi gespeichert und kann bei einem erhöhten Energiebedarf zur Energiegewinnung genutzt werden. Die überschüssige Energie liegt in Form von Triglyceriden vor, die durch Lipolyse gespalten werden, wobei Adenosintriphosphat (ATP) entsteht.

Weißes Fett fungiert auch als Trenngewebe zwischen den Organen (viszerales Fettgewebe) sowie als Isolator (subkutanes Fettgewebe). Braunes Fettgewebe kommt bei Babys als typischer Babyspeck vor und verhindert, dass die Säuglinge auskühlen. Bei Erwachsenen ist der überwiegende Fettanteil weiß, den braunen Fetttypen findet man lediglich im Brustkorb sowie in den tiefen Nacken- und Halsbereichen. Generell kann man davon ausgehen, dass Übergewichtige und Menschen im höheren Alter über weniger braunes Fettgewebe verfügen als schlankere und jüngere Personen. Die braunen Fettzellen sind aktiv und verfügen über zahlreiche Mitochondrien, welche als Kraftwerke der Zellen fungieren. Sie sorgen dafür, dass im braunen Fettgewebe die Fettsäuren quasi verheizt werden.

Wenn braunes Fettgewebe Energie verbrennt, wird demnach Wärme freigesetzt. Hierbei spricht man von einem Prozess der Thermogenese, worunter man die Produktion von Wärme durch Stoffwechselaktivität versteht. Der farbliche Unterschied zwischen den beiden Fettgeweben kommt unter anderem durch die hohe Anzahl an Mitochondrien in den braunen Fettzellen zustande. Das weiße Gewebe erscheint dagegen aufgrund der zahlreichen Fetttropfen gelblich-weiß. Weißes Fettgewebe kann viel mehr Fett aufnehmen als braunes Fettgewebe. Weiße Fettzellen bestehen zu 90 Prozent aus Fett, während braunes Fettgewebe lediglich 50 Prozent Fett enthält.

Braunes Fett – Hilfe beim Abnehmen? Eine Studie, die im Clinical Journal of Endocrinology & Metabolism veröffentlicht wurde, weist darauf hin, dass eine kurzzeitige, moderate Kältezufuhr Personen mit braunem Fettgewebe dabei unterstützen kann, 15 Prozent mehr Kalorien zu verbrennen als Personen, die dieses Fettgewebe nicht besitzen. Das braune Fettgewebe verbrennt die Kalorien über die Wärmeproduktion und Fettsäureoxidation, Kälte aktiviert diesen Vorgang. Menschen mit einem aktiven braunen Fettgewebe haben weitere Vorteile: Sie verfügen über eine höhere Konzentration an entzündungshemmenden Fettsäuren, während verschiedene schädliche Fettsäuren, die zu Herzerkrankungen oder Diabetes führen können, in geringeren Mengen vorhanden sind. Auch das Fettsäure-Blutprofil zeigte sich bei ihnen günstiger.

Die Forschung zur Aktivierung brauner Fettzellen laufen auf Hochtouren. Helfen Sport und Kälte?

Essen, ohne ein Gramm zuzulegen? Wenn das braune Fettgewebe so viele Vorteile hat, stellt sich automatisch die Frage, was man tun kann, um dies zu aktivieren beziehungsweise um weiße Fettzellen in braune umzuwandeln. Man könnte automatisch abnehmen oder trotz der Kalorienaufnahme gar nicht erst zunehmen. Braunes Fettgewebe lässt sich durch Kälteexposition aktivieren. Zwei Stunden täglich bei 17 Grad Celsius (oder weniger) sollen bereits ausreichen, um das braune Fettgewebe anzuregen und den Abbau von Körperfett zu fördern.

