Schwangerschaft und Stillzeit
EIN GUTER BEGINN
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Muttermilch ist ernährungsphysiologisch äußerst wertvoll und bietet viele Vorteile. Darin sind sich Kinderärzte, Hebammen und Ernährungswissenschaftler einig. Wenn Stillen nicht möglich ist, sollten alternativ industriell gefertigte Säuglingsnahrungen gefüttert werden.
Am besten Muttermilch Sie enthält alle wichtigen Nährstoffe in der richtigen Qualität und Menge, die ein Säugling für ein gesundes Gedeihen braucht. Dabei ist Muttermilch leicht verdaulich und passt sich den wachsenden Nahrungsbedürfnissen des Säuglings während seiner Entwicklung an. Lediglich die zusätzliche Gabe von Vitamin D kann erwogen werden. Eine Überernährung des Babys ist nicht möglich. Stillen ist zudem äußerst praktisch, denn Muttermilch ist jederzeit und überall in der benötigten Menge verfügbar, immer richtig temperiert und gleichzeitig keimarm. Ein Spülen und Sterilisieren von Flaschen und Saugern entfällt, was den hygienischen Vorteil unterstreicht. Schließlich spart Stillen Geld und Zeit für Einkaufen und Zubereiten der Nahrung.
Gut für Mutter und Kind Stillen wirkt sich obendrein positiv auf die Gesundheit des Kindes aus. Das in der Muttermilch enthaltene Immunglobulin A schützt den Säugling vor Infektionen und wirkt antientzündlich. Aber nicht nur das Risiko für Atemwegserkrankungen, Darminfektionen oder Mittelohrentzündungen sinkt. Gestillte Säuglinge erleiden seltener einen plötzlichen Kindstod und erkranken in ihrem späteren Leben seltener an Übergewicht oder Diabetes mellitus vom Typ 2. Stillen beugt auch Allergien vor. Über die Muttermilch gelangen minimale Mengen von Allergenen zum Kind.
Sein Immunsystem kann sich durch diesen frühen Kontakt langsam an die fremden Eiweiße gewöhnen und lernt sie zu tolerieren. Darüber hinaus fördert Stillen eine günstige Bakterienbesiedlung im Darm und spielt damit eine wichtige Rolle bei der Etablierung der immunologischen Toleranz. Zudem profitieren die Mütter direkt vom Stillen. Die Gebärmutter bildet sich schneller zurück und das Ausgangsgewicht wird leichter wieder erreicht. Darüber hinaus kann Stillen bei der Frau zur Risikominderung für Brust- und Eierstockkrebs sowie für Diabetes und Herzkreislaufleiden beitragen. Schließlich bietet das Trinken an der Brust einen engen körperlichen Kontakt, was die Mutter-Kind-Bindung unterstützt und das gesunde Gedeihen des Säuglings fördert.
Damit die Milch gut fließt, muss regelmäßig und ausreichend Flüssigkeit aufgenommen werden. Hilfreich ist es, zusätzlich zu jeder Stillmahlzeit ein Glas Wasser zu trinken, auch nachts.
Wie oft Stillen? Es wird empfohlen, das Baby innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Geburt gleich anzulegen. Das Saugen regt die Milchbildung an und bringt den Milchfluss in Gang. Es gibt nur wenige medizinische Gründe, die ein Stillen nicht möglich machen. Selbst Kinder, die durch einen Kaiserschnitt entbunden wurden, können an der Brust trinken. Ebenso ist Muttermilch für Frühgeborene oder kranke Babys vorteilhaft. Ist ein aktives Saugen nicht möglich, kann abgepumpte Muttermilch per Flasche gegeben werden. Die Milchmengen sind in den ersten Tagen noch sehr gering, aber das Kind benötigt auch noch nicht mehr.
