Glaskörpertrübung
FLIEGENDE MÜCKEN IN SICHT
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Kleine schwarze Punkte tanzen vor dem Auge – und prompt ist manch ein Betroffener davon überzeugt, winzige Insekten würden unmittelbar vor seinem Gesicht umherschwirren. Doch das ist bei einer Glaskörpertrübung natürlich nicht der Fall. Mouches volantes nennen Augenärzte das zwar recht lästige, aber glücklicherweise in aller Regel ungefährliche Phänomen. Der französische Begriff bedeutet wörtlich übersetzt „fliegende Fliegen“, im deutschen Sprachgebrauch ist die Rede von „fliegenden Mücken“. Bei den auch als Floater bezeichneten Gebilden handelt es sich um Glaskörpertrübungen, die meist altersbedingt sind.
Typisches Altersproblem Ein Blick ins Auge verdeutlicht, wie es dazu kommt: Der gelartige, transparente Glaskörper, der dem Augapfel Stabilität und Halt gibt, füllt rund zwei Drittel unseres Augeninneren aus. Er wird nach vorne durch die Linse und nach hinten durch die Netzhaut (Retina) eingegrenzt. Zu 98 Prozent besteht der Glaskörper aus Wasser, zudem aus Hyaluronsäure und einem Netz aus Kollagenfasern. Mit zunehmendem Alter wird auch der Glaskörper flüssiger und verliert seine gleichmäßige Struktur. Die Kollagenfasern können verklumpen, als kleine Gewebeverdichtungen in der Glaskörperflüssigkeit schwimmen und Schatten auf die Netzhaut werfen.
Diese Schatten werden dann als faden- oder schlangenförmige Gebilde, als Flusen oder schwarze Punkte wahrgenommen. Bei den „fliegenden Mücken“, die natürlich nur der Betroffene selbst sehen kann, handelt es sich also weder um Einbildung noch um eine Sinnestäuschung. Die seltsamen Gebilde, die sich mit dem Blick mitbewegen, schwimmen tatsächlich im Glaskörper umher – und sind im fortgeschrittenen Alter bei weitem keine Seltenheit. Im Gegenteil: Rund zwei Drittel der 65- bis 85-Jährigen kennen die tanzenden Mücken aus eigener Erfahrung. Kurzsichtige Menschen machen oft schon in jüngeren Jahren mit den Flusen und Punkten Bekanntschaft.
Das Gehirn überlisten
Ärzte raten ihren Patienten oft, harmlose Punkte, Flusen und ähnliche huschende Gebilde vor dem Gesichtsfeld zu ignorieren. Das Gehirn lernt dann, sie im Alltag schlichtweg zu übersehen. Darüber hinaus können auch einige Tricks helfen, Augen und Oberstübchen von den „fliegenden Mücken“ abzulenken:
+ An sonnigen Tagen und im Schnee ist eine Sonnenbrille mit hohem Lichtschutz und getönten Gläsern ein sehr sinnvoller Begleiter.
+ Zu Hause lenken farbige Wände, gemusterte Tapeten und dekorative Elemente wie Bücherregale und Bilder von Floatern ab. Hingegen werden sie auf weißen, kahlen Wänden besonders stark wahrgenommen.
+ Wer viele Stunden am Computer verbringen muss, sollte seinen Augen unbedingt Entlastung und regelmäßige Bildschirmpausen gönnen. Dann ist es z. B. ratsam, den Blick bewusst in die Ferne schweifen zu lassen. Hilfreich kann es sein, die Helligkeit des Bildschirms zu reduzieren.
Störend, aber harmlos Die gute Nachricht: Mouches volantes, so lästig sie für Betroffene auch sein mögen, sind in aller Regel vollkommen harmlos. Sie mindern die Sehstärke nicht, können das subjektive Sehempfinden allerdings durchaus beeinträchtigen. Besonders intensiv und störend werden die durch das Gesichtsfeld schwebenden Fussel und Fäden meist wahrgenommen, wenn man auf einen hellen Hintergrund schaut.
