Botanicals
GEGEN DAS TRÖPFELN
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Der amerikanische Botaniker Sereno Watson (1826 – 1982) gab der Sägepalme (Serenoa repens (W. Bartram) Small, Syn. Sabal serrulata (Michx.) Nutt.) ihren botanischen Namen. Die Heimat der mehrstämmigen, buschförmig wachsenden Zwergpalme aus der Familie der Palmengewächse (Areca- ceae) sind die küstennahen Südstaaten Nordamerikas. Vor allem in South Carolina und Florida ist sie auf sandigen Böden in Dünen oder im Unterwuchs von Kiefernwäldern zu finden. Zudem gedeiht Serenoa repens in anderen Regionen mit mildem, sonnigem Klima, weshalb sie auch im tropischen Mittel- und Südamerika verbreitet ist und wild in Mittelmeerländern wie Südspanien und auf Mallorca wächst.
Dekorative FächerDie Palmenart erreicht Wuchshöhen von bis zu drei Metern. Aber selten stehen ihre Stämme aufrecht, vielmehr sind sie unterirdisch oder niederliegend und an der Oberfläche kriechend, was der Palme den Artnamen repens (= lat. kriechend) eingebracht hat. Die Stämme sind mit ausdauernden Blattscheiden bedeckt, die sich in eine Matte von dunkelbraunen Fasern vergrößern. Daraus entspringen die für die Palmenart charakteristischen fächerförmigen, blaugrünen Blätter, die aus 18 bis 24 langen, schmalen Einzelblättern zusammengesetzt sind. Sie besitzen ebenso wie ihre ein bis 1,5 Meter langen Blattstängel eine sägenartige, feine Zähnung. Diese hat zur deutschen Bezeichnung Sägepalme und ihrem gebräuchlichen Synonym Sägezahnpalme geführt. Auch der alte lateinische Name Sabal serrulata nimmt darauf Bezug (lat. serra = Säge und lat. serratus = sägeförmig gezähnt).
Olivenähnliche Früchte Die kleinen weißen Blüten sind in dicht behaarten, kolbenartigen, aufrechten Blütenständen angeordnet, die etwa gleich lang wie die Laubblätter sind. Sie stehen zwischen den Blättern und werden meist von ihnen verdeckt. Zwischen August und Oktober reifen daraus etwa olivengroße eiförmige, dunkelrote Früchte, die beim Trocknen schwarz werden. Arzneilich werden die reifen, getrockneten Früchte der Sägepalme, auch Sabalfrucht genannt, genutzt. Es handelt sich dabei um einsamige Beeren (Steinfrucht). Sie enthalten als Hauptbestandteile fettes Öl, freie Fettsäuren und Sterole (Phytosterole wie beta-Sitosterol und dessen Glucosid).
Jahrhundertlanger Gebrauch Ihre Verwendung lässt sich historisch bis zu den Mayas zurückverfolgen. Viele weitere indigene Völker Nord- und Mittelamerikas verzehrten die Beeren aufgrund ihres hohen Ölgehaltes als kräftesteigerndes Aufbaumittel, auch wenn die Früchte durch das Palmöl einen äußerst unangenehmen Geruch und Geschmack aufweisen. Daneben wurden aus ihren Blättern viele verschiedene alltägliche Utensilien wie Körbe, Matten, Werkzeuge oder Spielzeuge hergestellt. Eine medizinische Verwendung begann im 19. Jahrhundert. Sabalöl diente für unterschiedlichste Rezepturen gegen diverse Frauen- und Männerleiden. Unter anderem war es ein begehrtes Aphrodisiakum. Die Volksheilkunde schätzt die Sägepalme heute noch zur Behandlung von Regelschmerzen und bei Blasenentzündungen. Auch ist sie als Tonikum und Expektorans gebräuchlich. Anfang des 20. Jahrhunderts erkannte man schließlich auch ihr Potenzial zur Verbesserung von Prostataleiden.
Eine Teezubereitung ist nicht sinnvoll, da der Anteil an fettlöslichen Inhaltsstoffen im Tee zu gering ist.
