Füße © Kikovic / iStock / Getty Images
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Phytotherapie

GEFÄSSE PFLANZLICH ABDICHTEN

Venenleiden gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der westlichen Welt. Etwa jede fünfte Frau und jeder sechste Mann leidet an Krampfadern. Pflanzliche Venentherapeutika stellen eine wirkungsvolle Therapieoption dar.

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Eine chronische Venenschwäche (chronisch venöse Insuffizienz, CVI) entwickelt sich schleichend in Folge einer andauernden venösen Rückflussstörung. Erste Symptome sind Juckreiz, Brennen oder Schweregefühl in den Beinen. Später folgen Spannungsgefühle, die sich im weiteren Verlauf mit Schwellungen und Krampfadern optisch bemerkbar machen. Dabei spielen entzündliche Veränderungen, die mit Wassereinlagerungen (Ödeme), Durchblutungsstörungen und Thrombenbildung einhergehen, eine zentrale Rolle.

Wird nichts unternommen, staut sich das Blut aufgrund einer zunehmenden Venenklappeninsuffizienz immer mehr, was schlimmstenfalls in Unterschenkelgeschwüren (Ulcus cruris) endet. Um das Voranschreiten eines Venenleidens möglichst aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen, ist eine frühzeitige und konsequente Therapie notwendig. Dabei stellen orale pflanzliche Venentherapeutika einen wichtigen Baustein dar. Experten bescheinigen ihnen bei der Behandlung der CVI den gleichen Stellenwert wie einer Kompressionstherapie.

Werden beide Behandlungsmöglichkeiten kombiniert, lässt sich der Therapieerfolg sogar noch verbessern. Damit orale Venenpräparate richtig wirken können, ist eine regelmäßige Einnahme in ausreichender Dosierung erforderlich. Dann können sie dazu beitragen, die Permeabilität der Gefäße zu verringern. Entzündungsprozesse werden minimiert, eine Ödembildung verhindert beziehungsweise bestehende Ödeme reduziert. Traditionell kommen zur Linderung der Venenprobleme noch Salben und Gele äußerlich zum Einsatz.

Rosskastanie Klassiker unter den pflanzlichen Venentherapeutika sind Extrakte aus den Samen der Rosskastanie (Aesculus hippocastanum L.), einem bis zu 30 Meter (m) hoch wachsenden Baum aus der Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae). Gefäßabdichtende, antiexsudative, venentonisierende und entzündungshemmende Wirkungen sind für standardisierte Fertigarzneimittel bei Venenschwäche in Studien nachgewiesen worden. Die Ergebnisse belegen, dass die Einnahme von Rosskastanien-​Extrakt bei CVI ebenso wirksam ist wie eine Behandlung mit Kompressionsstrümpfen der Klasse II. Es kommt zu einer signifikanten Abnahme der Beschwerden und der fortschreitende Verlauf der CVI wird verzögert.

Die Kommission E nennt als Indikation eine chronisch venöse Insuffizienz (Schmerzen und Schweregefühl in den Beinen, Wadenkrämpfe, Juckreiz, Beinschwellungen). Die ESCOP führt zusätzlich noch Krampfadern auf. Die Wirkung der Samen beruht auf einem komplex zusammengesetzten Triterpensaponingemisch, das als Aescin bezeichnet wird und aus mehr als 30 Saponinglykosiden besteht. Daneben finden sich unter anderem noch Flavonoide, Cumarine, Gerbstoffe, Stärke und fettes Öl. Als wirksame Tagesdosis gelten 100 Milligramm (mg) Aescin. Da Saponine den Magen reizen, wird die Einnahme der Rosskastanien-Extrakte in retardierter Form empfohlen.

Pflanzliche Venentherapeutika sind regelmäßig und ausreichend hoch dosiert über einen längeren Zeitraum einzunehmen.

Rotes Weinlaub Ähnliche Effekte zeigen Phythotherapeutika mit Extrakten aus dem Roten Weinlaub der Roten Weinrebe (Vitis vinifera L. var. Tinctoria). Sie ist ein bis zu 30 m hoch kletternder Strauch mit verzweigten Sprossranken aus der Familie der Weinrebengewächse (Vitaceae). Die sich im Herbst dunkelrot verfärbenden Blätter bilden die Arzneidroge. Die medizinische Verwendung von Rotem Weinlaub bei Venenentzündungen hat bereits eine lange Tradition. Heute liegt der Extrakt als modernes pflanzliches Venentherapeutikum vor, dessen Wirksamkeit bei innerlicher Anwendung durch klinische Studien belegt ist.