Beim Lesen oder Arbeiten am Computer können sie deshalb zu einer echten Last werden. Je näher sich die Floater an der Netzhaut befinden, umso schärfer und deutlicher machen sie sich bemerkbar. Im Laufe der Zeit entfernen sich die Gebilde allerdings immer mehr von der Netzhaut, wodurch sie schließlich unschärfer und schwächer wahrgenommen werden. Irgendwann sind sie dann oft von selbst wieder verschwunden – oder der Betroffene hat gelernt, sie zu übersehen. Ein gezieltes Training kann helfen, die fliegenden Mücken künftig einfach zu ignorieren.
Check-up beim Augenarzt Tritt das Phänomen des Mückenflugs erstmals auf, ist unbedingt ein Arztbesuch ratsam. Der Grund: Nur der Augenarzt kann eine harmlose, altersbedingte Glaskörpertrübung zuverlässig von anderen Erkrankungen unterscheiden, die mit ähnlichen Symptomen einhergehen. Nach einer ausführlichen Befragung des Patienten kann der Mediziner die Pupille medikamentös weitstellen, um den Augenhintergrund gründlich zu inspizieren. Die Untersuchung ist schmerzfrei, jedoch dürfen Patienten danach nicht gleich mit dem Auto fahren. Denn durch pupillenerweiternde Augentropfen kann das Sehvermögen für einige Stunden beeinträchtigt werden.
Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang auch, dass nicht alle merkwürdigen Gebilde und Strukturen, die plötzlich ins Blickfeld geraten, so harmlos sind wie Mouches volantes. So können beispielsweise schlagartig und massiv auftretende dunkle Punkte im Gesichtsfeld, die einem Rußregen gleichen, auf Blutungen im Glaskörper hinweisen. Sie stellen einen medizinischen Notfall dar, denn es besteht die Gefahr eines Netzhautabrisses. Sind die Glaskörpertrübungen mit der Wahrnehmung von Lichtblitzen verbunden, kann eine hintere Glaskörperabhebung vorliegen, die zu einer Netzhautablösung führen kann. In diesem Fall sollte kurzfristig ein Augenarzt konsultiert werden, der entscheiden kann, inwiefern eine Behandlung notwendig ist.
Behandlung meist nicht erforderlich Bei einer harmlosen, altersbedingten Glaskörpertrübung ist keine Therapie erforderlich. Leidglich bei sehr ausgeprägten Beschwerden, die die Lebensqualität Betroffener stark einschränken, kann eine Behandlung in Erwägung gezogen werden. Möglich ist es in Ausnahmefällen, den Glaskörper zusammen mit den Trübungen operativ zu entfernen und durch Kochsalzlösung zu ersetzen. Der Eingriff, der als Vitrektomie bezeichnet wird, birgt allerdings diverse Risiken, wie Blutungen, Netzhautablösungen und Infektionen, und kann sogar eine Erblindung zur Folge haben.
Da die Risiken den Nutzen übersteigen, stellt die Vitrektomie bei einer Glaskörpertrübung nur in seltenen Fällen eine sinnvolle Lösung dar und erfordert in jedem Fall eine gründliche Aufklärung des Patienten. Mittlerweile ist es auch möglich, störenden Floatern mit einer Laserbehandlung zu Leibe zu rücken. Dabei werden die „fliegenden Mücken“ durch extrem kurze Laserlichtimpulse zerkleinert und aufgelöst. YAG-Laser-Vitreolyse heißt das innovative Behandlungskonzept, das die Gewebeverklumpungen deutlich reduzieren kann. Im Vergleich zur invasiven Vitrektomie ist die Laserbehandlung weniger aufwendig, birgt ein geringes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen und hat einen schnelleren Heilungsverlauf.
Dennoch ist sie – wie jeder noch so kleine Eingriff – natürlich nicht frei von Risiken. Die YAG-Vitreolyse führen entsprechend qualifizierte und ausgestattete Augenärzte ambulant durch, mitunter sind allerdings mehrere Sitzungen erforderlich. Ob das Verfahren infrage kommt, hängt von der Art und der Lokalisation der Glaskörpertrübung ab. Patienten sollten sich von einem erfahrenen Operateur im Vorfeld des Eingriffs genau aufklären und beraten lassen. Wichtig zu wissen ist auch, dass die Laser-Vitreolyse derzeit keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen ist. Gesetzlich Versicherte müssen die Kosten deshalb in aller Regel selbst tragen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/18 ab Seite 66.
Andrea Neuen, Freie Journalistin