Zusätzlich macht es Sinn, zuhause die Heizung abzuschalten: Personen, die sich in ungeheizten Räumen aufhalten oder in Zimmern mit geöffnetem Fenster schlafen, unterstützen die Stimulierung des braunen Fettgewebes und sind oft automatisch schlanker. Ebenso begünstigen Eisbäder oder kalte Duschen das braune Fettgewebe. Vorsicht ist jedoch für Herzkranke geboten, sie sollten mit dem Arzt Rücksprache halten und sich langsam an die kalten Temperaturen gewöhnen. Allerdings erfordert die Aktivierung des braunen Fettgewebes bei Menschen mit Übergewicht mehr Zeit als bei normal- oder untergewichtigen Menschen.

Wenn Sie von Ihren Kunden darauf angesprochen werden sollten, weisen Sie darauf hin, dass man keine Wunder erwarten kann. Sobald man die täglichen Kälteeinheiten vernachlässigt, können sich die mühevoll erworbenen braunen Fettzellen auch schnell wieder in das unerwünschte weiße Fett umwandeln. Dass körperliche Ertüchtigung ein Mittel zum Abnehmen darstellt, ist nichts Neues. Interessant zu wissen ist, dass auch Sport zur Aktivierung der braunen Fettzellen beitragen kann. Eine Kältetherapie zum Abnehmen erweist sich langfristig als unrealistisch, daher beschäftigt sich die Forschung mit der künstlichen Aktivierung brauner Fettzellen, beispielsweise durch Sympathomimetika.

Durch den Sympathikus wird bei Bedarf Noradrenalin ausgeschüttet, welches an bestimmte Rezeptoren der braunen Fettzellen andockt und die Thermogenese auslöst. Das Ziel der Wissenschaftler besteht darin, einen Wirkstoff zu entdecken, der durch die Bindung an die Typ-3-Betarezeptoren die braunen Fettzellen stimuliert, weitere Beta-Rezeptoren jedoch nicht beeinflusst. Das Medikament Mirabegron ist in den USA und in der EU zur Therapie einer überaktiven Blase zugelassen.

Der Wissenschaftler Aaron Cypess beschäftigte sich mit dem braunen Fettgewebe und fand in einer Untersuchung heraus, dass eine einmalige Mirabegron-Injektion zu einer Aktivierung der braunen Fettzellen sowie zu einer Erhöhung des Energieverbrauchs führt. Die Studienteilnehmerinnen verfügten bereits nach vier Wochen über einen höheren Energieverbrauch im Ruhemodus sowie über einen höheren Anteil an braunem Fettgewebe. Allerdings haben die Probandinnen weder Körperfett noch Körpergewicht verloren, was die Forscher auf den kurzen Untersuchungszeitraum zurückführen.

Hingegen verbesserten sich die Lipidwerte sowie die Insulinsensitivität, sodass Mirabegron unter Umständen bei metabolischen Erkrankungen zum Einsatz kommen könnte. Capsinoide (Inhaltsstoffe des Cayennepfeffers) sollen braunes Fettgewebe ebenfalls aktivieren. Fraglich ist jedoch, ob sie sich tatsächlich zur Gewichtsreduktion eignen. Insgesamt ist die Studienlage zum Kalorienverbrauch durch braunes Fettgewebe sehr unterschiedlich: Einige Arbeiten ergaben, dass das gute Fettgewebe täglich bis zu 500 Kilokalorien verbrennen kann, während andere den Verbrauch an Kalorien lediglich auf 30 bezifferten.

Unklare Studienlage Wissenschaftler der Harvard-Universität haben im Jahr 2012 den Botenstoff entdeckt, der für die Umwandlung von weißen in braune Fettzellen verantwortlich ist: das Muskelhormon Irisin. Die Substanz wird beispielsweise beim Krafttraining durch die hohe muskuläre Belastung freigesetzt und sorgt dafür, dass schlechtes in gutes Fett umgebaut wird. Sportmediziner aus Saarbrücken führten eine Trainingsstudie durch (Saarländische Ausdauer-Etappe = Sause) und stellten hingegen fest, dass sich das Irisin nicht so eindeutig erhöhte wie angenommen.

Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 07/2021 ab Seite 50.

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