Tabletten liegen auf einem mit Text bedruckten Blatt Papier.
Die nichtalkoholische Fettleber gehört zu den häufigsten symptomlosen und nichtdiagnostizierten Krankheiten. © designer491 / iStock / Getty Images Plus

Krebsrisiko | Studien

DER STILLE KILLER FETTLEBER

Verschiedene internationale Studien weisen auf ein erhöhtes Krebsrisiko bei der nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD) hin. Eine retrospektive Kohortenstudie über 10 Jahre zeigt auf Basis von Real World-Daten für Deutschland im Hinblick auf spezifische Tumorarten ebenfalls ein erhöhtes Risiko.

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Die nichtalkoholische Fettleber (NAFLD: non-alcoholic fatty liver disease) kann unbehandelt schwere Folgen verursachen und das Risiko für andere Erkrankungen wie zum Beispiel Krebs erhöhen. Vor diesem Hintergrund untersuchten Forscher der Universität Mainz und von IQVIA, Frankfurt, auf Basis von Daten aus der Alltagsversorgung (Real World) die Bedeutung der NAFLD hinsichtlich der Inzidenz unterschiedlicher Tumorarten in Deutschland.

Epidemiologisch relevante Fragestellung
Angesichts einer weltweiten Zunahme der Inzidenz von Tumorerkrankungen bestand das Ziel der Studie darin, die Bedeutung der NAFLD hinsichtlich der Inzidenz unterschiedlicher Tumorarten in Deutschland zu untersuchen. Denn über die spezifischen Krebsarten bei der Erkrankung ist wenig bekannt. Die NAFLD stellt jedoch eine der Hauptursachen für eine chronische Lebererkrankung dar, mit einer geschätzten Prävalenz von 24 Prozent in der Allgemeinbevölkerung. Vor allem Diabetes Typ 2- und Adipositas-Patienten haben ein erhöhtes Risiko. Da beide Erkrankungen seit Jahren eine Zunahme verzeichnen, gehen Forscher auch von einer zunehmenden Inzidenz der NAFLD in den USA und in den fünf größten EU-Ländern aus.

Des Weiteren lässt die demografische Entwicklung ein Ansteigen neuer Krebsfälle annehmen. Die NAFLD umfasst ein Erkrankungsspektrum, das von der einfachen Leberverfettung über die Leberzirrhose bis hin zum Leberkrebs reicht. Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium der NAFLD besitzen im Vergleich zu Menschen ohne chronische Lebererkrankung ein sieben Mal höheres Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. In der Folge bedeutet dies nicht selten die Notwendigkeit einer Transplantation.

Die Kooperation zwischen der Universitätsklinik Mainz und dem Epidemiologie-Team von IQVIA führte zu mehreren neuen Studien hinsichtlich physischer und psychischer Erkrankungen als Folge der NAFLD. Die hier vorzustellende Kohortenstudie beschäftigte sich mit der Assoziation zwischen NAFLD und Krebs. Die Datenbasis dieser Studie bildeten anonymisierte Diagnoseinformationen aus der retrospektiven Datenbank IMS® Disease Analyzer aus 1262 allgemeinärztlichen Praxen in Deutschland.

In die Auswertungen flossen die Therapieverläufe von 31 587 Patienten ein, die im Zeitraum zwischen Januar 2000 und Dezember 2015 (Indexphase) eine NAFLD-Erstdiagnose erhalten hatten und für die eine Beobachtungszeit von mindestens zwölf Monaten vor dem Indexdatum vorlag. Patienten mit einer Krebsdiagnose vor dem Indexdatum waren ausgeschlossen. Verglichen wurde die Studiengruppe mit einer gleich großen Kontrollgruppe ohne NAFLD-Diagnose, die nach den Merkmalen Alter, Geschlecht, Arzt, behandelnde Praxis, Indexjahr und Charlson Komorbiditätsindex vergleichbar selektiert wurden.

Insgesamt wie auch spezifisch erhöhtes Krebsrisiko
Innerhalb von zehn Jahren nach dem Indexdatum wurde bei 15,3 Prozent der Patienten aus der Studiengruppe und bei 13,4 Prozent der Patienten aus der Kontrollgruppe eine Krebserkrankung diagnostiziert. Dieses Ergebnis ist statistisch signifikant. Die drei häufigsten Krebsarten in beiden Gruppen waren Hautkrebs, Karzinome der Verdauungsorgane (ohne Leberkrebs) und Krebs im Bereich von Lymphe und Gewebe.

Vertiefende Analysen zeigen, dass bei Patienten mit NAFLD das Risiko für bestimmte Tumorarten erhöht ist: für Brustkrebs bei Frauen um 20 Prozent, für Tumore der Genitalorgane bei Männern um 26 Prozent und für Hautkrebs, unabhängig vom Geschlecht, um 22 Prozent. Die Gesamtinzidenz von Krebs bei NAFLD erwies sich als um 15 Prozent erhöht.

Das zentrale Ergebnis der erstmals für Deutschland untersuchten Inzidenz von Krebserkrankungen bei NAFLD, nämlich ein erhöhtes Krebsrisiko, steht im Einklang mit ähnlichen Untersuchungen aus anderen Ländern, bei Unterschieden hinsichtlich der Krebsarten, wofür verschiedene Faktoren eine Rolle spielen könnten.

Auch wenn die Studie bestimmten Einschränkungen unterliegt, so lassen sich doch aufgrund der Größe mit rund 63.000 einbezogenen Patienten Erkenntnisse gewinnen. Dazu Prof. Dr. Karel Kostev, Forschungsleiter bei IQVIA: „Die Ergebnisse zeigen, dass die NAFLD als ein Indikator für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, Krebs zu entwickeln, anzusehen ist. Vor diesem Hintergrund bieten sie auch eine nützliche Orientierungshilfe zur Bestimmung von Best Practice-Mustern in der Diagnostik und Versorgung von Patienten mit NAFLD. Zu denken ist hier ist beispielsweise an eine intensive Beratung der Betroffenen, an Krebsvorsorgeprogrammen teilzunehmen.“

Quelle: IQVIA

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