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Was ist eigentlich …

…EIN FIEBERKRAMPF?

Ein Alptraum für Eltern: Ihr Kind verliert das Bewusstsein, beginnt unkontrolliert zu zucken und atmet kaum noch. Woran erkennt man einen Fieberkrampf und was kann man in dieser Situation tun?

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Bis zu fünf Prozent der Kinder unter fünf Jahren erleben einen Fieberkrampf, vor allem Kleinkinder im Alter von 14 bis 18 Monaten. In diesem Entwicklungsstadium ist das Gehirn besonders anfällig für endogene Pyrogene, die körpereigenen fiebervermittelnden Botenstoffe, sodass die Krampfschwelle sinkt und es zu tonisch-klonischen Krämpfen kommen kann. Familiäre Vorbelastung gilt als größter Risikofaktor für Fieberkrämpfe.

Auslöser und Erscheinungsbild Virusinfektionen, vor allem das Dreitagefieber, sind besonders oft die Ursache. Steigt die Körpertemperatur schnell an, kann das Kind das Bewusstsein verlieren und die Muskeln des ganzen Körpers verkrampfen sich oder beginnen zu zucken. Die Atmung verlangsamt sich oder wird unregelmäßig und Lippen und Gesicht des Kindes können sich blau färben. Manche Kinder verdrehen die Augen nach hinten, bei anderen erweitern sich die Pupillen oder sie starren geradeaus. Dies wirkt auf die Eltern natürlich beängstigend, oft schätzen sie die Situation sogar als lebensbedrohlich ein, doch in der Regel bleibt ein Fieberkrampf folgenlos. Man unterscheidet einfache und komplizierte Fieberkrämpfe: Einfache Fieberkrämpfe treten bei Kindern zwischen sechs Monaten und sechs Jahren auf, dauern drei bis vier, maximal jedoch 15 Minuten und wiederholen sich innerhalb von 24 Stunden nicht.

Von einem atypischen oder komplizierten Fieberkrampf spricht man, wenn das Kind jünger als ein halbes Jahr oder älter als sechs Jahre ist, der Krampf länger als 15 Minuten dauert, sich innerhalb von 24 Stunden oder mehr als dreimal während des gleichen Infekts wiederholt sowie wenn das Kind anschließend neurologische Symptome wie Lähmungen zeigt. Auch wenn die Beschwerden nur halbseitig auftreten, deutet dies auf einen komplizierten Verlauf hin. Unkomplizierte Fieberkrämpfe beeinträchtigen die Entwicklung des Kindes nicht und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, später an Epilepsie zu erkranken, nur minimal auf ein bis zwei Prozent. Die komplizierteren Krämpfe jedoch können bleibende neurologische Folgeschäden verursachen und er- höhen das Epilepsierisiko auf 15 Prozent.

Mein Kind krampft – was soll ich tun? Sollte ein Krampfanfall auftreten, gilt es für die Eltern, Ruhe zu bewahren. Wie bei epileptischen Anfällen auch sollten sie dafür sorgen, dass das krampfende Kind sich nicht verletzen kann, also gefährliche Gegenstände aus dem Umfeld entfernen und Möbelkanten gegebenenfalls mit Kissen und Decken polstern. Das Kind braucht genügend Bewegungsfreiheit, es sollte also auf dem Boden oder im Bett liegen, keinesfalls darf man es festhalten oder schütteln. Ein Video des Anfalls hilft dem behandelnden Arzt später bei der Diagnose, vor allem aber sollten die Angehörigen auf die Uhr schauen, um die Dauer des Krampfes einschätzen zu können.

Die Zeitwahrnehmung ist in Schreckmomenten oft verzerrt. Ist der Anfall vorbei, sind die Kinder meist schläfrig. Die Eltern legen es nun am besten auf die Seite, sodass sie das Gesicht gut beobachten können und Speichel abläuft. Den Notruf zu wählen ist ebenfalls richtig und wichtig, wenn es sich um den ersten Fieberkrampf handelt oder wenn er einen komplizierten Verlauf nimmt. In den meisten Fällen ist der Spuk zwar schon vorbei, wenn der Rettungsdienst eintrifft, zur Untersuchung und Nachbehandlung wird das Kind dennoch in der Regel über Nacht in ein Krankenhaus gebracht. Hier wird auch festgestellt, ob es sich tatsächlich um einen Fieberkrampf handelte oder ob andere Ursachen wie eine Meningitis, Enzephalitis oder Unterzuckerung in Frage kommen.

Behandlung und Beratung Die Behandlung und Vorbeugung in der Selbstmedikation ist leider nicht möglich. Fiebersenkende Mittel unterdrücken in der Regel nur das krampfstimulierendes Pyrogen Cyclooxygenase, andere Fiebervermittler wie Interleukine und der Tumornekrosefaktor-alpha können aber weiterhin die Krampfschwelle im Gehirn herabsetzen, sodass es trotz gesunkener Körpertemperatur zu einem Anfall kommen kann. Ist bereits ein schwerwiegender Fieberkrampf aufgetreten, können Diazepam-Rectiolen rezeptiert werden, mit denen die Eltern den Krampfanfall dann selbst unterbrechen.

Auch zur Rezidivprophylaxe wird Diazepam verordnet, es soll jedoch aufgrund der Nebenwirkungen wie Schläfrigkeit und Schwindel maximal über einen Zeitraum von 72 Stunden eingenommen werden. Die prophylaktische Gabe von Antikonvulsiva wie Carbamazepin oder Valproat war aufgrund der ungünstigen Nutzen-Risiko-Bewertung ohnehin selten, laut neueren Studien gilt sie als wirkungslos und ist daher nicht mehr angezeigt. Für Eltern ist das Miterleben eines Fieberkrampfes angsteinflößend, daher spielt es in der Beratung eine wichtige Rolle, sie zu beruhigen. Nur rund 30 Prozent der Kinder, die einmal betroffen waren, krampfen erneut. Die meisten Fälle verlaufen unkompliziert. Einen kühlen Kopf zu bewahren ist das Wichtigste, was Eltern in dieser Situation für ihr Kind tun können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/2020 ab Seite 112.

Gesa Van Hecke, PTA/Redaktionsvolontärin

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