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Wechseljahre

EIN HEISSES FRAUENTHEMA

Wenn bei Frauen die Stimmung Achterbahn fährt, sie von Hitzewallungen und Schlafstörungen heimgesucht werden, dann steht die Menopause vor der Tür. Lesen Sie, wie die Betroffenen in der Apotheke beraten werden können.

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Haben Sie nicht etwas Gutes gegen diese schrecklichen Hitzewallungen? – so der Wunsch einer Kundin, etwa Ende 40. Viele Frauen werden zwar von ihren Gynäkologen langsam auf den Übertritt in die Wechseljahre vorbereitet, doch wenn es soweit ist, holen sie sich doch zuerst Rat bei Apotheker und PTA. Pflanzliche Präparate, homoöpathische Zubereitungen oder Schüßler Salze stehen dabei ganz hoch im Kurs.

Seitdem die Hormonersatztherapie von Ärzten deutlich zurückhaltender empfohlen wird, ist die Apotheke eine wichtige Anlaufstelle für alternative Therapien, um die typischen Beschwerden zu lindern. Neben der fachlichen Beratung sollten die Apothekenmitarbeiter auch ihre emotionale Kompetenz einbringen. Die plötzlichen Veränderungen des Körpers erzeugen bei den Frauen eine hohe Unsicherheit.

Unterstützung erhalten sie in Familie und Beruf nur selten für diese Situation. Schließlich soll doch alles weiterhin so reibungslos funktionieren wie bisher. Ein verständnisvolles Beratungsgespräch in der Apotheke hat dann positiven Anteil an einer erfolgreichen Therapie.

Hormone lassen nach Bei den meisten Frauen beginnt das Klimakterium, auch Wechseljahre genannt, ab einem Alter von 40 Jahren, manchmal früher, manchmal ein paar Jahre später. In dieser Zeit lässt die Estrogenproduktion langsam nach, bis sie in der Menopause versiegt. Wenn länger als ein Jahr keine Blutung mehr stattgefunden hat, tritt die Menopause, das Ende der Geschlechtsreife, ein. Dies ist durchschnittlich bis zum 50. Lebensjahr der Fall.

Hormonersatztherapie
Während vor Jahren Hormone fast dauerhaft bis ins hohe Alter fortgesetzt verordnet wurden, empfiehlt die Leitlinie heute eine Hormonersatztherapie immer wieder auf ihre Notwendigkeit und unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten zu überprüfen. Meistens ist die Therapie nicht länger als drei bis fünf Jahre nötig, bis die Hormone langsam ausgeschlichen werden.

Frauen mit Gebärmutter sollten wenn notwendig dann immer eine Kombination aus Gestagen und Estrogen erhalten. Ansonsten würde ein Überschuss an Estrogen die Gebärmutterschleimhaut dauerhaft stimulieren und möglicherweise Entartungen der Zellen hervorrufen. Frauen, deren Gebärmutter entfernt wurde, wird die alleinige Estrogenanwendung anstelle dieser Kombinationen angeraten. Sie benötigen den Schutz vor Gebärmutterkrebs nicht mehr. Hormonexperten nehmen übrigens an, dass die modernen, niedrig dosierten Gestagene das Brustkrebsrisiko nicht erhöhen und deshalb risikoärmer sind.

Die Zeit rund um das Klimakterium wird von Medizinern in drei Phasen unterteilt. In der Prämenopause stellen sich die ersten Vorboten ein. Diese können emotionale Stimmungsschwankungen, leichte Gewichtszunahme und erhöhte Reizbarkeit sein. Die Anzahl an befruchtungsfähigen Eizellen steht bereits bei Geburt fest.

Mit etwa 40 Jahren ist ein großer Teil bereits verbraucht und immer weniger Eizellen reifen in den Eierstöcken heran. Die Produktion von Estrogenen und Gestagenen nimmt kontinuierlich ab, sodass erste Symptome auf niedrigere Estrogenspiegel zurückzuführen sind. Der Körper versucht die Eierstöcke über die Ausschüttung von Gonadotropinen weiterhin zu aktivieren. Das Resultat der Hormonschwankungen sind Zyklusschwankungen, Zwischenblutungen, Wassereinlagerungen im Gewebe, die auch zu Spannungen in den Brüsten führen. Sie treten in dieser Phase vermehrt auf.

