In Deutschland ist der freie Verkauf von E-Zigaretten seit 2016 nicht mehr möglich. © HAZEMMKAMAL / iStock / Thinkstock

E-Zigarette | Studie

E-ZIGARETTE: MEHR SCHADEN ALS NUTZEN?

Eine vor kurzem durchgeführte Simulationsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass E-Zigaretten der Gesamtbevölkerung mehr schaden als bislang gedacht. Dieses Ergebnis ist an die Voraussetzungen geknüpft, dass Jugendliche, die zur E-Zigarette greifen, in der Folge auf Zigaretten umschwenken. Zum anderen gelten E-Zigaretten aber um 95 Prozent weniger gesundheitsschädlich als normale Tabakzigaretten. Zwei Aussagen, die zu Kontroversen führt.

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Die Forschergruppe hat sich Daten aus dem Jahr 2014 geschnappt und mittels einer Monte-Carlo-Simulation prognostiziert, dass es 2015 in den USA 2070 weniger erwachsene Raucher gegeben hat, da viele bevorzugt zur E-Zigarette gegriffen haben. Diese Simulation kommt allerdings auch zu der Erkenntnis, dass auch 168 000 Raucher unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen 2015 dazugekommen sein müssten, da sie zuvor bereits die E-Zigarette versucht, sich aber letztlich für die Tabakzigarette entschieden hatten.

Diejenigen, die von der normalen Zigarette auf die E-Zigarette umgestiegen sind, gewinnen statistisch gesehen etwa 3000 Lebensjahre. Anders gestaltet sich das bei den Personen, die über die E-Zigarette zum Tabakraucher wurden. Durch diese Umstellung verlieren die Konsumenten etwa 1,5 Millionen Lebensjahre. Zieht man nun Bilanz, ist die Anwendung der E-Zigarette für die Menschen schädlich.

Für Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg ist dieses Ergebnis aufgrund der vorausgesetzten Annahmen nicht verwunderlich: „Die Annahmen der Studie kann man durchaus kritisieren, da sie äußerst pessimistisch sind – sowohl hinsichtlich des Nutzens von E-Zigaretten in der Tabakentwöhnung als auch hinsichtlich der Rolle von E-Zigaretten als Einstiegsdroge“.

Gateway-Hypothese
Für die Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention, anerkanntes WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle ist es alles andere als eindeutig, dass E-Zigaretten den Rauchstopp eher verhindern als begünstigen und zudem den Einstieg in den Tabakkonsum fördern. Bei einer vom Bundesgesundheitsministerium beauftragten Übersichtsarbeit konnte die Gateway-Hypothese nicht bestätigt werden. Die Zahl der minderjährigen Zigarettenraucher ist in den USA zeitgleich mit dem Hype der E-Zigarette stark abgesunken.

Reiner Hanewinkel, Leiter des Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung in Kiel ordnet die Schadensreduktion hingegen um 95 Prozent ein. „E-Zigaretten stellen im Alltagsgebrauch bislang keine wirksame Entwöhnungshilfe dar“, so Hanewinkel. In einer Übersichtsarbeit, die 38 Studien beinhaltet, wurde die Nutzung von E-Zigaretten unter realen Bedingungen untersucht. Im Ergebnis zeigt die Arbeit, dass E-Zigaretten sogar kontraproduktiv für einen Rauchstopp sein können.

Es gibt weitere Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass die Nutzung von E-Zigaretten bei Jugendlichen als unabhängiger Risikofaktor für eine spätere mögliche Tabakabhängigkeit gesehen werden kann. Bei Jugendlichen, die zuvor noch nie an einem Glimmstängel gezogen haben, liegt das Risiko später zur normalen Zigarette zu greifen, um das Zwei- bis Dreifache höher, wenn sie bereits vorher schon mal die E-Zigarette getestet haben.

Aktuell gibt es auch eine Studie aus Deutschland, die Hanewinkel zu der Erkenntnis gelangen lässt, dass eine E-Zigarette kein geeignetes Hilfsmittel ist, um mit dem Rauchen aufzuhören. Und es gibt ein weiteres Defizit, das bei näherer Betrachtung auffällt. „Die Studie berücksichtigt nicht, wie viele duale Nutzer der E-Zigaretten beim Rauchen bleiben – beispielsweise, wie sie ihre Nikotinsucht aufrechterhalten können, selbst an Orten, wo das Zigarettenrauchen verboten ist“, erklärt Gerhard Gmel vom Alkoholbehandlungszentrum an der Universitätsklinik Waadt in Lausanne. Eine weitere Studie zeigt zudem, dass Menschen in Europa, die rauchen, durch eine E-Zigarette eher beim Qualmen bleiben als damit aufzuhören.

Hilfestellung durch das Jugendschutzgesetz
Die Simulationsstudie liefert letztlich keinen Vergleich mit anderen bereits durchgeführten Studien. Sowohl Mons, als auch Gmel und Hanewinkel sind der Ansicht, dass die Ergebnisse der USA nicht auf Deutschland übertragbar sind. 2014 war es in den USA noch möglich, E-Zigaretten im freien Verkauf zu bekommen. In Deutschland ist dies allerdings seit 2016 nicht mehr möglich.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: Ärzteblatt

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