© neftali77 / 123rf.com

Strahlung in der Medizin

DIAGNOSTIK MIT RÖNTGENBLICK

Bildgebende Verfahren sind aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Doch viele Menschen machen sich wegen der Strahlenbelastung Sorgen. Dabei sind wir in unserer Umwelt ebenfalls Radioaktivität ausgesetzt.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Durchschnittlich ist jeder Deutsche im Jahr einer natürlichen effektiven Strahlendosis von 2,1 Millisievert ausgesetzt – wenn auch nicht durch Supermanns Röntgenblick. Die Hälfte davon geht laut Umweltbundesamt auf das Konto des radioaktiven Gases Radon und seiner Zerfallsprodukte, die aus dem Erdboden ausströmen und sich in Gebäuden anreichern können – und die wir dann einatmen.

Ein Teil (0,3 bis 0,6 mSv) wird von kosmischer Strahlung aus dem Weltall verursacht. Dazu kommt terrestrische Strahlung durch den Zerfall von radioaktiven Stoffen, die zu einem kleinen Prozentsatz immer im Erdboden vorkommen (0,4 mSv). Schließlich enthält auch unsere Nahrung natürlicherweise strahlende Stoffe – sie schlagen mit weiteren 0,3 mSv zu Buche. Allerdings ist die kosmische Strahlung im Gebirge deutlich höher als auf Meereshöhe. Zudem schwanken die Menge des austretenden Radons sowie die Belastung durch die terrestrische Strahlung je nach Beschaffenheit und Zusammensetzung des Bodens regional stark.

Noch nicht berücksichtigt in dieser Rechnung sind medizinische Anwendungen: Die effektive Dosis durch sie beläuft sich hier zu Lande pro Einwohner und Jahr auf zusätzlich 1,8 mSv. Auch dies ist ein Mittelwert: Nicht bei jedem Menschen wird jedes Jahr ein Verfahren, das ionisierende Strahlung verwendet, eingesetzt. Zudem unterscheiden sich die einzelnen Techniken in ihrer Strahlenbelastung erheblich.

Während nach Angaben des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) die Anzahl der konventionellen – mit einer vergleichsweise niedrigen Strahlenbelastung verbundenen – Röntgenaufnahmen in den letzten Jahren eher gesunken ist, sind gleichzeitig mehr – strahlenintensivere – Röntgendurchleuchtungen vorgenommen und Computertomografien angefertigt worden. Insgesamt nimmt daher die durchschnittliche Strahlenbelastung durch medizinische Anwendungen pro Einwohner derzeit leicht zu.

Was ist Strahlung? Warum ist sie für uns schädlich? Radioaktivität entsteht, wenn sich ein Atomkern spontan in einen anderen Atomkern umwandelt und dabei energiereiche Strahlung aussendet. Es handelt sich also um eine Energieform, die sich als elektromagnetische Welle oder als Teilchenstrom ausbreitet. Im Fall von Alpha-Strahlung besteht sie aus Alpha-Teilchen, die nur eine sehr geringe Reichweite haben und die Haut von außen nicht durchdringen können. Allerdings können sie – wie das Gas Radon – Gewebe schädigen, wenn sie eingeatmet werden.

Gefahr durch Radon verringern
Zum Teil vermeiden lässt sich das Einatmen des Gases Radon und seiner Zerfallsprodukte, die laut BfS gemeinsam für 5 bis 10 Prozent aller Fälle von Lungenkrebs in Deutschland verantwortlich sind. Damit ist Radon nach dem Rauchen Risikofaktor Nummer zwei für diese Krebsart. In Regionen mit hoher Konzentration in der Bodenluft kann das Gas vor allem in ältere Gebäuden etwa durch Risse im Fundament oder undichte Rohrdurchführungen eindringen und sich in der Raumluft anreichern. Deshalb empfiehlt das BfS in diesen Fällen bauliche Sanierungen, sofern in Messungen tatsächlich erhöhte Radonkonzentrationen nachgewiesen werden. Auch mit einfachen Maßnahmen wie dem Abdichten der Kellertür oder häufigem Lüften kann die Konzentration in der Raumluft gesenkt werden.

Beta-Strahlen sind ebenfalls Teilchenstrahlen. Bei Gammastrahlen handelt es sich um elektromagnetische Wellen, die ein hohes Durchdringungsvermögen haben. Röntgenstrahlen sind vergleichbar mit Gammastrahlen, nur dass sie künstlich in einer Röntgenröhre erzeugt werden. Allen Arten ist gemeinsam, dass sie die Zellen, und dort besonders die DNS, schädigen können. Wie groß der Schaden ist, hängt von der Art der Strahlung, der Höhe der Dosis sowie von dem Zeitraum ab, über den der Körper dieser ausgesetzt war.

Röntgenstrahlen in der Medizin Das hohe Durchdringungsvermögen wird dazu genutzt, um Bilder vom Inneren des Körpers zu erzeugen. Bei klassischen Röntgenaufnahmen werden die Strahlen kurzfristig auf den zu untersuchenden Körperteil gerichtet. Je dichter das Gewebe (z. B. Knochen), desto stärker wird die Strahlung darin absorbiert. Ein sich hinter dem Körper befindlicher Detektor macht dies sichtbar. Auch das Mammografie-Screening-Programm verwendet diese Technik. Die effektive Dosis einer solchen konventionellen Aufnahme liegt deutlich unter 1 mSv.

Es können mithilfe von Bilderserien Bewegungsvorgänge dargestellt werden, auch die Angiografie gehört in diese Kategorie. Bei der Computertomografie schließlich handelt es sich um ein Schnittbildverfahren mit Röntgenstrahlen. Während der Patient in der Röhre liegt, fahren Röntgenstrahler und Detektor um den Körper herum und machen Aufnahmen aus verschiedenen Richtungen. Daraus errechnet der Computer überlappungsfreie Schnittbilder.

Für Röntgendurchleuchtungen sowie Computertomografien liegt die effektive Strahlendosis im Bereich von 1 bis 16mSv. Laut Umweltbundesamt machen die verschiedenen Verfahren zusammen den Löwenanteil der Strahlenbelastung durch medizinische Anwendungen aus.

Nur ein kleiner Teil wird durch die nuklearmedizinische Diagnostik verursacht. Bei der klassischen Szintigrafie erhält der Patient ein radioaktives Arzneimittel, das sich in bestimmten Organen oder Geweben anreichert, beispielsweise dem Skelett oder der Schilddrüse. Indem die zeitliche und räumliche Verteilung des Arzneimittels verfolgt wird, lassen sich nicht nur die Morphologie, sondern auch Funktionsstörungen beurteilen. Zur nuklearmedizinischen Diagnostik zählen außerdem die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) und die Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT).

Die einzelnen Techniken unterscheiden sich in ihrer Strahlenbelastung – im Durchschnitt ist pro Untersuchung mit einer effektiven Dosis von 2,4 mSv zu rechnen. Aufgrund dieser Belastung sind Ärzte gehalten, vor jeder Röntgen- oder nuklearmedizinischen Untersuchung Nutzen und Risiko abzuwägen. Sie sollte nur dann erfolgen, wenn der Nutzen überwiegt, es also keine andere Möglichkeit der Untersuchung gibt und das Ergebnis die Art der Behandlung beeinflusst.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/13 ab Seite 76.

Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin

×