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Giftpflanzen

EINBEERE

In der Schul- und Volksmedizin ist die Vierblättrige Einbeere, auch als Teufelsbeere, Teufelsauge oder Kleine Tollkirsche bekannt, heute nicht mehr gebräuchlich, da alle Teile dieser Pflanze giftig sind.

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Paris quadrifolia L. wächst in Auwäldern und feuchten Laubwäldern auf grundwasserfeuchten, nährstoffreichen Böden. Das Germergewächs erscheint in Gruppen und kommt fast in ganz Europa vor, wobei es im nördlichen Flachland kaum vorhanden ist.

Vier Blätter, eine Beere Ein ausdauernder, waagerecht verlaufender, weißer Wurzelstock treibt im Frühjahr 15 bis 30 Zentimeter hohe Pflanzen aus. Der kahle, stielrunde Stängel trägt im oberen Teil vier quirlständige, bis zu zehn Zentimeter große Blätter, worauf auch der lateinische Artname quadrifolia = vierblättrig verweist. Die Blätter sind ganzrandig, elliptisch-lanzettlich und ungestielt, oberseits dunkelgrün- matt, unterseits blasser und schwach glänzend.

Die Laubblätter werden zwischen Mai und Juni von einer grünen, geruchlosen Blüte überragt. Die wenig ansprechende Blüte steht einige Zentimeter über dem Blätter-Quirl auf dem Stängel. Sie setzt sich aus einem äußeren und inneren Kreis mit jeweils vier Blütenblättern mit einer Länge von etwa zwei bis drei Zentimetern und acht Staubblättern zusammen. Während die inneren Blütenblätter fadenförmig sind, sind die äußeren deutlich breiter.

Die von Juli bis September folgende Frucht ist eine vierfächrige, vielsamige, blauschwarze Beere mit einem Durchmesser von bis zu einem Zentimeter. Sie ähnelt der Heidelbeere, die zur gleichen Zeit heranreift und mit der sie manchmal verwechselt wird. Die Einbeere steht aber einzeln, worauf auch der deutsche Name verweist.

Urteil des Paris Die Herkunft des Gattungsnamens ist unklar. Eine Deutung entstammt der griechischen Mythologie und bezieht sich auf den Sagenheld Paris. Die Beere soll dabei den Erisapfel (Zankapfel) und die vier Blätter die drei streitenden Göttinnen Hera, Aphrodite und Pallas Athene sowie den trojanischen Königssohn Paris versinnbildlichen.

Eris, die Göttin der Zwietracht, warf aus Rache dafür, dass sie auf einer Hochzeit nicht eingeladen war, einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Der Schönsten“ in die Mitte der Gäste. Den darauf unter den anwesenden Göttinnen Hera, Aphrodite und Pallas Athene ausbrechenden Streit schlichtete Paris, indem er entschied, dass Aphrodite die Schönste unter den Göttinnen sei. Eine andere Auslegung führt den Namen auf das lateinische par = gleich als Hinweis auf die Regelmäßigkeit der Blätter und Blüten zurück.

Selten schwere Vergiftungen Weitere Synonyme wie Teufelsbeere, Teufelsauge oder Kleine Tollkirsche beziehen sich auf die Toxizität der Einbeere. Alle Pflanzenteile sind giftig, wobei die Frucht der giftigste Teil ist. In ihr befindet sich der größte Gehalt an Saponinen (Paridin, Paristyphnin). Äußerlich appliziert weisen sie eine örtlich reizende Wirkung auf.

»Selten existieren auch Formen mit mehr (fünf bis sieben) oder weniger als vier Blättern.«

Nach oraler Aufnahme kommt es zu Erbrechen, Durchfall mit starken Darmkrämpfen, Kopfschmerzen, Schwindel und einer Pupillenverengung. Der Tod tritt durch Atemlähmung ein. Da aber die Beeren einen unangenehmen Geschmack aufweisen, werden sie in der Regel nicht in großen Mengen, allenfalls einzeln verzehrt, sodass ernstere Vergiftungen nicht dokumentiert sind.

Altes Zauber- und Heilmittel Früher wurden der Einbeere Zauberkräfte zugesprochen. Mit ihr sollte es gelingen, von Dämonen verzauberte Menschen wieder zu entzaubern. Weiterhin wurden aphrodisierende und berauschende Eigenschaften der Pflanze geschätzt. Im Mittelalter war die Einbeere ein Mittel gegen die Pest, was auch im volkstümlichen Namen Pestbeere zum Ausdruck kommt. Man trug in Kleider eingenähte Beeren, die vor dem Schwarzen Tode bewahren sollten. Auch wurden mit den Saft der Pflanze Gegenstände gereinigt, mit denen Pestkranke in Berührung gekommen waren.

Andere gängige Indikationen waren die Verwendung als Tollwutmittel oder als drastisches Abführmittel. Die Volksheilkunde setzte lange Zeit niedrig dosierte Zubereitungen wie Teeauszüge aus Einbeere gegen Migräne, Nervenschmerzen, rheumatische Beschwerden und nervöse Herzbeschwerden ein. Ebenso waren krampfhafte Bronchitis und verschiedene Entzündungen volkstümliche Anwendungsgebiete. Eine aus den Samen und dem Saft frischer Blätter hergestellte Salbe sollte gegen schlecht heilende Wunden und Geschwüre helfen. Heute kennt nur noch die Homöopathie die Einbeere als Heilmittel bei Augenreizungen durch grippale Infekte, bei grünem Star sowie bei neuralgischen Kopf- und Gesichtsschmerzen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/15 ab Seite 96.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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