Zucker schwimmt natürlich nicht im Blut. Der Glukose-Anteil wird durch Insulin rasch in die Zellen transportiert. © tussik13 / iStock / Getty Images Plus

Unterzuckerung | Unterschätzte Gefahr

DER „HYPO“ KOMMT GERN NACHTS

Die Gefahr kommt unbemerkt im Schlaf: Hypoglykämien, also Unterzuckerungen, sind bei Diabetikern gefürchtet. Die Komplikation während einer Insulintherapie verschlechtern den Schlaf sowie die Gedächtnis- und Arbeitsleistung am Tag. Sie stehen sogar im Verdacht, demenzielle Erkrankungen zu fördern.

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„Hypos“, wie sie unter Diabetikern genannt werden, sind bei dieser Krankheit keine Seltenheit: „80 Prozent der Typ-1- und fast 40 Prozent der Typ-2-Patienten hatten innerhalb von vier Wochen eine Hypo“, sagt Professor Dr. Werner Kern, Ärztlicher Leiter des Endokrinologikums Ulm. In der Befragung zur Studie “Hypoglycaemia Assesment Tool (HAT) berichteten neun Prozent der Typ-1- und 5,4 Prozent der Typ-2-Patienten sogar von schweren Unterzuckerungen.

Das Problem: Mit jeder, selbst einer leichten Hypoglykämie wird die Wahrnehmung dafür geringer. Und da die Warnzeichen schlechter erkannt werden, steige auch das Risiko für die schweren Unterzuckerungen. Das beeinträchtigt die Lebensqualität und löst Angst aus: „Viele Typ-1-Diabetiker reduzieren daraufhin ihre Insulindosis oder lassen sie auch mal weg“, berichtet der Professor. Dies erschwere die glykämische Kontrolle und das Erreichen der Zielwerte.

Nachts ist zudem die hormonelle Gegenregulation reduziert, sodass die Unterzuckerung stundenlang anhalten kann. Die Stoffwechselentgleisung beeinträchtigt die Gehirnfunktion – nach einer Hypo-Nacht ist die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit am nächsten Tag oft deutlich beeinträchtigt.

Da Hypos auch das Risiko für Demenz erhöhen, vermutet man, dass sie auch den Abbau von β-Amyloiden beeinträchtigen. Schwere Entgleisungen haben auch einen Einfluss auf Reaktionszeit und Motorik, weshalb gerade bei Senioren die Gefahr für Stürze und daraus folgende Frakturen steigt. In der neuen Leitlinie zu Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle zu Diabetes mellitus im Alter heißt es deshalb, dass der Erhalt der Lebensqualität und das Vermeiden von Hypoglykämien vorrangige Therapieziele bei älteren Menschen mit Diabetes sein sollten. Es gehe gerade auch um Autonomie, also das selbstständige unabhängige Leben in der eigenen Umgebung, an die das Therapiekonzept anzupassen ist: Der HbA1c -Wert hat laut Leitlinie einen geringeren Stellenwert. Auch das HbA1c-Ziel soll an die vermutete Lebenserwartung angepasst werden.

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: Pharmazeutische Zeitung 

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