In den USA ist der Missbrauch von Opioiden weit verbreitet. Auch in Deutschland sind die Verschreibungszahlen erheblich gestiegen. © Steven Heap / 123rf.com

Opioid-Missbrauch | USA

GESTERN FENTANYL, HEUTE HEROIN

Die Amerikaner haben ein Problem mit Opioiden: Immer mehr Menschen werden in den USA in die Notaufnahmen eingeliefert, die aufgrund einer Überdosis dort landen. So teilte die US-Gesundheitsbehörde mit, dass die Zahlen um 30 Prozent gestiegen seien; Zehntausende Menschen starben.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

Präsident Trump rief im vergangenen Oktober deshalb sogar den nationalen Gesundheitsnotstand aus.

Das Problem ist hausgemacht. Angefangen hat alles Mitte der 1990er-Jahre basierend auf einer Kampagne, mit der amerikanische Ärzte zur vermehrten Verordnung von Opioiden zur Schmerzbekämpfung aufgefordert wurden. Fortan wurden die starken Analgetika äußerst großzügig verordnet - und viele Amerikaner rutschten in die Abhängigkeit, konsumieren heute die illegale Droge Heroin oder Fentanyl und andere verschreibungspflichtige Schmerzmittel. Die geschäftsführende Chefin der US-Gesundheitsbehörde, Anne Schuchat, nannte es „eine Herausforderung, mit der sich rasant ausbreitenden Epidemie Schritt zu halten.“ Besonders groß ist das Problem im Mittleren Westen der USA, wo zwischen Juli und 2016 und September 2017 eine Zunahme der Opioid-Überdosen um 70 Prozent gemeldet wurde. Ein weiterer Brennpunkt sind die Großstädte: In 16 Bundesstaaten ist die Zahl der Betroffenen dort um 54 Prozent angestiegen.

Kann so etwas auch in Deutschland passieren? „Schmerzpatienten hierzulande erhalten in der Regel nur dann Opioide, wenn die strengen Regeln der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtmVV) und des Betäubungsmittelgesetztes (BtmG) eingehalten werden“, betont der Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) Oliver Emrich. Lediglich bei rund ein bis drei Prozent der mit Opioiden behandelten Schmerzpatienten komme es trotz Einhaltung aller Vorsichtsmaßnahmen zu Abhängigkeitssymptomen unter der Behandlung mit Opioiden. Den Massenmissbrauch in den USA sieht Emrich darin begründet, dass es ein Controlling von Schmerzpatienten unter Opioiden dort bislang nicht gebe: „Wir haben hier erheblich bessere und strengere Behandlungsregelungen sowie gesetzliche Regelungen, um eine so fatale Entwicklung, wie wir sie in den USA sehen, wirkungsvoll zu verhindern.“

Dem widerspricht Christoph Stein, Direktor der Klinik für Anaesthesiologie und operative Intensivmedizin an der Charité Berlin: „Der Pro-Kopf-Verbrauch von Opioiden ist in Deutschland bereits erschreckend hoch und unterscheidet sich kaum noch von dem in den USA.“ Der Tageszeitung „Die Welt“ gegenüber sagte Stein, dass seine Kollegen zu häufig zu große Mengen an Schmerzmitteln verschrieben, etwa nach Zahn-OPs. Nach einigen Tagen seien die Schmerzen dann verschwunden, die Packung aber noch längst nicht aufgebraucht. Das eröffne den Weg in die Sucht. Und: Sind die Patienten erst einmal abhängig, begnügen sie sich nicht mehr mit einer Tablette. Schmerzpflaster würden ausgekocht, um den konzentrierten Wirkstoff zu gewinnen, Pillen zerstoßen und dann geschnupft, damit der Wirkstoff sofort wirkt. Und so kann es denn auch in Deutschland zu gefährlichen Opioid-Überdosen kommen.

 

Alexandra Regner,
PTA, Redaktion

Quelle: Deutsche Apotheker Zeitung
   Spiegel online
   Die Welt

×