Das Summen und Brummen in der Luft wird immer leiser: Zwei Drittel aller Insekten in Deutschland sind bereits verschwunden. © zakob337 / iStock / Getty Images Plus

Artenschwund | Neue Studie

DIE INSEKTEN STERBEN – UND WIR SIND SCHULD

Zwei Drittel aller Insekten in Deutschland sind verschwunden. Das ergab eine aktuelle Studie der TU München (TUM). Um den genauen Ursachen auf die Spur zu kommen, plant die Bundesregierung ein systematisches Monitoring, das 2020 starten soll.

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Das Artensterben kam still und heimlich, wie durch die Hintertür: Natürlich fiel es auf, dass im Sommer auf der Windschutzscheibe des Autos weniger Insekten klebten als früher, doch da das eher angenehm war, machte man sich darüber nicht viele Gedanken. In der seit 2009 laufenden Studie weisen Wissenschaftler nach, dass sich sowohl die Biomasse – also das Gesamtgewicht aller Insekten – als auch die Anzahl einzelner Arten massiv verringert hat: „Dass tatsächlich ein Großteil aller Insektengruppen betroffen ist, war bisher nicht klar“, sagt Hauptautor Sebastian Seibold, Ökologe am Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TUM. Außer den 66 Prozent Biomasse sind auch ein Drittel der Arten verschwunden.

Am meisten überrascht der Rückgang in den Wäldern: Dort schrumpfte die Biomasse um 41 Prozent. Der Wald galt im Gegensatz zu Ackerflächen und Wiesen bislang als eine Art Schutzraum für Insekten und Spinnen, zumal Waldbesitzer und Forstwirte seit längerem auf nachhaltige Bewirtschaftung achten. Im Wald zeigte sich vor allem ein Rückgang solcher Insekten, die weite Strecken zurücklegen. Warum das so ist, können die Forscher noch nicht erklären.

Eine Ende 2017 fertig gestellte Studie hatte bereits 2017 einen Schwund nachgewiesen, doch besaß die Studie methodische Mängel. Die Wissenschaftler um Seibold sind nun wesentlich penibler vorgegangen: Auf etwa 300 Flächen haben sie über eine Million Insekten und Spinnen gesammelt, insgesamt 2700 Arten. Drei Gebiete wurden dabei untersucht, die geografisch relativ weit auseinanderliegen und unterschiedliche Landschaften abbilden. Bereits davor zeichnete sich ab, dass der Rückgang der Insekten im Zusammenhang mit der intensivierten Landwirtschaft steht. Also der Überdüngung mit Stickstoff, dem massiven Pestizideinsatz, der Ausreizung der Ackerfläche und mehrmaligem Mähen im Jahr. Tatsächlich war der Insektenschwund überall dort besonders stark, wo die Wiesen von Ackerland umgeben waren. Es summte und krabbelte gerade auf solchen Grasflächen besonders wenig, die an Ackerflächen grenzten. Dort schrumpfte vor allem die Biomasse von Arten, die keine großen Distanzen zurücklegten. „Die Art und Weise der landwirtschaftlichen Nutzung entscheidet maßgeblich mit, ob Insekten in der Umgebung überleben können“, sagte dazu Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Auch deshalb will die Bundesregierung sehr bald ein staatlich finanziertes Monitoringprogramm starten, das sämtliche Lebensraumtypen abbildet, kontinuierlich läuft und mit allen Bundesländern abgestimmt ist. Die aktuelle Studie führe ein weiteres Mal vor Augen wie ernst die Lage sei, betonte Schulze.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Zeit online

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