Drei Pflanzen
DREI IMPOSANTE RIESEN
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Während die ersten beiden Gewächse in ganz Deutschland zu finden sind, ist die sonnenliebende Artischocke in südlichen Gefilden zu Hause. Mittlerweile wird sie aber auch bei uns an geschützten Standorten einjährig angepflanzt.
Gigantisch und giftig Der Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum) aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) ist, wie sein Name schon sagt, mit einer Wuchshöhe von bis zu vier Metern (m) eine außerordentlich große, nicht zu übersehende Erscheinung. Auch sein Synonym Herkulesstaude nimmt darauf Bezug. Alles an der Pflanze ist auffallend groß. Schon sein dicht behaarter, hohler Stängel hat mit etwa zehn Zentimeter (cm) Durchmesser imposante Maße. Er ist häufig mit weinroten Flecken übersäht und trägt an seiner Spitze einen dekorativen Blütenstand, der einen Durchmesser von etwa einem halben Meter erlangen kann.
Dieser besteht aus einer außergewöhnlich großen, flachen, weißen Schirmdolde, die aus tausenden Einzelblüten besteht, die im Juni und Juli erscheinen. Seine tief eingeschnittenen Blätter sind vielfach gefiedert und haben die Größe von Regenschirmen. Mit Stiel können sie Längen von bis zu drei Metern erreichen. Der aus dem Kaukasus stammende Doldenblüter wurde Ende des 19. Jahrhundert wegen seines repräsentativen Aussehens bei uns ursprünglich als Zierpflanze eingeführt. Mittlerweile hat sich das anspruchslose und sehr anpassungsfähige Gewächs an den verschiedensten Standorten angesiedelt und wächst ungebremst in einem rasanten Ausmaß.
Partiell bildet der Riesenbärenklau fast waldartige Bestände, die für Natur und Mensch jedoch zur Plage und aufgrund der stark fototoxischen Inhaltsstoffe zur gesundheitlichen Gefahr geworden sind. Alle Pflanzenteile des Riesenbärenklaus enthalten Furanocumarine, die bei Hautkontakt in Verbindung mit UV-Strahlung zu schmerzhaften Hautreaktionen führen. Die als Wiesendermatitis bezeichnete Entzündung der Haut macht sich zunächst durch eine brennende und juckende Hautrötung bemerkbar. Später geht diese in scharf begrenzte Areale mit Blasenbildung über, die häufig Narben bilden und eine Hyperpigmentierung hinterlassen. Um die Ausbreitung der Giftpflanze einzudämmen, ordnen die Behörden inzwischen vielerorts Bekämpfungsmaßnahmen an.
Riesig und aromatisch Auch die Engelwurz (Angelica archangelica L.) ist eine stattliche Pflanze aus der Familie der Doldenblütler, die vor allem in Flachmooren, an Flussufern und auf feuchten Wiesen zu finden ist. Aus einem dicken, rübenartigen, rötlichen Wurzelstock entspringen bis zu 2,5 m hohe markig-hohle, fein gerillte und nach oben hin meist rot überlaufene und verästelte Stängel. An ihnen sitzen zwei- bis dreifach gefiederte, bis 90 cm große Blätter mit einer auffallend breiten, sackartig aufgeblasenen Blattscheide. Die Blüten stehen in großen (8 bis 15 cm) ballförmigen Dolden, die aus zahlreichen grünen Einzelblüten zusammengesetzt sind. Sie blühen von Juli bis August des zweiten Vegetationsjahres.
Danach stirbt die Pflanze in der Regel ab. Früher war die Engelwurz eine geschätzte Heilpflanze, die in keinem Kräutergarten fehlen durfte. Man schrieb ihr eine große Heilwirkung zu, man glaubte gar, dass sie gegen die Pest wirke. Aus dieser Zeit stammt auch ihr Name Engelwurz. Heute findet die Wurzel bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden wie leichten Magen- und Darmkrämpfen, Völlegefühl und Blähungen arzneiliche Verwendung. Ihre Wirkung geht vor allem auf das ätherische Öl mit Mono- und Sesquiterpenen und auf die Bitterstoffe zurück.
Außerdem nutzt man die zerkleinerten Blätter und Blattstiele zum Würzen von Speisen, da sie Suppen, Salaten und Saucen einen aromatischen, pfefferartigen Geschmack verleihen. Blätter und Wurzeln können auch als Gemüse zubereitet oder die Stängel roh gegessen werden. Engelwurzextrakte sind zudem Bestandteil zahlreicher Bitterschnäpse und Kräuterliköre. Vorsicht ist aber vor dem Pflanzensaft der Engelwurz geboten. Auch er enthält wie der Riesenbärenklau fototoxische Furanocumarine, die in hohen Dosierungen Hautentzündungen auslösen können.
Mannshoch und delikat Schon die alten Römer schätzten die Artischocke (Cynara cardunculus L. ssp. flavenscens Wikl., syn. Cynara scolymus L.) als eine schmackhafte Delikatesse und bewährtes Heilmittel bei Verdauungsstörungen. Heute sind die choleretischen, hepatoprotektiven und cholesterinsenkenden Eigenschaften der Artischockenblätterextrakte wissenschaftlich anerkannt. Die Effekte werden drei Inhaltsstoffgruppen zugesprochen, wobei der gesamte Pflanzenextrakt als Wirkstoff gilt: Caffeoylchinasäurederivate (z. B. Chlorogensäure, Cynarin), Flavonoide (z. B. Luteolin, Cynarosid) und Sesquiterpen-Bitterstoffe (z. B. Cynaropikrin).
Die ausdauernde, distelartige Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) kann bis zu zwei Meter hoch werden und liebt warme, sonnige Standorte. Auf das distelähnliche Erscheinungsbild nimmt der Artname cardunculus Bezug, der aus dem Lateinischen stammt und Distelchen bedeutet. Imposant ist die Artischocke aber nicht nur aufgrund ihrer Wuchshöhe, auch ihre körbchenartigen Blütenstände, die Artischockenköpfe, sind auffällig groß und können das Ausmaß einer Männerfaust erzielen. Das Besondere an ihnen ist zudem, dass der Blütenstandsboden sowie die fleischigen Hüllblätter roh und gekocht verzehrt werden können.
Werden die dekorativen Artischockenköpfe nicht als Gemüse geerntet, erscheinen im Sommer zahlreiche rote, violette oder blaue Röhrenblüten. Arzneilich finden die bis zu 50 cm großen Laubblätter Verwendung, die im frischen oder getrockneten Zustand zu Trockenextrakten verarbeitet werden. Sie sind meist fiederförmig geformt und unterseits graufilzig behaart. Teilweise tragen sie Dornen, worauf der Gattungsname Cynara zurückzuführen ist, der vom griechischen Wort kynára = Hund abstammt und sich auf die an Zähne erinnernden Blattspitzen bezieht.
Personen mit einer Allergie gegen Korbblütler sollten auf Artischockenpräparate verzichten. Auch für Patienten, die unter einem Verschluss der Gallenwege leiden oder Gallensteine haben, sind sie nicht geeignet. Artischockenblätterextrakte können über einen vermehrten Gallenfluss ruhende Steine in Bewegung bringen und somit die Gallengänge blockieren. Vorsichtig müssen auch Patienten sein, die Arzneimittel vom Cumarin-Typ zur Hemmung der Blutgerinnung einnehmen. Ihre Wirkung kann abgeschwächt werden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 07/18 ab Seite 54.
Gode Chlond, Apothekerin