Drei Pflanzen
DREI GEGEN BLÄHUNGEN
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Alle drei Pflanzen stammen aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae) und gehören zu den ältesten Arznei- und Gewürzpflanzen, die schon bei den alten Griechen und Römern im Gebrauch waren.
Es sind Ätherisch-Öl-Drogen, die aufgrund ihrer spasmolytischen und karminativen Wirkungen vor allem bei Blähungen, Völlegefühl und krampfartigen Beschwerden zum Einsatz kommen, außerdem als Schleimlöser bei Husten. In der Volksheilkunde hat es darüber hinaus noch während der Stillzeit einen festen Platz als Laktagogum, also als muttermilchförderndes Mittel.
AnisDie Früchte der einjährigen Pflanze Pimpinella anisum L. werden als Anis bezeichnet. Der Doldenblütler wird bis zu einem halben Meter hoch und blüht von Juli bis August mit kleinen weißen Blüten, die in lockeren Dolden angeordnet sind. Aus ihnen entwickeln sich zweiteilige Spaltfrüchte (Doppelachäne) von rundlicher bis eiförmiger Gestalt, weshalb Anis auch als Runder Fenchel bezeichnet wird. Der Name Anis ist vom griechischen anison für Dill abgeleitet, dem eine Verwechselung der beiden Doldengewächse zugrunde liegt. Der Gattungsname Pimpinella soll vom lateinischen bipinulla, doppelt gefiedert, stammen, was sich auf die mehrfach gefiederten Blätter im oberen Stängelabschnitt bezieht. Die ursprünglich im Nahen Osten beheimatete Pflanze benötigt einen sonnigen Standort und kalkreichen Boden in einem warmen mäßig-feuchten Klima.
Schon die alten Griechen und Römer kurierten mit Anisfrüchten Verdauungsstörungen und Husten. Zudem war im Altertum Anis zusammen mit Fenchel und Kümmel Bestandteil des Theriak. Im 8. Jahrhundert n. Chr. brachten die Benediktinermönche Anis nach Mitteleuropa, wo er in Klostergärten kultiviert wurde. In verschiedenen Schriften des späten Mittelalters wird Anis vor allem zur Behandlung von Bronchialbeschwerden und als entblähendes und krampflösendes Mittel gelobt. Daneben wird es als milchförderndes Mittel in der Stillzeit erwähnt. Noch heute sind die Früchte und das Öl bei diesen Indikationen beliebt. Die Wirkungen von Anis beruhen auf dem ätherischen Öl, dem Anisöl. Hauptbestandteil ist trans-Anethol, das auch für den typischen süßlich, aromatischen Geruch und Geschmack verantwortlich ist.
Fenchel Foeniculum vulgare MILL. ist ein zwei- bis mehrjähriges Doldengewächs, das im Mittelmeergebiet beheimatet ist und inzwischen weltweit in Ländern mit gemäßigtem Klima angebaut wird. Gelegentlich ist Fenchel auch verwildert anzutreffen. Gewöhnlich unterscheidet man zwei Unterarten, wobei nur der Echte Fenchel oder Gartenfenchel (Foeniculum vulgare ssp. vulgare) kultiviert wird. Von diesem haben sich im Laufe der Jahrhunderte drei Varietäten herausgebildet: var. vulgare (Bitterfenchel) mit bitter-süß und etwas scharf schmeckenden Früchten, var. dulce (Süß- oder Römischer Fenchel) mit süßen Früchten und var. azoricum (Gemüse-, Knollen- oder Zwiebelfenchel), dessen Blattscheiden am Stängelgrund fleischig zu einer wohlschmeckenden Knolle verdickt sind.
Im Europäischen Arzneibuch sind der Bitter- und der Süßfenchel aufgeführt. Die Fenchelpflanze wird je nach Varietät bis zu zwei Meter hoch. Sie entwickelt stielrunde, gerillte Stängel, die blaugrün bereift sind und zarte, filigrane aromatisch duftende Blätter tragen. Diese sind länglich-eiförmig und drei- bis vierfach gefiedert. Auf die schmalen, heuartig aussehenden Blattfiedern ist der Gattungsname Foeniculum zurückzuführen, der die Verkleinerungsform von lat. Foe- num, Heu, ist. Im Juli und August erscheinen zahlreiche kleine, gelbe, meist zwittrige Blüten. Sie sind in 12- bis 25-strahligen Doppeldolden angeordnet und können einen Durchmesser von 15 Zentimetern erreichen.
