Ein Obstkorb auf grauem Untergrund
Ein Obstkorb auf dem Arbeitsplatz trägt zu einem gesunden Arbeitsalltag bei, aber das reicht nicht aus. © Monica Lorenzo / iStock / Getty Images Plus

Gesundheit | Arbeitsplatz

DER OBSTKORB REICHT NICHT AUS

Betriebliches Gesundheitsmanagement gehört in vielen Unternehmen längst zum guten Ton. Dabei geht es jedoch nicht nur um vollwertige Ernährung oder Yoga-Kurse. Wie lassen sich die Angebote einordnen?

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Sport, gesundes Essen, eine angenehme Arbeitsatmosphäre - all das lässt sich mit dem Begriff betriebliches Gesundheitsmanagement zusammenfassen. Unternehmen schreiben sich das gerne groß auf die Fahne. Aber was bringen die Angebote für Beschäftigte tatsächlich?

Man erkenne die Qualität des Gesundheitsmanagements daran, ob ein Großteil der Kollegen daran teilnimmt, sagt Dirk Hübel, Vorstand des Bundesverbands betriebliches Gesundheitsmanagement. Wenn die Kolleginnen und Kollegen dann noch in der „Wir-Form“ sprächen, sei das eine Form der Loyalität und Ausdruck einer hohen Partizipation. Also etwa: Wir haben jetzt montags einen Rückenkurs, kommst Du mit? Hübel sagt:

„Das bedeutet, dass viele die Maßnahmen wahrnehmen und sich damit identifizieren.“

 

Führungskräfte haben Vorbildfunktion
Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle. Laut Hübel bieten sie Orientierung und haben eine Vorbildfunktion - auch bei betrieblichen Gesundheitsangeboten. „Im Optimalfall nehmen sie aktiv teil und sprechen darüber mit ihren Mitarbeitern.“

Welche Maßnahmen sinnvoll sind, hängt immer vom Unternehmen ab. „Das Angebot muss zu den Mitarbeitern und den Rahmenbedingungen passen“, sagt der Sportwissenschaftler. Der obligatorische Rückenkurs oder Obstkorb würden nur helfen, wenn damit auch der Bedarf der

Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gedeckt werde. Vielmehr gehe es beim betrieblichen Gesundheitsmanagement um eine Optimierung der Arbeitsverhältnisse. Dazu gehört die Ergonomie der Arbeitsmittel ebenso wie die Verpflegung beispielsweise in der Kantine oder Suchtprävention und die Reduzierung von Dauerstress-Quellen.

Gibt es für all das in ihrem Betrieb Ansprechpartner? Ist im Unternehmen eine Person für das Gesundheitsmanagement verantwortlich und hat sie oder er eine Stellvertretung? Diese Fragen helfen bei einer Einschätzung der Qualität.

Wertschätzung überwiegt Vielzahl an Angeboten
Der Fokus beim betrieblichen Gesundheitsmanagement sollte laut Hübel dabei auf psychosoziale Aspekte gelegt werden, auf eine positive Grundstimmung. Wichtig sei eine aktive Kultur des Vertrauens und der Wertschätzung im Unternehmen, sowohl unter Kollegen als auch zwischen Führungskräften und Mitarbeitern.

Nichtsdestotrotz: Die gesundheitsorientierte Ausrichtung der Kantine auf gesundes Essen lohne sich immer, so der Experte. Ein vegetarisches Gericht pro Woche sei aber nicht ausreichend. Größeren Effekt hat vielleicht ein „Obst- und Gemüsebeauftragter“: Eine Person, die Obst und Gemüse liebevoll in mundgerechte Happen zuschneidet, die mal eben im Vorbeigehen mitgenommen werden können. „Dabei geht es vordergründig um den wertschätzenden Aspekt – eine Person investiert extra Zeit für das Wohlergehen der Kollegen“, sagt Hübel.

Gesunde Versorgung im Betrieb prüfen
Susanne Leitzen ist Verantwortliche aus dem Fachbereich „Job&Fit - Mit Genuss zum Erfolg!“ bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Auch sie schlägt Beschäftigten vor, selbst aktiv zu werden:

„Legen Sie zusammen und bestellen Sie einen Obst- und Gemüsekorb für Ihr Büro. Oder bereiten Sie zusammen kleine, gesunde Snacks für alle vor, verbannen Sie Süßigkeiten und ordern Sie Mineralwasser für Ihr Büro.“

So entfalle das Mitbringen von zu Hause. Auch kleine Challenges unter Kollegen, wie fünf Portionen Gemüse und Obst am Tag, 1,5 Liter Wasser trinken oder 10 000 Schritte am Tag gehen, können der Ökotrophologin zufolge die Gesundheit fördern.

Das Angebot in der Kantine lässt sich der Expertin zufolge anhand verschiedener Punkte bewerten: Gibt es eine Salat- und Gemüsebar? Wechselt das Angebot je nach Saison? Steht mindestens einmal in der Woche ein Gericht mit Fisch auf der Speisekarte? Wird täglich ein vegetarisches Gericht angeboten?

Top-down: Führungsebene trägt das Management
Ein richtiges Gesundheitsmanagement funktioniere letztendlich aber immer nur „top-down“, also von der Führungsebene zu den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, stellt Hübel klar. Deshalb sollten Angestellte ihren Bedarf den Vorgesetzten anzeigen. Beschäftigte können beispielsweise im Kollegenkreis fragen, ob andere ebenfalls Bedarf sehen und das Thema etwa im nächsten Mitarbeitergespräch anbringen, rät Hübel. Wenn Mitarbeiter ohne die Unterstützung der Führungsebene eigenständig versuchen, Gesundheitsmaßnahmen umzusetzen, seien diese erfahrungsgemäß oft nicht von Dauer.

Optimal läuft es dann, wenn sich die Gewohnheiten aus dem Büro in den Alltag integrieren lassen. „Regelmäßig und langfristig wird es zur Routine und ändert das Verhalten“, erklärt Hübel. Zum Beispiel könnte sich der Geschmack ändern, was Essen betrifft oder man nimmt insgesamt öfter mal die Treppe anstatt den Fahrstuhl und wird sich bewusst, was einem nach einem anstrengenden Tag gut tut.

Quelle: dpa

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