Jemand erhält einen orange-farbenen Umschlag und sitzt hinter einem Laptop
WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung (SZ) leakten Dokumenten aus dem Ressort von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). © Chainarong Prasertthai / iStock / Getty Images Plus

Bundesgesundheitsministerium | Geleakte Dokumente

„ES IST MIT WEITEREN FINANZIELLEN ZUWENDUNGEN FÜR DIE APOTHEKEN ZU RECHNEN“

Es klingt reißerisch: Hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sich seine Abkehr vom Rx-Versandverbot bei der Apothekerschaft erkauft? Oder steckt eine erbitterte Feindschaft zwischen zwei Ministerien dahinter?

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Zur Vorgeschichte: Eigentlich stand im Koalitionsvertrag glasklar ein Rx-Versandverbot, das den heimischen Apotheken etwas Ruhe vor Docmorris und Co. verschaffen sollte. Doch der neue Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wandte sich damals schon früh davon ab. Er schlug den Apothekern Alternativen vor: Sein Apothekenstärkungsgesetz sieht nunmehr ein Verbot von Rx-Boni im Bereich der Gesetzlichen Krankenkassen sowie mehr Geld für Apotheken vor. Dabei werden zum Teil bestehende Leistungen besser vergütet sowie Mittel für zusätzliche Dienstleistungen bereitgestellt. Die ABDA trägt dieses Konzept weitestgehend mit.

Spahn hatte die Honorarerhöhungen zunächst mit in sein Gesetz geschrieben, in einer späteren Fassung wurden diese aber ausgeklammert und in eine gesonderte Verordnung gepackt. Denn, ganz wichtig: Für Honorarfragen der Apotheker ist in der Regierung nicht das BMG, sondern das BMWi zuständig. Eine Zuordnung, die traditionell heikel ist, wenn die Grenzen dazwischen unscharf werden.

Doch nun haben WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung „brisante Informationen“ aus geleakten Dokumenten öffentlich gemacht. Sie belegen, wie tief die Gräben zwischen dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) von Peter Altmaier (CDU) gehen.

Denn über das Vorgehen Spahns gab es einige Verstimmung im Nachbarressort. Wörtlich steht in den Dokumenten des BMWi: „Es ist mit weiteren finanziellen Zuwendungen für die Apotheken zu rechnen, um die Zustimmung zum Erhalt des Versandhandels zu erreichen.“ Auch ein hoher zeitlicher Druck sei nicht unwahrscheinlich. Aus BMWi-Sicht solle auf einem eigenen Gesetzgebungsverfahren bestanden werden. Denn die Zuständigkeiten sind so: Das BMWi ist der Verordnungsgeber für die Arzneimittelpreisverordnung und legt damit die Preiszuschläge fest, sowohl für den Großhandel als auch für die Apotheken. Die BMG-Kollegen kümmern sich dagegen um Arzneimittel, die Arzneimittelversorgung und das Apothekenwesen. Das Bundesgesundheitsministerium greife immer wieder unabgestimmt in die Verordnungskompetenz des BMWi ein, lautet die Kritik. Denn das Wirtschaftsministerium befürchtete schon bei Amtsantritt Spahns, dass die BMG-Leute auch in anderen Bereichen mit eigenen Vorschlägen zur Apothekervergütung die Zuständigkeit des BMWi untergraben würden. „Trotz mehrfacher Aufforderung zum Dialog auf unterschiedlichen Ebenen liegen dem BMWi noch keine Informationen vor, welche Strategie das BMG im Arzneimittelebereich verfolgt“, heißt es fast trotzig in einem Schreiben.

Das betrifft auch die geplante Anhebung im Bereich der Zytostatika-Versorgung, deren Vergütung erhöht werden soll. Es lägen nicht genug Daten für dieses Preisinstrument vor.

Ein anderer „Kriegsschauplatz“ besteht in der Abschaffung der Importquote. Hier steht wiederum das BMWi unter Druck, denn es war bereits bei der Planung dazwischen gegrätscht. Die nunmehr erfolgte Anpassung der Importquote geht offenbar maßgeblich auf ein Einschreiten Altmaiers zurück. Er ersetzte auf einer Vorlage zum Thema das Wort „Zustimmung“ durch „Leistungsvorbehalt“, was einen großen Unterschied macht.

Die Zusammenarbeit von BMG und BMWi knirscht schon länger. Daher ist auch im Hinblick auf die Themen Großhandelshonorar, Skonti und Rabatte noch einiges an Konfliktstoff zu erwarten.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: apotheke adhoc

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