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Tätowierungen

GEFÄHRLICHE BILDER

Tattoos wurden in den letzten Jahren immer beliebter. Doch schon das Stechen des Körperschmucks birgt Risiken – Hygiene ist hierbei oberstes Gebot. Doch was macht man, wenn man ihn wieder los werden will?

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Tätowieren ist ein uraltes Phänomen. Es findet sich in vielen Weltkulturen und die Spuren sind zum Teil mehrere tausend Jahre alt. Sie zeigten Stammes- oder Religionszugehörigkeiten an, waren Schmuck, Symbol einer Rebellion oder Kennzeichen von Ausgegrenzten

Tausende von Nadelstichen für die Schönheit Bei einer Tätowierung wird Farbe mithilfe einer speziellen elektrischen Maschine in die Haut eingebracht. Sie arbeitet mit Nadeln, die die Farbe mit etwa drei- bis viertausend Stichen pro Minute in die Haut schießen.

Etwa ein bis zwei Milligramm Farbe pro Quadratzentimeter Haut sind nötig, um ein Bild entstehen zu lassen. Dabei muss die Tinte in die mittlere Hautschicht, die Dermis, eingebracht werden. In der obersten Hautschicht, der Epidermis, würde sich das Bild nach einigen Wochen auflösen, da sich diese Hautschicht erneuert. Zu tief gestochen, würde eine starke Blutung ausgelöst, die die Farbteilchen mit ausschwemmen würde. In der Dermis hingegen werden die Farbpartikel vom Immunsystem als Eindringlinge erkannt, eingekapselt und so permanent erhalten.

Da die Tätowiermaschine die Haut verletzt, bildet sich nach dem Nadeln eine Verkrustung, die nach etwa zwei Wochen abfällt. Dann ist das eigentliche Tattoo erkennbar – und hält ein Leben lang. Gerade bei großflächigen Bildern ist während der Heilungsphase die Gefahr einer Entzündung besonders hoch.

Hygiene und Ausbildung nicht reglementiert Bei einem solch relativ schweren Eingriff wundert es, dass Tätowierer keine geschützte Berufsbezeichnung ist. Es gibt auch keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Technik, des Werkzeugs oder der verwendeten Farben. Hygienevorschriften gibt es zwar, doch ihre Einhaltung wird nur sehr selten überprüft.

Der Markt reguliert sich also lediglich über die Konkurrenz. Zwar wird sich ein stümperhaft arbeitender Tätowierer nicht lange halten, doch den Menschen, die sich dann bereits Entzündungen oder gar eine HIV- oder Hepatitisinfektion eingefangen haben, nützt das wenig. Hinzu kommt, dass das Jugendschutzgesetz das Tätowieren von Minderjährigen ab 16 Jahren nicht verbietet.

Es ist aber fraglich, ob man sich in diesem Alter schon über die weit reichenden Konsequenzen im Klaren ist, die dies mit sich bringt. Wer sich dafür entscheidet, sollte das mit klarem Kopf tun, unbedingt darauf achten, ob der Tätowierer hygienisch arbeitet und ob er ausführlich berät. Ein guter Tätowierer wird einen Minderjährigen nie tätowieren, ohne dass mindestens ein Elternteil anwesend ist.

Je bunter, desto riskanter Doch auch bei gewissenhaft arbeitenden Tätowierern bleibt ein Risiko, denn die Farbstoffe enthalten zum Teil gefährliche Substanzen. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil kleinere Farbpartikel nicht eingekapselt, sondern vom Gewebewasser in die Lymphknoten gespült werden und von dort sogar ins Blut gelangen können. Bläschen und Rötungen sind gerade bei großflächigen Bildern sehr häufig. Eiter unter der Haut kurz nach dem Stechen weist auf eine Infektion hin und lässt auf unhygienische Arbeit schließen.

Nach spätestens vier Wochen sollte die tätowierte Haut abgeheilt sein. Wer danach noch über Beschwerden wie Kribbeln, Rötungen oder Schmerzen klagt, verträgt die Farbe wahrscheinlich nicht. Wenn man sich anschaut, was in Tätowierfarben gefunden wird, wundert das nicht. Etwa 300 verschiedene Farben sind bekannt, doch ein Gesetz zu ihrer Überprüfung gibt es nicht.

Im Prinzip kann jeder Hersteller seinen individuellen Farbencocktail mixen. Schwarz besteht zwar meist tatsächlich nur aus Tinte oder Ruß, es wurden vereinzelt aber auch Teer und Gummibestandteile gefunden. Bei bunten Bildern kommen häufig Farbstoffe zum Einsatz, die man aus anderen Bereichen kennt, wie Autolacke oder Plastikfarbstoffe. Diese Farben können Schwermetalle wie Nickel, Chrom oder Quecksilber enthalten und leicht Kontaktallergien auslösen. Schwierig, wenn man das Allergen dann mit der Farbe permanent in sich trägt.

Widersprüchlich werden Azofarbstoffe diskutiert. Angeblich will man diese Krebs erregenden Stoffe auch in Tätowierfarben gefunden haben, bestätigt ist der Verdacht jedoch nicht. Allerdings: Es gibt Reglementierungen für die Verwendung bestimmter gefährlicher Azofarbstoffe in Lebensmitteln, Textilien und Leder – aber nicht für Tätowierfarben!

Wenn das Bild weg soll Seit Tattoos zur Mode geworden sind, unterliegen sie auch wechselnden Trends. Manch einer bereut dann das Ornament über dem Po oder die bunten Schwalben auf dem Dekolleté. Eine Entfernung ist möglich, aber langwierig und nicht ohne Risiken. Während das Bild früher abgeschliffen wurde, ist heute die Laserbehandlung das Mittel der Wahl, wofür meist mehrere Sitzungen nötig sind.

Mit den Laserstrahlen werden die Farbpigmente so erhitzt, dass sie quasi explodieren. Dadurch entstehenden kleinere Farbpartikel, die der Körper zersetzen und ausscheiden kann. Nicht immer funktioniert das jedoch vollständig; manchmal bleibt ein unansehnlicher Schatten zurück. Hinzu kommt, dass gefährliche Farbstoffe, die bisher verkapselt waren, nun in die Blutbahn gelangen können.

ZUSATZ-INFORMATIONEN
Die Bio-Lüge
Dem schnell wechselnden Modetrend soll eine neue Form der Tätowierung Rechnung tragen: das Bio-Tattoo. Dabei werden angeblich unschädliche Farben lediglich in die oberste Hautschicht geschossen. Das Versprechen dabei: Das Tattoo hält nur eine begrenzte Zeit und verblasst nach und nach, weil sich die Haut erneuert. Doch kaum ein Tätowierer schafft es, die Farbpartikel so punktgenau in die oberste Hautschicht einzubringen.

Tatsächlich entsteht meist eine Mischform, das heißt, die Farben, die in der Epidermis sind, sind nach etwa vier Wochen wieder verschwunden, wenn sich diese Hautschicht komplett erneuert hat. Die versehentlich in die tiefere Hautschicht geschossenen Pigmente bleiben jedoch so lange bestehen wie beim normalen Tattoo. Übrig bleibt meist ein völlig verwaschenes, permanentes Bild, das dann auch wieder nur mit den herkömmlichen Methoden entfernt werden kann.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/13 ab Seite 150.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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