Eine placebokontrollierte Studie an 248 Venenpatienten konnte beispielsweise zeigen, dass die einmal tägliche Einnahme eines Extraktes aus rotem Weinlaub nicht nur die Durchblutung und Sauerstoffversorgung in den Beinen steigert, sondern auch Schwellungen und Schmerzen signifikant reduziert. Die Effekte beruhen auf den Flavonoiden (Isoquercetin, Quercetin und Kämpferol), die endothelprotektive Wirkungen besitzen und damit in der Lage sind, den Austritt von Flüssigkeit in umliegendes Gewebe zu reduzieren und sich daraus entwickelnde Entzündungsprozesse zu verhindern.

Zudem verbessert der Rote Weinlaubextrakt die Mikrozirkulation in den Venen und die Sauerstoffversorgung im Gewebe. Ödeme verringern sich, Schmerzen und Spannungsgefühle nehmen ab, thrombotische Reaktionen werden unterbunden. Die empfohlene Tagesdosis beträgt je nach Beschwerden 360 bis 720 mg Trockenextrakt.

Japanischer Schnurrbaum Positive Studienergebnisse mit antiödematösen Effekten liegen auch für Präparate vor, die das halbsynthetische Flavonoid Oxerutin enthalten. Oxerutin ist ein Hydroxyethylrutosid, das aus Rutosid, einem Bioflavonoid, gewonnen wird. Dieses liegt in den Blüten des Japanischen Schnurbaums (Sophora japonica L.), einem bis zu 30 m hohem Baum aus Ostasien aus der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae), vor. Da Rutosid aber nach peroraler Einnahme schlecht resorbiert wird, wandelt man es partialsynthetisch ab. Die empfohlene Tagesdosis beträgt 500 bis 1000 mg Oxerutin.

Stechender Mäusedorn Auch der Stechende Mäusedorn (Ruscus aculeatus L.) aus der Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae) enthält wie die Rosskastanie Saponine. Außerdem kommen Phytosterole und Triterpene vor. Als venenwirksame Inhaltsstoffe gelten die Steroidsaponine Ruscin und Ruscosid (als Ruscogenine bezeichnet), die sich im Wurzelstock der mediterranen Pflanze finden. Es werden 7 bis 11 mg Gesamtruscogenin als Tagesdosis empfohlen. Schon in der Antike bis ins 16. Jahrhundert war das Spargelgewächs für die Anwendung bei Wassersucht bekannt.

Heute existieren positive Monographien der Kommission E und der ESCOP, in denen Extrakte des Mäusedornwurzelstocks sowie deren Zubereitungen zum Einnehmen zur unterstützenden Therapie von Beschwerden bei CVI wie Schmerzen und Schweregefühl in den Beinen, nächtlichen Wadenkrämpfen, Juckreiz und Schwellungen angeraten werden. Da Mäusedornwurzelextrakt verträglicher als Rosskastanienextrakt sein soll, kann er eine Alternative für Patienten sein, die Rosskastanienpräparate nicht vertragen.

Echter Steinklee Ebenso hat das zur Blütezeit geerntete, getrocknete Kraut des Echten Steinklees (Meliotus officinalis L.) aus der Familie der Schmetterlingsblütengewächse (Fabaceae) von der ESCOP und Kommission E eine positive Beurteilung für den innerlichen Gebrauch gegen Beschwerden bei CVI erhalten. Seine Wirksamkeit bei Venenbeschwerden wird vor allem auf Cumarine zurückgeführt, deren empfohlene Tagesdosis 30 mg betragen.

Zudem sind Melilotosid, Triterpensaponine und Flavonoide enthalten. Steinkleekraut hat antiödematöse Effekte, die vor allem auf einer Steigerung der Kapillarresistenz und Senkung der Gefäßpermeabilität beruhen. Unter den Venentherapeutika sind vor allem homöopathische Zubereitungen mit Steinkleekraut zu finden. Einreibungen mit Steinklee-Öl werden traditionell bei müden und schmerzenden Beinen sowie bei Wadenkrämpfen verwendet.

Den Artikel finden Sie auch in unserem Sonderheft „Phytotherapie und alternative Heilmethoden“ ab Seite 46.

Gode Chlond, Apothekerin

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