Raucherentwöhnung
EINMAL NICHTRAUCHEN BITTE
Seite 1/1 8 Minuten
Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht. Ich habe es schon hundertmal geschafft – damit es ihren Kunden nicht so geht wie Mark Twain, dem Autor der Bücher über die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, sollten Sie aufhörwillige Raucher im Beratungsgespräch durch hilfreiche Tipps unterstützen. Die amerikanische Gesundheitsbehörde veröffentlichte im Jahr 2000 einen Leitfaden zur Kurzberatung als Hilfestellung für Personen aus allen Heilberufen. Dabei orientiert man sich an den so genannten fünf „A“s:
Ask: Die Rauchgewohnheiten werden zunächst erfragt. Empfehlen Sie dem Kunden, darüber Tagebuch zu führen (wie viele Zigaretten er raucht und zu welchen Gelegenheiten er zum Glimmstängel greift).
Advice: Informieren Sie den Patienten über die Risiken und raten ihm zum Rauchstopp.
Assess: Überprüfen Sie die Motivation der Person und besprechen Sie noch einmal die Vorteile des Verzichts. Wer den Rauchstopp schaffen möchte, muss stark motiviert sein.
Assist: Legen Sie mit dem Aufhörwilligen den Tag des Rauchstopps fest. Zeigen Sie Möglichkeiten auf, um mit den Schwierigkeiten zurechtzukommen (z. B. Sport und eine Ernährungsberatung bei Angst vor Gewichtszunahme).
Arrange: Auch die Nachbetreuung ist wichtig: Bieten Sie dem Kunden an, regelmäßig in die Apotheke zu kommen und von seinem Erfolg, aber auch über eventuelle Fehlschläge zu berichten.
Ungesunder Qualm Mehr als 4000 krankmachende Substanzen werden beim Verbrennen des Tabaks freigesetzt und inhaliert. Zu den Schadstoffen gehören Kohlenmonoxid, Blausäure, Formaldehyd, Dioxin oder Ammoniak, bei etwa 40 der 4000 Substanzen ist der kanzerogene Effekt nachgewiesen. Daher verkürzt Rauchen das Leben und kann verschiedene gesundheitliche Probleme begünstigen, wie beispielsweise:
- Lungenkrebs sowie andere Krebsarten (Kehlkopf, Rachen usw.)
- Chronisch Obstruktive Atemwegserkrankungen (COPD)
- Impotenz und Unfruchtbarkeit
- Herzinfarkt und Schlaganfall
- Verstärkung von Asthma
- Kurzatmigkeit.
Nikotin ist ein Alkaloid aus der Tabakpflanze, welches durch seine giftige Wirkung auf das Nervensystem das Gewächs vor Schädlingen schützt. Die Substanz verfügt über ein hohes, sich rasch entwickelndes Suchtpotenzial, sodass Betroffene bereits nach wenigen Tagen mit niedrigem Zigarettenkonsum die ersten Anzeichen körperlicher Abhängigkeit (Kopfschmerzen, Schweißausbrüche, Unruhe, Gereiztheit) spüren.
Hypnose
Auch diese Maßnahme gehört nicht zu den wissenschaftlich fundierten Verfahren. Befindet sich der Patient in Trance, verbindet der Hypnotiseur das Rauchen mit unangenehmen, das Nichtrauchen mit angenehmen Vorstellungen. Auch die Allen-Carr-Methode (Buch: „Endlich Nichtraucher“) nutzt das Prinzip der Suggestion. Dabei wird dem Raucher nicht mit erhobenem Zeigefinger gedroht, sondern er wird verständnisvoll aufgefangen und zum Rauchstopp motiviert. Das Verlangen nach dem Glimmstängel soll, während man das Buch liest, nach und nach verringert werden.