Gute Symptomlinderung bei BPH Seitdem haben hochwertige Sägepalmextrakte einen festen Platz in der Therapie von Beschwerden beim Wasserlassen aufgrund einer gutartig vergrößerten Prostata (benigne Prostata-Hyperplasie, BPH). Die lipophilen Extrakte führen zu einem Rückgang der Beschwerden beim Wasserlassen, verbessern den Harnstrahl durch Erhöhung des Harnflusses und reduzieren die Bildung von Restharn. Zurückgeführt werden die Effekte vor allem auf eine Hemmung der 5-alpha-Reduktase, die eine wesentliche Bedeutung bei der Entstehung der BPH besitzt, indem sie die Umwandlung von Testosteron in das androgen wirksame und für das Prostata-Wachstum notwendige Dihydrotestosteron katalysiert. Zudem geht man von spasmolytischen Effekten auf die glatte Muskulatur von Blasenboden, Harnröhre und Prostata aus, die den Druck auf die Harnröhre reduzieren. Auch werden entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen angenommen, die positiv auf entzündlich-irritative Veränderungen des Prostata-Gewebes Einfluss nehmen.
Well-established Use und Traditional Use Bereits die Kommmission E des ehemaligen Bundesgesundheitsamtes hat 1989 Sägepalmextrakte positiv monographiert und eine Empfehlung für die Anwendung bei der BPH gegeben. Inzwischen wurde die Bewertung vom Ausschuss für pflanz- liche Arzneimittel (HMPC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) bestätigt, wobei zwei Monographien existieren. Zum einen hat das Komitee einen Dickextrakt mit dem Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) von 7 bis 11:1, der unter der Verwendung des Auszugsmittels Hexan hergestellt wird, in den Dosierungen 320 mg/Tag und zweimal 160 mg/Tag den „Well-established Use“ Status anerkannt und damit die Wirksamkeit dieses Extrakts aufgrund der guten Studienlage als belegt bestätigt.
Mit Hexan ausgezogene Extrakte sind allerdings in Deutschland nicht erhältlich. Bei uns vertriebene Sägepalmextrakte werden mit dem Auszugsmittel Ethanol 90 oder 96 Prozent hergestellt, deren DEV sich zwischen 7,5 bis 14,3:1 bewegt. Diese Dickextrakte sind nicht mit einem Hexan-Extrakt vergleichbar und weisen eine schwächere Studienlage auf. Daher hat das HMPC dem ethanolischen Extrakt lediglich den Status „Traditional Use“ zugesprochen. Basierend auf langjähriger Erfahrung können diese in einer täglichen Dosierung von 320 mg zur Linderung der Symptome der BPH eingesetzt werden, nachdem schwere Erkrankungen ärztlich ausgeschlossen wurden.
Nicht ohne ärztlichen Rat Dieser Hinweis ist sehr wichtig. Da Sägepalmextrakte nur die Symptome verbessern, aber nicht in der Lage sind, Einfluss auf das Wachstum der Prostata zu nehmen, müssen Patienten mit einer vergrößerten Prostata regelmäßig vom Arzt untersucht werden. Die Prostata muss nicht nur altersbedingt und somit gutartig vergrößert sein. Möglich ist durchaus auch ein Wachstum, das auf einen bösartigen Tumor zurückzuführen ist.
Phytos, NEM, Kombis In den Apotheken sind nicht nur Phytotherapeutika, also als Arzneimittel zugelassene Präparate, erhältlich. Daneben tummeln sich zahlreiche Nahrungsergänzungsmittel (NEM) auf dem Markt. Diese NEM-Extrakte sind weder miteinander noch mit einem Arzneimittelextrakt vergleichbar. Zudem können Wirksamkeitsbelege, die mit standardisierten pflanzlichen Arzneimitteln gemacht wurden, nicht einfach auf die NEM übertragen werden. Darüber hinaus sind noch Kombinationspräparate im Handel. Gute Ergebnisse zeigen Phytotherapeutika, die 320 mg Extrakt der Sägepalme mit 240 mg Trockenextrakt aus Brennnesselwurzeln verbinden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 66.
Gode Chlond, Apothekerin