Die Produktion der passenden Mengen pendelt sich durch wiederholtes Anlegen beziehungsweise häufiges Entleeren der Brust schnell ein. Eine zusätzliche Gabe von Säuglingsnahrung ist normalerweise nicht notwendig, nur wenn medizinische Indikationen dies erforderlich machen (z. B. bestehende oder drohende Austrocknung, nachgewiesene oder drohende Hypoglykämie, mangelndes Gedeihen). Die Stillhäufigkeit variiert von Kind zu Kind. Während in den ersten Tagen viele Babys alle ein bis zwei Stunden gestillt werden möchten, verlangen sie später in der Regel nur noch alle drei oder vier Stunden die Brust. Länger als vier Stunden sollte der Abstand zwischen den Stillmahlzeiten aber nicht sein, gegebenenfalls sollte das Kind dann zum Trinken geweckt werden.
Wie lange Stillen? Expertengremien raten, möglichst in den ersten vier bis sechs Monaten ausschließlich zu stillen. Ausschließlich bedeutet, dass in dieser Zeit nur Muttermilch ohne zusätzliche Gabe anderer Flüssigkeiten oder Nahrung (z. B. Wasser, Saft, Säuglingsnahrung) gegeben wird. Aber auch jede kürzere Stillzeit oder teilweises Stillen wird als sinnvoll erachtet. Bei der Frage nach der exakten Stilldauer existiert ein gewisses Zeitfenster, in dem variabel mit dem Füttern fester Nahrung begonnen werden darf beziehungsweise werden sollte. So wird aus ernährungsphysiologischer und allergiepräventiver Sicht eine alleinige Ernährung mit Muttermilch mindestens bis zum Beginn des fünften Lebensmonats und die Beikosteinführung spätestens mit Beginn des siebten Monats empfohlen.
Später sollte aus Gründen eines steigenden Nährstoffbedarfs nicht mit dem Füttern fester Nahrung begonnen werden. Zudem scheint eine Verzögerung der Beikosteinführung mit einem erhöhten Allergierisiko verbunden zu sein. Bei der Entscheidung, ab wann ein Säugling innerhalb des Zeitfensters zusätzlich Beikost erhält, spielt natürlich auch individuell das Gedeihen und die Essfähigkeit des Kindes eine Rolle. Mit Beginn der Beikost ist aber nicht automatisch Schluss mit der Brust. Es wird ausdrücklich geraten, parallel zur Breifütterung weiter zu stillen – solange Mutter und Kind es wünschen.
Apropos Allergieprävention Diese Regeln gelten auch für Säuglinge mit einem erhöhten Allergierisiko. Sie erhalten zum gleichen Zeitpunkt die gleichen Lebensmittel, selbst Produkte, die besonders häufig Allergien auslösen (z. B. Fisch). Entgegen früherer Empfehlungen ist mit einer späteren Einführung beziehungsweise Vermeidung kein Schutz vor Al- lergien möglich. Ein Verzicht scheint hingegen das Risiko für den Ausbruch einer Allergie noch zu erhöhen. Heute wird vielmehr geraten, Fisch bereits im ersten Lebensjahr mit der Beikost in die Ernährung des Säuglings einzuführen, da dies einen allergieprotektiven Effekt zu haben scheint.
Ernährung der stillenden Frau Auch die Mutter muss während der Stillzeit auf nichts verzichten, selbst Blähendes oder Lebensmittel mit Allergiepotenzial gehören auf ihren Speiseplan. Nur selten führen mütterliche Nahrungsbestandteile zu Unverträglichkeitsreaktionen beim Kind. Auch gibt es keine Hinweise dafür, dass eine allergenarme Ernährung der Mutter während der Stillzeit einen allergievorbeugenden Effekt für den Säugling hat. Eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung mit regelmäßigem Verzehr von Fisch scheint vielmehr allergieprotektive Effekte zu haben. Zudem wird nicht nur die Mutter, sondern ebenso das Kind mit allen Nährstoffen versorgt. Überdies fördert eine Vielfalt der mütterlichen Nahrungsmittel die Geschmackbildung des Säuglings. Lernt das Kind schon beim Stillen eine große geschmackliche Bandbreite kennen, ist es später offener bei der Wahl der Lebensmittel.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/19 ab Seite 110.
Gode Chlond, Apothekerin