Beim Rauchen gelangt das Nikotin zunächst über die Lungen in den Blutkreislauf. Folglich verengen sich die Blutgefäße, die Nervenbahnen werden aktiviert, Blutdruck und Herzfrequenz steigen und es kommt zu einer Beschleunigung des Energieverbrauch sowie der Darmtätigkeit. Die Besonderheit des Nikotins liegt in seiner Geschwindigkeit, mit der es das Belohnungszentrum im Gehirn erreicht, an die Nervenzellen andockt und Botenstoffe wie Dopamin, Noradrenalin oder Serotonin freisetzt, welche angenehme Glücksgefühle hervorrufen.
Da Nikotin die Blut-Hirn-Schranke überwindet, geschieht dies innerhalb weniger Sekunden. Sinkt der Spiegel wieder, lässt die Wirkung nach und das Suchtgedächtnis meldet sich, um Nachschub zu verlangen. Das Gehirn stellt sich schließlich auf eine regelmäßige Nikotinversorgung ein, weshalb die Nervenzellen vermehrt Rezeptoren produzieren. Bei steigender Nikotinzufuhr werden diese jedoch unempfindlicher, sodass die Dosis gesteigert werden muss. Wer dann einmal süchtig ist, kommt nur schwer wieder von der Zigarette los. Daher ist es den meisten Menschen auch nicht möglich, schlagartig mit dem Rauchen aufzuhören.
Weg vom blauen Dunst Der Rauchstopp ist ein wichtiger Beitrag für ein gesünderes Leben. Die Effekte machen sich bereits nach kurzer Zeit bemerkbar: Zum Beispiel bilden sich die Rezeptoren nach dem Entzug wieder auf die normale Anzahl zurück. Gesundheitliche Fortschritte stellen sich schon bald nach der letzten Zigarette ein:
- Nach 20 Minuten: Der Puls und der Blutdruck nehmen wieder normale Werte an.
- Nach acht Stunden: Der Kohlenmonoxidspiegel nimmt ab und die Sauerstoffkonzentration steigt auf eine angemessene Höhe.
- Nach 24 Stunden: Das Herzinfarktrisiko geht ab diesem Zeitpunkt leicht zurück.
- Nach 48 Stunden: Die Regeneration der Nervenzellen beginnt. Geruchs- und Geschmacksorgane verbessern ihre Funktion.
- Nach zwei Wochen bis drei Monaten: Die Lungenaktvität und der Kreislauf stabilisieren sich.
- Nach ein bis neun Monaten: Hustenanfälle sowie Kurzatmigkeit bilden sich zurück und die Lunge wird allmählich gereinigt.
- Nach einem Jahr: Die Wahrscheinlichkeit eines Sauerstoffmangels im Herzmuskel hat sich halbiert.
- Nach fünf Jahren: Die Gefahr, an Lungenkrebs zu sterben, sowie das Risiko für Krebsarten in der Mundhöhle, Luft- und Speiseröhre haben sich um die Hälfte reduziert. Das Herzinfarktrisiko vermindert sich im Zeitraum zwischen 5 und 15 Jahren auf das eines Nichtrauchers.
- Nach zehn Jahren: Das Krebsrisiko (Lunge, Mundhöhle, Luftund Speiseröhre) entspricht dem eines Nichtrauchers.
- Nach 15 Jahren: Das Risiko einer Koronarinsuffizienz ist nicht mehr größer als das eines lebenslangen Nichtrauchers.
Entzugserscheinungen Wer das Rauchen aufgibt, muss mit Begleiterscheinungen rechnen, die etwa nach 14 Tagen vorüber sind. Körperlich äußern sie sich durch vermehrtes Schwitzen, Schlafstörungen, Schwindel, Müdigkeit, Verdauungsprobleme oder Husten. Als besonders belastend werden jedoch die psychischen Probleme empfunden, die sich durch Reizbarkeit, Unruhe sowie dem starken Verlangen nach einer Zigarette kennzeichnen. Empfehlen Sie Ihren Kunden besonders in dieser Zeit viel zu trinken, auf eine ballaststoffreiche Ernährung zu achten und sich ausreichend zu bewegen. Viele ehemalige Raucher haben ihr Ziel selbstständig erreicht.