Außerdem werden Störungen im zentralen Botenstoffwechsel hervorgerufen, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Regulationszentren für Körpertemperatur und Emotionalität im Hypothalamus kommt.

» Die Beschwerden sind individuell sehr verschieden und bedürfen daher unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen.«

Werden die Periodenblutungen seltener, aber intensiver, treten häufig auch andere typische Wechseljahrsbeschwerden auf. Die Perimenopause ist die Zeit um den Eintritt in die Menopause, häufig mit etwa 50 Jahren. Wenn kaum noch Eizellen zur Befruchtung heranreifen, kommt es auch nur noch selten zur Ovulation. Die Abstände zwischen den Monatsblutungen werden immer größer, sodass die Frau ganz deutlich spürt, dass die Menopause bevorsteht.

Sehr verminderte Hormonspiegel führen vermehrt zu den typischen Wechseljahrsbeschwerden: Neben plötzlich auftretenden Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen klagen viele über Schlafstörungen, Herzrasen und geminderten Antrieb. Auch Blasenschwäche und häufigere Harnwegsinfekte können mit den Wechseljahren zusammenhängen. Frauen, die unter Gelenk- oder Rückenschmerzen leiden, berichten über eine Verstärkung dieser Schmerzen.

Zwölf Monate nach der letzten Regelblutung beginnt die Postmenopause. Auch jetzt treten häufig noch die beschriebenen Beschwerden auf. Wenn sich die Hormone auf das neue Niveau eingespielt haben, lassen die Symptome langsam nach. Wie lange es wirklich dauert, bis die Frauen beschwerdefrei sind, kann individuell sehr variieren.

Meistens dauert es 10 bis 15 Jahre nach Ende der Geschlechtsreife. Die Folgen der versiegten Estrogenproduktion sind auch im Alter zu spüren. Wichtige Themen sind dann das gestiegene Osteoporoserisiko, Inkontinenz aufgrund einer zunehmenden Beckenbodenschwäche sowie Veränderungen der Haut und des Haarwuchses.

Trockene Schleimhäute sind für viele Frauen ein Problem beim Geschlechtsverkehr. Gleitgele oder estrogenhaltige Gele sind dann eine gute Empfehlung, um diese Einschränkung wieder auszugleichen. Weil im Gegensatz zur reduzierten Estrogenproduktion die männlichen Hormone wie Testosteron weiter fortgesetzt gebildet werden, kann dieses Ungleichgewicht zu Haarausfall oder sogar Haarwuchs im Gesicht führen.

Bewältigung Jede Frau erlebt diese Phase im Leben anders. Letztlich sind die Beschwerden aber keine Krankheit, sondern Teil der normalen körperlichen Entwicklung, auch wenn das schwer fällt zu akzeptieren. Sie sind auch nicht generell behandlungsbedürftig. Einige leiden sehr und erleben intensive Stimmungsschwankungen, die es ihnen schwer machen, den Alltag zu bewältigen. Andere schaffen diese Umstellungen im Körper nahezu problemlos.

Untersuchungen zeigen, dass Frauen, die berufstätig sind und einen hohen Grad an Unabhängigkeit und Selbstständigkeit besitzen, sehr viel besser mit den Beschwerden klar kommen als jene, die eine unsichere Persönlichkeit haben und finanziell nicht abgesichert sind. Im Beratungsgespräch sollten Apotheker und PTA erfragen, wie intensiv die Symptome sind, ob sie bereits durch den Gynäkologen kontrolliert wurden und was die Patientinnen besonders belastet. So kann gemeinsam entschieden werden, ob pflanzliche Arzneimittel, Homöopathika oder andere Alternativen erprobt werden sollen. Bei sehr starken Symptomen ist gegebenenfalls eine Hormonersatztherapie (HRT) notwendig, die sowieso nur über den Arzt laufen kann.

Die richtige Therapie Die Beschwerden sind sehr verschieden und bedürfen daher unterschiedlicher therapeutischer Maßnahmen. Da die Symptome durch einen Hormonmangel hervorgerufen werden, galt lange Zeit die HRT in Form einer Kombination aus Gestagen und Estrogen als Behandlung der Wahl.

