Ein hoher Blutverlust muss schnell ausgeglichen werden, sonst kann es zu einem lebensbedrohlichen Volumenmangelschock kommen. © bee32 / iStock / Getty Images Plus

Notfallmedizin | Volumenersatzmittel

ERNEUTER ROTE-HAND-BRIEF FÜR HYDROXYETHYLSTÄRKE

Seit 2013 sollen Hydroxyethylstärke (HES)-haltige Arzneimittel nur noch mit Einschränkungen Anwendung finden. Ob diese Einschränkungen eingehalten werden, überprüften vor kurzem mehrere Beobachtungsstudien mit beunruhigendem Resultat.

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Ursprünglich sollte den Präparaten die Zulassung entzogen werden, letztlich gab das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) vor fünf Jahren bekannt, dass HES-haltige Präparate weiterhin angewendet werden dürfen, jedoch gewisse Einschränkungen eingehalten werden müssen. So sollen sie nur dann zum Einsatz kommen, wenn kristalloide Lösungen (Ringerlösung, Kochsalzlösung) allein nicht ausreichend sind. Und das nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und so kurz wie möglich, dabei sollte die Nierenfunktion der Patienten überwacht werden. Der Grund: Der Einsatz von HES bedingt ein erhöhtes Risiko für Nierenschädigungen mit Dialysepflicht, bei bestimmten Vorerkrankungen besteht sogar eine erhöhte Mortalität. Zur Anwendung kommt das Arzneimittel zur Infusion in der Notfallmedizin zur Volumensubstitution nach hohem Blutverlust.

Die Einschränkungen beinhalten außerdem, dass HES-haltige Präparate nicht bei Patienten mit Sepsis, Nierenfunktionsstörung, Verbrennungen, zerebralen Blutungen, Lungenödem, Dehydration, Gerinnungsstörungen, schweren Leberfunktionsstörungen sowie bei kritisch Kranken (zum Beispiel Intensiv-Patienten) einsetzt werden dürfen. Genau diese Kontraindikationen wurden aber laut Anwendungsstudien nicht beachtet: Auch kritische Patientengruppen erhalten weiterhin HES-haltige Arzneimittel. Fast zehn Prozent der Patienten waren als kritisch krank eingestuft und bis zu acht Prozent hatten eine eingeschränkte Nierenfunktion. Diese Art von Studien, in denen die Anwendung von Arzneimitteln und die Effektivität behördlicher Anordnungen untersucht werden, bezeichnet man als Drug Utilisation Studies. Aufgrund der Ergebnisse dieser Drug Utlisation Studies führt die EMA nun eine Überprüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch, der PRAC fordert das Ruhen der Zulassung HES-haltiger Arzneimittel, Alternativen seien schließlich gegeben.

Eine aktuelle Mitteilung erklärt, dass die Anwendung zwar weiterhin erlaubt sei, jedoch mit weiteren Einschränkungen einhergeht. So ist der Zugang zu den HES-haltigen Arzneimitteln nur noch mit einer Akkreditierung möglich: Krankenhäuser und Zentren werden nur noch beliefert, wenn medizinische Fachkräfte, die diese Arzneimittel anwenden und verschreiben, eine Pflichtschulung zur sicheren und wirksamen Anwendung der Arzneimittel absolviert haben. Zudem sollen auffällige Warnhinweise auf den Verpackungen vor Fehlgebrauch schützen. Ein Rote-Hand-Brief informierte die Fachkreise Mitte Augst über die neuen Regelungen und gab Hintergrundinformationen zur Entscheidung.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.bfarm.de
   www.gelbe-liste.de
   Apotheke adhoc

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