Um das Rauchen jedoch von einem auf den anderen Tag einzustellen, muss man sehr willensstark sein. Diese so genannte Schlusspunktmethode hat die geringsten Aussichten auf ein beständiges Ergebnis. Studien haben gezeigt, dass ein Rauchstopp eine höhere Erfolgsrate aufweist, wenn der Raucher auf Unterstützung zurückgreift. Dazu gibt es heutzutage ein vielfältiges Angebot an medizinischen und psychologischen Hilfen:
Akupunktur kann bei bestimmten Persönlichkeitsstrukturen unterstützend wirken. Der Akupunkteur setzt die Nadeln bei der Raucherentwöhnung üblicherweise auf Punkte der Ohrläppchen. Durch die Stimulation soll den Zigaretten der Geschmack genommen und der Umgang mit Entzugssymptomen für den Patienten erleichtert werden. Ein wissenschaftlicher Nachweis dieser Methode liegt nicht vor.
Rauchen verlernen Menschliche Verhaltensweisen, die eingeübt wurden, können im Rahmen eines therapeutischen Prozesses wieder abgestreift werden. Auch beim Rauchen spielt Lernen eine wichtige Rolle. Jugendliche ahmen den Lebensstil ihrer Vorbilder oder anderer Teenager nach. Das Verhalten bringt Anerkennung und das Gefühl des Erwachsenseins (operantes Konditionieren). Später besteht die Belohnung darin, dass Rauchen als Pause im stressigen Alltag genutzt wird oder das Knüpfen von Kontakten erleichtert.
»Studien haben gezeigt, dass ein Rauchstopp eine höhere Erfolgsrate aufweist, wenn der Raucher auf Unterstützung zurückgreift.«
So schleichen sich die Gewohnheiten über die Zeit hinweg tief ein. Eine Entwöhnung steht daher immer in Verbindung mit dem Verlernen von Rauchmustern, die im Rahmen der Verhaltenstherapie durch alternative Aktivitäten ersetzt werden sollen. Das Rauchverhalten wird dem Patienten zunächst bewusst gemacht, im Anschluss werden neue Verhaltensweisen erarbeitet und gegen die alten Gewohnheiten ausgetauscht. Dabei ist zu beachten, dass das Rauchen nicht durch ein anderes schlechtes Ritual (z. B. zu viele Süßigkeiten) bezwungen wird.
Tatsächlich ist es so, dass Exraucher nach dem Stopp zunächst einmal an Gewicht zulegen. Bis zu fünf Kilogramm sind normal, denn Nikotin aktiviert den Stoffwechsel und reduziert den Appetit. Wird diese Grenze überschritten, sollten sich Betroffene fragen, ob sie das Rauchen eventuell gegen einen kalorienreichen Ersatz ausgewechselt haben.
Nikotinersatztherapie Ein beliebter Neujahrvorsatz ist die Entscheidung, die Sucht nach dem blauen Dunst aufzugeben. Damit es Ihren Kunden gelingt, den Entschluss konsequent durchzuziehen, können Sie die Anwendung von Nikotinersatzpräparaten vorschlagen. Die Produkte helfen während der schweren Zeit, Entzugserscheinungen zu lindern. Zusätzlich muss der Raucher stets fest entschlossen sein, sein Laster endgültig an den Nagel zu hängen. Die besten Resultate lassen sich erzielen, wenn bei der Auswahl des Präparates das Rauchverhalten und der Abhängigkeitsgrad berücksichtigt werden. Es existieren für die Therapie der Tabakentwöhnung verschiedene Darreichungsformen.