Heute kennen Mediziner die Nachteile dieser Therapie und entscheiden aufgrund des persönlichen Risikoprofils der einzelnen Patientin. Diskutiert wird, dass die Hormonersatztherapie das Risiko für Mammakarzinom, Thromboembolien, Schlaganfall und Herzinfarkt erhöht. Eine Reihe von Studienauswertungen relativieren jedoch negative Pauschalbewertungen.

So formulierten die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, der Berufsverband der Frauenärzte und zahlreiche weitere Fachgesellschaften 2012 in einer aktualisierten Empfehlung: „Nach aktueller Datenlage ist zu erwarten, dass bei früher Substitution – im Alter unter circa 60 Jahren – unter Vermeidung langjähriger Estrogendefizite, für nicht mit speziellen Risikofaktoren oder Vorerkrankungen belastete Frauen der Nutzen einer indizierten Hormonersatzbehandlung die Risiken meist überwiegt.“

Bei sehr starken vielfältigen Wechseljahrsbeschwerden mit einen hohen Belastung der betroffenen Frau, kann also die Entscheidung für eine Hormontherapie für einen begrenzten Zeitraum ausfallen. Die Therapie wird oral, aber auch für viele verträglicher transdermal mit Pflastern oder Gelen umgesetzt. Die kontinuierliche Gabe von Estrogenen mit Gestagenen ohne Einnahmepause verhindert weitgehend die Monatsblutungen. Werden sie zyklisch verabreicht, stellen sich Abbruchblutungen ein.

Alternativen Zur Linderung leichterer Wechseljahrsbeschwerden wurden wegen der Diskussion um die Risiken der Hormonersatztherapie mehr und mehr pflanzliche Alternativen gesucht. Viele davon zählen zu den Nahrungsergänzungsmitteln und sind nur unzureichend auf Wirksamkeit und Unbedenklichkeit untersucht.

Diejenigen Präparate, die Isoflavone, also pflanzliche estrogenartige Stoffe enthalten, sollten allgemein nur zurückhaltend eingenommen werden. Es ist noch nicht klar, ob sie nicht aufgrund ihrer estrogenartigen Wirkungen im Brust- und Gebärmuttergewebe das Krebsrisiko erhöhen. Frauen mit einer Brustkrebshistorie sollten diese Präparate auf keinen Fall einnehmen.

Relativ gut in präklinischen und klinischen Studien untersucht ist ein isopropanolischer Spezialextrakt aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa). Dabei konnten signifikante Verbesserungen der neurovegetativen und psychischen Wechseljahrsbeschwerden gegenüber Placebo gezeigt werden. Im Vergleich zu einer niedrig dosierten Hormonersatztherapie schnitt der Extrakt aus der Traubensilberkerze gleich gut ab. Im Gegensatz zu isoflavonhaltigen Produkten hat dieser Extrakt keinerlei gesamtsystemische estrogenartigen Wirkungen.

Unter der Therapie werden die Hormonwerte nicht verändert und das estrogensensible Gewebe nicht beeinflusst. Wirkstoffe in Cimicifuga sind die Triterpenglykoside Actein und 27-Deoxyactein zusammen mit einer Vielzahl weiterer Inhaltstoffe, sodass kein genauer Wirkmechanismus beschrieben werden kann.

Es wird davon ausgegangen, dass der Gesamtextrakt für die Wirkung verantwortlich ist. Wissenschaftler nehmen an, dass dieser Extrakt ähnlich einem selektiven Estrogen-Rezeptor-Modulators wirkt. So soll er Estrogenrezeptoren je nach Gewebe entweder mit estrogenartiger oder antiestrogener Wirkung modulieren. Außerdem wird vermutet, dass auch im Hypothalamus, dem Zentrum für Körpertemperatur und Stimmungsregulation, Effekte auftreten – die auf Wirkungen an Serotonin-, Dopamin- und GABA-Rezeptoren zurückzuführen sein könnten.

Frauen mit leichteren körperlichen Beschwerden genügt meistens die alleinige Einnahme des Spezialextraktes. Leidet die Patientin auch unter depressiver Verstimmung, erhöhter Reizbarkeit und Unruhe, ist die Kombination aus Traubensilberkerzen- und Johanniskrautextrakt eine wirksame Option. Beide Arzneimittel müssen aber über einen längeren Zeitraum eingenommen werden und entfalten ihre Effekte erst nach zwei bis drei Wochen.

