Emotionen
FEINDSELIGES VERHALTEN
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Man trifft Aggressionen fast überall an: Auf dem Schulhof, im Straßenverkehr oder in Form von Hasskommentaren im Netz. Bereits in früheren Zeiten hat es das Konstrukt gegeben: Die Bibel schildert Gewaltakte im Alten Testament, der Brudermord zwischen Kain und Abel ist nur ein Beispiel.
Definition Unter einer Aggression versteht man das Verhalten eines Menschen, welches das Ziel verfolgt, einer anderen Person psychischen oder körperlichen Schaden zuzufügen. 1939 definierten Dollard et al. Aggression als „eine Handlung, deren Zielreaktion die Verletzung eines Organismus (oder Organismus-Ersatzes) ist“. Aggressionen werden stets mit zerstörerischen, unangemessenen und destruktiven Verhaltensweisen in Verbindung gebracht und sind durch Schädigung, Absicht sowie Normabweichung gekennzeichnet.
Verschiedene Ausdrucksweisen Physische Aggressionen gehen mit Gewalt gegen Lebewesen oder Gegenstände einher, während offene verbale oder non-verbale Aggressionen sich durch Drohungen, Demütigungen oder durch eine bestimmte Mimik zeigen. Eine wichtige Unterscheidung ist auch zwischen impulsiver und instrumenteller Aggression zu treffen: Erstere entsteht als Reaktion auf Situationen und ist emotionsgeleitet. Diese Form beobachtet man beispielsweise, wenn Menschen in eine Schlägerei geraten.
Die instrumentelle Aggression ist hingegen zielgerichtet und wissensbasiert – sie findet zum Beispiel statt, wenn eine Person ein Opfer niederschlägt, um ihm Geld und Wertgegenstände zu rauben. Darüber hinaus gibt es die verdeckte Aggression, die Fantasien über Beschädigung oder Verletzungen beinhaltet. Autoaggression stellt eine Sonderform dar, denn die Schädigung richtet sich in diesem Fall gegen die eigene Person (zum Beispiel beim Ritzen). Darüber hinaus können Aggressionen positiv (von der Kultur akzeptiert) oder negativ (mißbilligt) sein.
Entstehung der Feindseligkeit Auslöser für Aggressionen sind oft negative Gefühle wie Frustration, Angst, Hunger, Schmerz oder Kälte. Betroffene wissen sich dann nicht anders zu helfen, als ihrem Frust durch zerstörerisches Verhalten Luft zu machen. Laut der Frustrations-Aggressions-Hypothese entsteht Frustration in Situationen, in denen Individuen in ihrer Zielerreichung gehindert werden. Durch das Ansteigen der Frustration ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, sich aggressiv zu verhalten.
Frustration muss allerdings nicht immer zu Aggression führen: Schüttet ein Kind unbeabsichtigt ein Glas Saft über die Hose seiner Mutter, wird ihre Reaktion sicherlich anders ausfallen, als wenn dies mit Vorsatz geschehen würde. Lernpsychologische Ansätze gehen davon aus, dass Aggressionen erworben sind. Wer in der Vergangenheit von einer Person immer wieder schlecht behandelt wurde, wird bei einer Begegnung mit negativen Emotionen reagieren (klassische Konditionierung). Das operante Konditionieren spielt jedoch eine größere Rolle: Wer mit Aggressionen erfolgreich ist und seine Ziele erreicht, wird das Verhalten in ähnlichen Situationen wieder anwenden.
Gewalt in den Medien Die Auswertung zahlreicher Studien hat ergeben, dass Gewalt im Fernsehen die Häufigkeit feindseliger Gedanken und Emotionen sowie aggressives Verhalten erhöht. Gewalttätige Video- und Computerspiele scheinen einen ähnlichen Effekt zu haben. Bei Kleinkindern und jungen Schulkindern besteht eine erhöhte Gefahr, dass sie die Gewalt aus Filmen nachahmen, da sie einen großen Teil der Fiktionen für real halten und das Gesehene kritiklos annehmen.
Raten Sie Eltern aggressiver Kinder demnach dazu, den Fernseh- und Computerkonsum des Nachwuchses zu begrenzen. Dieser sollte am besten auch nicht als Belohnung oder Strafe eingesetzt werden, weil die Medien dadurch für die Kinder noch attraktiver werden. Es ist sinnvoll, dass Eltern gemeinsam mit ihren Kindern Fernsehen gucken und dabei dargestellte Verhaltensweisen missbilligen oder den Realismus der Szenen in Frage stellen, sodass Kinder Medieninhalte besser verstehen lernen.
Hormonelle Auslöser Verschiedene Hormone fördern aggressives Verhalten: In der Pubertät steigt bei männlichen Individuen das verbale und physische Aggressionspotential, wofür insbesondere das Androgen Testosteron verantwortlich ist. Der Neurotransmitter Serotonin soll hingegen eine Rolle bei der Hemmung von feindseligen Verhalten spielen.
Instinkt zum Überleben Konrad Lorenz, ein Verhaltensforscher, publizierte im Jahr 1963 das Buch „Das sogenannte Böse“. Darin stellt er den Aggressions-Instinkt vor, der bei Tieren dem Überleben und der Vermehrung dient. Dieser gewährleiste die Sicherung der Rangordnung, die Verteidigung des Lebensraumes oder den Schutz der eigenen Nachkommen. Lorenz übertrug seine Theorie auch auf den Menschen und schlussfolgerte, dass der Aggressions-Instinkt erst zum Problem werde, wenn keine Entladung aufgestauter Aggressionen stattfindet.
Reduktion von Spannung Eine Möglichkeit, Aggressionen zu kontrollieren, ist das Durchführen von sportlicher Aktivität, denn durch die Anstrengung wird Spannung abgebaut. Auch die Teilnahme an Wettbewerben kann dazu beitragen, dass Aggressionen reduziert werden, denn der Stolz auf die eigene Leistung trägt zur Entspannung bei. Methoden wie autogenes Training helfen Personen mit einer hohen Aggressivität ebenfalls dabei, die Wut zu kontrollieren. Bei einem Antiaggressionstraining vermitteln Fachleute Betroffenen theoretische und praktische Übungen, welche das Auftreten aggressiver Verhaltensweisen im Alltag vermindern.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/18 ab Seite 90.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin