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Politik

GEWINNER UND VERLIERER

Das 14. SGB V-Änderungsgesetz trat am 1. April 2014 in Kraft. Es soll den Ausgabenanstieg im Arzneimittelbereich begrenzen und ebnet den Weg für eine verbindliche Austauschverbotsliste.

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Spargesetz ist im Kontext mit dem 13. SGB V-Änderungsgesetz zu sehen, das im Eilverfahren Mitte Dezember 2013 verabschiedet wurde und zum Jahreswechsel in Kraft trat; es diente der nahtlosen Fortführung des zunächst bis Ende März befristeten Preisstopps. Das 14. SGB V-Änderungsgesetz „friert“ nun die Preise für zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähige Arzneimittel bis zum 31. Dezember 2017 ein und erhöht den Herstellerrabatt für verschreibungspflichtige Arzneimittel von sechs auf sieben Prozent.

So war es im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode vereinbart. Ein Inflationsausgleich wird nicht gewährt. Die Pharmaindustrie trifft diese Sparmaßnahme hart, denn sie muss bereits seit vier Jahren ein Preismoratorium verkraften. Für mindestens weitere vier Jahre wird den Firmen nunmehr jegliche Möglichkeit verwehrt, Kostensteigerungen etwa für Energie, Rohstoffe und Personal sowie höhere regulatorische Anforderungen im Bereich der Arzneimittelsicherheit zu kompensieren.

Immer weitere Eingriffe des Gesetzgebers führen inzwischen dazu, dass Erstattungspreise für Innovationen in Deutschland vielfach unter den europäischen Durchschnitt abgesunken sind. Auch die Preise für Generika hier zu Lande sind im europäischen Vergleich zurückgefallen und liegen für wichtige Indikationen am unteren Ende. Begründet werden Preisstopp und Erhöhung des Herstellerrabatts damit, dass ohne diese Maßnahmen ein deutlicher Anstieg der Arzneimittelausgaben und eine überdurchschnittliche Preisentwicklung zu erwarten wäre.

Summa summarum wird die Gesetzliche Krankenversicherung in einer geschätzten Größenordnung von rund 650 Millionen Euro jährlich entlastet, die pharmazeutischen Unternehmer entsprechend belastet.

Gewinner: die GKV Ist die Pharmaindustrie also der „große Verlierer“ der Reform? Nicht wirklich. Bei den entsprechenden Belastungen ist zu berücksichtigen, dass forschende pharmazeutische Unternehmen durch das Auslaufen des erhöhten Herstellerabschlags Ende letzten Jahres spürbar entlastet wurden. Und die Generikaindustrie wurde im Gesetzgebungsverfahren „in letzter Minute“ vom Rabattanstieg um einen Prozentpunkt gänzlich ausgenommen.

Zudem sieht das Gesetz weitere Entlastungseffekte vor. So wurde zum 1. April 2014 die Nutzenbewertung für Arzneimittel, die bereits vor Inkrafttreten des Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes – also vor 2011 – im Verkehr waren, beendet. Von der Einstellung sind auch laufende Verfahren „betroffen“, unter anderem Pazopanib, Sunitinib, Temsirolimus, Bevacizumab, Tasonermin, Trabectedin (gemeinsames Anwendungsgebiet: Nierenzell- beziehungsweise Weichteilsarkom), Dutasterid plus Tamsulosin (Anwendungsgebiet: benigne Prostatahyperplasie), Dronedaron (Anwendungsgebiet: Vorhofflimmern) und Lenalidomid, Bortezomib (gemeinsames Anwendungsgebiet: multiples Myelom).

REFORMGEWINNER SEHEN ANDERS AUS
Nach dem Willen der Regierung soll zudem der Gemeinsame Bundesausschuss bis Ende September diesen Jahres die so genannte Austausch-Verbotsliste erstellen. Zu zäh gestalteten sich die Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Deutschem Apothekerverband. Pharmazeutische Bedenken können dann in Apotheken nicht mehr geltend gemacht werden.

Begründet wird die Neuregelung mit einem besonders hohen methodischen und administrativen Aufwand für diese Arzneimittel beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und dem von ihm beauftragten Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen. Die Begründung ist nachvollziehbar, aber aus Sicht der Fachkreise und Patienten bedauerlich, denn mit der gesetzlichen Änderung wird eine Zweiteilung des Arzneimittelmarktes auf Dauer festgeschrieben. Nur für Patentarzneimittel, die nach dem Stichtag in den Markt eingeführt worden sind, wird der Patientennutzen evaluiert. Für ältere Arzneimittel bleibt der tatsächliche Patientennutzen im Dunkeln. Damit stehen die Verlierer der Reform fest.

Weitere Entscheidungen In der Vergangenheit war umstritten, ob bei patentgeschützten Arzneimitteln der Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (Listenpreis) oder der ausgehandelte Erstattungsbetrag Grundlage für die prozentualen Zuschläge des Großhandels und der Apotheken ist. Zur Erinnerung: Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) sieht seit 2011 für Arzneimittelinnovationen eine Nutzenbewertung durch den G-BA mit anschließender Preisverhandlung zwischen pharmazeutischem Unternehmer und GKV-Spitzenverband vor.

Das Ergebnis der Preisverhandlung ist ein Rabatt auf den Abgabepreis, der vom pharmazeutischen Unternehmer ursprünglich festgelegt wurde. Die gesetzestechnisch nicht unumstrittene Umsetzung dieser im Koalitionsvertrag vereinbarten Klarstellung, dass der Erstattungsbetrag Grundlage für die Distributionsaufschläge ist, senkte die Margen dieser Arzneimittel zum 1. April. Je höher der eingeräumte Rabatt, desto spürbarer die Minderung der Effekte für Apotheken und Großhandel. Noch sind nur etwa drei Dutzend Arzneimittel betroffen und damit die Einbußen insgesamt vergleichsweise gering. Doch die Zahl der betroffenen Arzneimittel steigt schnell.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 04/14 ab Seite 100.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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