Aus den Blüten entwickeln sich von September bis Oktober bis zu acht Millimeter lange, grünlich-braune, süßlich-scharf schmeckende Früchte mit braunen Ölstriemen. Diese Sekretgänge bilden ein Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem sehr ähnlichen Dill. Bei den Früchten handelt es sich um Doppelachänen, die leicht in ihre Teilfrüchte (Achänen) zerfallen. Sie enthalten ätherisches Öl, das sich durch süßliches trans-Anethol und bitterem Fenchon auszeichnet. Das Bitterfenchelöl, meist nur Fenchelöl genannt, enthält mehr Fenchon als das ätherische Öl des Süßfenchels und gilt als qualitativ höherwertig. Das ätherische Öl wirkt spasmolytisch und karminativ, hat sekretolytische und sekretomotorische Eigenschaften und regt die Milchsekretion stillender Frauen an.
Diese drei Pflanzen machen sich auch gut im heimischen Kräuterbeet. Das frische Kraut kann in Salatdressings, Tees oder zum Würzen verwendet werden.
Kümmel Carum carvi L. ist in den gemäßigten Zonen Europas und Asiens beheimatet und wächst bei uns wild auf frischen Fettwiesen, auf Weiden und an Wegrändern. Daher stammen auch die volkstümlichen Namen Feld- oder Wiesenkümmel. Die Apothekenware stammt aber aus Kulturen. Arzneilich werden die Früchte (Carvi fructus) und das daraus hergestellte Kümmelöl (Carvi aetheroleum) genutzt. Der zweijährige Doldenblütler wird bis zu 80 Zentimeter hoch. Im ersten Jahr treibt aus einer möhrenartigen Wurzel zunächst eine Blattrosette. Im zweiten Jahr erhebt sich daraus ein kantig gefurchter Stängel, der sich nach oben hin verästelt.
An ihm sitzen doppelt bis dreifach fiederteilige, gestielte Blätter. Die Fieder stehen einander gegenüber, die unteren sind kreuzartig gestellt. Das ist ein charakteristisches Merkmal für die Kümmelpflanze. Außerdem unterscheiden sich die Blätter von anderen Doldenblütlern durch die am Grunde stehenden Nebenblätter. Zwischen Mai und Juli entfalten sich kleine weiße, seltener rosafarbene Blüten in Doppeldolden, die sich aus 8 bis 16 Döldchen zusammensetzen und weder Hüll- noch Hüllenblätter aufweisen. Auf die Doppeldolden nimmt auch der Gattungsname Bezug. Carum leitet sich aus dem Griechischen karon, Kümmel, ab, das von Kara, Kopf/Dolde, kommt.
Aus den Blüten entwickeln sich Doppelachänen, die bei der Reife in zwei sichelförmige, bräunliche, fünf Millimeter lange und einen Millimeter breite Teilfrüchte mit typischen weißlichen Streifen zerfallen. Die Früchte haben einen charakteristischen Geruch und schmecken aromatisch scharf. In ihren Sekreträumen ist ätherisches Öl enthalten, dessen Hauptinhaltsstoff Carvon krampflösend, blähungstreibend und verdauungsfördernd wirkt. Zudem ist Kümmel appetitanregend, förderlich für die Magensaftsekretion sowie für die Durchblutung der Magen- und Darmschleimhaut und unterstützt die Milchbildung.
Die Mischung macht’s Ein Klassiker ist eine Teemischung aus den Früchten von Anis, Fenchel und Kümmel zu gleichen Teilen. Sie wird sowohl als Verdauungstee gegen Blähungen als auch traditionell zur Anregung der Milchbildung stillender Frauen getrunken. Um eine optimale Wirkung zu erzielen, sollten die Früchte unmittelbar vor ihrer Verwendung angestoßen werden. Durch das Quetschen kann das ätherische Öl aus den Sekreträumen der Frucht leichter entweichen und in das Extraktionsmedium übergehen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 50.
Gode Chlond, Apothekerin