Rezeptpflichtige Therapie
Der Wirkstoff Buproprion wurde ursprünglich als Antidepressivum entwickelt und wird zur Begleitung zukünftiger Nichtraucher eingesetzt. Das Medikament scheint durch den Dopaminanstieg im Gehirn den ausbleibenden Nachschub an Zigaretten auszugleichen. Auch die Substanz Vareniclin ist zur Raucherentwöhnung geeignet. Sie wirkt über dieselben Rezeptoren wie das Nikotin, besitzt einen schwächeren Effekt und vermindert somit Begleiterscheinungen. Beide Arzneimittel gehen jedoch mit starken Nebenwirkungen einher, sodass ihr Einsatz nur unter ärztlicher Kontrolle möglich ist und zudem als umstritten gilt.
Pflaster geben nach dem Aufkleben kontinuierlich Nikotin in einer bestimmten Dosis ab. Die Resorption wird so gesteuert, dass der Wirkstoff nicht wie beim Rauchen zu rasch anflutet. Im Verlauf der Therapie wird die Nikotindosis dann schrittweise reduziert, folglich entwöhnt sich der Patient allmählich von seiner Abhängigkeit.
Kaugummis liegen in den Stärken zwei und vier Milligramm sowie in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen vor. Sie sollen zunächst langsam gekaut und zwischen Zahnfleisch und Wange geparkt werden. Dabei entsteht ein scharfer Geschmack, der allmählich nachlässt. Daraufhin darf das Kaugummi weiter gekaut werden bis es nach etwa einer halben Stunde leer ist.
Eine weitere Option sind Lutsch- oder Sublingualtabletten, welche das Nikotin zügig freisetzen, sodass es über die Mundschleimhaut aufgenommen werden kann. Neuerdings erweitert ein Spray das Sortiment an Darreichungsformen. Der Effekt ist bereits 60 Sekunden nach der Anwendung spürbar. Das Medikament eignet sich vorwiegend als Akuthilfe: Besonders in den ersten zehn Minuten, in denen Patienten ein Rauchverlangen spüren, greifen sie häufig zum Glimmstängel. Nicht selten setzt die alte Rauchgewohnheit dann wieder ein. Ein Spray schützt Betroffene gegebenenfalls vor einem Rückfall.
Der Nikotin-Inhaler besteht aus einem Mundstück mit auswechselbaren Kunststoffpatronen. Durch das Saugen wird eine bestimmte Menge der Substanz freigesetzt und über die Mund- und Rachenschleimhaut resorbiert. Ein zusätzlicher Vorteil dieser Methode ist, dass der Inhaler, ähnlich wie eine Zigarette, die Hände beschäftigt. Bei allen Maßnahmen ist stets zu beachten, dass während der Behandlung das Rauchen unbedingt eingestellt werden muss, da ansonsten die Gefahr einer Vergiftung besteht.
Klassifizierung der Sucht Zur Diagnostik einer Tabakabhängigkeit verwendet man den Fagerström- Test. Dieser beinhaltet sechs Fragen zum Rauchverhalten, wodurch sich der Abhängigkeitsgrad klassifizieren lässt. Der Test gilt als wichtiger Prädiktor, um eine kurzoder langfristige Abstinenz vorhersagen zu können. Je höher der Testwert ausfällt, umso stärker ist die Sucht und umso geringer die Abstinenzquote. Folgende Fragen sind Bestandteil des Tests:
- Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?
- Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist, es zu unterlassen? , Auf welche Zigarette würden sie nicht verzichten?
- Wie viele Zigaretten rauchen Sie gewöhnlich am Tag?
- Rauchen Sie am Morgen mehr als am Rest des Tages?
- Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen?
Den Antworten ist jeweils eine bestimmte Anzahl von Punkten zugeordnet. Auf diese Weise lässt sich die Stärke der Tabakabhängigkeit einteilen in
- eine geringe körperliche
- eine mittlere körperliche
- eine starke körperliche sowie eine
- sehr starke körperliche.
Nicht zuletzt aufgrund der einfachen Durchführbarkeit und der schnellen Auswertung erfreut sich der Test international großer Beliebtheit. Frühmorgendliches Rauchen, häufige Abstinenzversuche sowie ein Konsum von mehr als zehn Zigaretten täglich sind Indikatoren, die für eine ausgeprägte Sucht stehen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 14.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin