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Viren & Bakterien – Teil 4

GEFÄHRLICH VERÄNDERT

Als wichtige Komponente der Darmflora und Indikatorkeim zum Nachweis fäkaler Verunreinigungen ist Escherichia coli (E. coli) gut bekannt. Davon zu unterscheiden sind krankmachende Vertreter der Spezies.

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Durch zusätzliche Gene, die ihnen von anderen Keimen übertragen werden, haben manche der Bakterien andere Eigenschaften erworben und sich so zu Erregern intestinaler Infektionen entwickelt. Zu den darmpathogenen E. coli-Varianten gehören zum Beispiel die enterotoxischen E. coli , Haupterreger von Reisediarrhöen.

Zu größerer Bekanntheit haben es die EHEC (Enterohämorrhagische E. coli) geschafft, deren Name darauf verweist, dass diese Stämme Darmblutungen auslösen können. Die spezifischen Oberflächenantigene ihrer äußeren Zellmembran ermöglichen eine mikrobiologische Differenzierung: Nach den Lipopolysacchariden, den sogenannten O-Antigenen, teilt man die EHEC in verschiedene Serogruppen ein. Außerdem werden sogenannte Serovare unterschieden, bei denen zusätzlich nach Vorhandensein und Art von Proteinen, den H-Antigenen, klassifiziert wird.

Virulenz EHEC zeichnen sich durch die Produktion bestimmter starker Zellgifte aus: den Shigatoxinen (auch Verotoxine). Diese Substanzen binden an Zellrezeptoren, insbesondere an Endothelzellen kleiner Blutgefäße des Darms, der Niere oder auch des Gehirns. Darüber hinaus stellen sie Hämolysin her, einen Stoff, der rote Blutkörperchen zerstört. Klinisch manifestiert sich die Infektion mit Durchfällen, Übelkeit und Erbrechen. In 10 bis 20 Prozent der Fälle entwickelt sich die namengebende enterohämorrhagische Kolitis, eine schwere Darmentzündung mit blutigem Durchfall, der mit starken Bauchkrämpfen einhergeht.

PRÄVENTION: KONSEQUENTE KÜCHENHYGIENE
+ Grundsätzlich rohes Fleisch getrennt von anderen Lebensmitteln aufbewahren und zubereiten
+ Speisen beim Garen auf Kerntemperaturen von über 70 °C für mindestens zehn Minuten erhitzen
+ Auch bei Verwendung der Mikrowelle auf ausreichend lange Erhitzung achten. Diese Geräte erhitzen Speisen von außen nach innen; man muss unbedingt für Temperaturausgleich sorgen. Kältenester (cold spots) kann man verhindern, indem man zwischendurch umrührt.
+ Fleisch, insbesondere Gehacktes, nur gut durchgegart verzehren.
+ Rohe Milch vom Bauernhof vor dem Konsum abkochen.

Besonders schwere Verläufe kommen bei Säuglingen, Kleinkindern und Älteren vor sowie bei Menschen mit Abwehrschwäche. Es gibt auch Träger der pathogenen Keime, die selbst nicht oder kaum erkranken, die Erreger aber ausscheiden. Eine gefürchtete Komplikation, das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), tritt vor allem bei kleinen Kindern auf. Es ist gekennzeichnet durch eine gefährliche Kombination einer Zerstörung von Erythrozyten in kleinen Gefäßen mit einem Verlust an Blutplättchen und folgender Gerinnungsstörung sowie akutem Nierenversagen. Auch noch Wochen nach einer Infektion können Menschen die Keime ausscheiden.

Infektionswelle Viele erinnern sich noch an den großen Ausbruch 2011, als in Deutschland mehr als 4000 Menschen schwer an einer EHEC-Infektion erkrankten und über 50 daran verstarben. Der damals verantwortliche, besonders aggressive Stamm O104:H4 war eine Rekombinante aus zwei verschiedenen E. coli-Varianten, die bisher weder bei Tieren noch in der Natur isoliert werden konnte, nur beim Menschen.

Robust und hoch ansteckend Die pathogenen E. coli kommen vor allem bei Wiederkäuern wie Rind, Schaf und Ziege, aber auch Hirschen und Rehen vor; für diese Wirte sind sie nicht pathogen. Die Tiere scheiden die Erreger mit dem Kot aus, wo sie problemlos über mehrere Wochen überleben können. Auch an verschiedensten Oberflächen haften und überdauern sie dank Biofilm-Bildung viele Wochen.

»Untersuchungen zeigten, dass EHEC auch von Fliegen auf Lebensmittel übertragen werden können.«

Die Übertragung geschieht durch direkten Kontakt mit Tieren oder den Verzehr kontaminierter Lebensmittel. Bereits zehn bis hundert Bakterien können eine Infektion auslösen. Aufgrund ihrer hohen Säureresistenz passieren sie unbeschadet den Magen. Die Keime sind auch unempfindlich gegenüber tiefen Temperaturen und überstehen zum Beispiel in Tiefkühlgut Monate bei minus 20 °C. Gefährlich sind vor allem Rohmilch, Rohmilchkäse, rohes Fleisch und streichfähige Rohwurst wie etwa Mettwurst.

Auch alle pflanzlichen Lebensmittel, die mit Tierfäkalien in Berührung kommen), können die Erreger enthalten: Salat und rohes Gemüse, Obst, Sprossen oder nicht-pasteurisierter Apfelsaft. Auch mit Fäkalkeimen verunreinigtes Trinkwasser sowie Badegewässer können Infektionsquellen sein. Untersuchungen zeigten, dass EHEC – genau wie diverse andere Pathogene – auch von Fliegen auf Lebensmittel übertragen werden können. Bei engem Zusammenleben wie in Familien oder Heimen kommt es auch zu einer Ansteckung von Mensch zu Mensch.

Hier finden Sie die anderen Teile der Artikelreihe:
Teil 1
Teil 2
Teil 3

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 84.

Waldtraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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