Homöopathische Arzneimittel zur Behandlung dieser spezifischen Wechseljahresbeschwerden enthalten zum Beispiel Cimicifuga, Sepia, Ignatia und Sanguinaria.

Beschwerden gezielt angehen Eine andere Möglichkeit ist, gezielt einzelne besonders belastende Beschwerden zu behandeln. Zum Beispiel werden pflanzliche Zubereitungen aus Salbei gerne gegen übermäßiges Schwitzen eingesetzt. Antidepressiva werden bei menopausal bedingten Depressionen verordnet und leichte Hypnotika gegen Schlafstörungen. Häufig genügen auch Johanniskrautextrakte in Tablettenform, um die Stimmung in den Griff zu bekommen.

Dabei sollten die Frauen wissen, dass die Einnahme kontinuierlich über einen längeren Zeitraum die besten Erfolge erzielt. Befindet sich die Frau insgesamt in einer Belastungssituation kann auch eine kurzfristige Psychotherapie sinnvoll sein. Nichtmedikamentöse Maßnahmen, zum Beispiel eine gesunde und ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung, können ebenfalls Linderung verschaffen. Zusätzlich sind sie wichtig zur Stärkung der Knochen.

Tipps für die Beratung
+ Vitaminreich und ausgewogen ernähren. Auf ausreichend Kalzium und Vitamin D achten, um die Knochen zu stärken.
+ Sportliche Aktivität bringt Körper und Seele in Form.
+ Der Zwiebellook hilft bei plötzlichen Hitzewallungen schnell zu reagieren.
+ Pflegen Sie Ihre Haut!
+ Probiotische Präparate mit Milchsäure oder Vitamin C bauen stärken das Vaginalmilieu.
+ Nutzen Sie Gleitgele bei Problemen beim Geschlechtsverkehr aufgrund einer trockenen Scheide.
+ Entspannungsmethoden wie autogenes Training oder Yoga sorgen für mentale Stabilität.
+ Achten Sie auf sich und sagen Sie „nein“, wenn Ihnen etwas zu viel ist.

Zur Vorbeugung der Osteoporose sollten Frauen in den Wechseljahren – insbesondere wenn noch weitere Risikofaktoren vorliegen – Vitamin D und Kalzium substituieren. Besteht bereits eine manifeste Osteoporose mit erhöhtem Frakturrisiko, sind Bisphosphonate die erste Wahl.

Hintergrund HRT Ende der 1960er-Jahre begann die Hormonersatztherapie für Frauen in den Wechseljahren in Form einer Estrogen-Monotherapie. Dies führte allerdings zu einer erhöhten Rate von Krebserkrankungen der Gebärmutterschleimhaut, so genannten Korpuskarzinomen. Ende der siebziger Jahre ging man dann über zur sequenziellen Hormonersatztherapie mit Estrogen und Gestagen und die Zahl der Korpuskarzinome ging zurück.

Die Therapie wurde zur Linderung der Hitzewallungen und der Urogenitalprobleme eingesetzt. Sie galt aufgrund von Beobachtungsstudien lange Zeit auch als aussichtsreiche Strategie, Osteoporose, koronare Herzkrankheit (KHK) und altersbedingte Hirnleistungsstörungen zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern. In weiteren Studien konnten diese früheren Ergebnisse bezüglich KHK und Hirnleistungsstörungen jedoch nicht bestätigen werden. Im Gegenteil, in der Women‘s Health Initiative (WHI-Studie) erwiesen sich die Risiken im Vergleich zum Nutzen insgesamt als größer.

Zwar waren die Zahl der Dickdarmkrebserkrankungen und der Hüftfrakturen durch Osteoporose leicht zurückgegangen, es zeigte sich jedoch, dass gleichzeitig das Schlaganfallrisiko und die Gefahr von Thrombosen durch die Hormongabe steigen. Und auch das Brustkrebsrisiko erhöhte sich. Die Studie wurde daraufhin 2002 nach fünf Jahren Dauer vorzeitig abgebrochen. Seitdem wird die HRT kontrovers diskutiert.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 14.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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