Mandelsteine
DAS UNGEHEUER IN DER TIEFE
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Die Tonsillen sind lymphatische Organe im Bereich der Mundhöhle und des Rachens. Es existieren vier Arten: die Gaumen-, Rachen-, Zungen- und Tubenmandeln. Zusammen bilden sie den sogenannten Waldeyer‘ schen Rachenring, der am Übergang von Mundhöhle und Nase zum Rachen lokalisiert ist und als Barriere vor Eindringlingen wie Viren oder Bakterien schützt.
Spricht man allgemein von Mandeln, bezieht sich dies auf die Gaumenmandeln . Alle Tonsillen gehören zum Immunsystem und übernehmen eine Art Überwacherfunktion. Die Gaumenmandeln liegen genau dort, wo Atem und Nahrung in den Organismus treffen und fungieren somit als erste Abwehrfront gegen Krankheitserreger.
Ursache von Mundgeruch Weiße Punkte auf den Mandeln deuten nicht immer auf eine akute Mandelentzündung hin. Kommen weiße Stippchen dort vor, die übel riechen und schmecken, könnten Mandelsteine, auch Tonsillensteine genannt, „dahinter“ stecken. Dabei spüren die Patienten keine Halsschmerzen, auch fehlen sonstige Anzeichen einer Entzündung (Rötungen oder Schwellungen). Stattdessen quälen sich Betroffene vorwiegend mit einem unangenehmen Mundgeruch und ertragen gelegentlich ein Fremdkörpergefühl sowie Druckbeschwerden.
Unter dieser sogenannten chronischen, exprimathaltigen Tonsillitis leiden mehr Menschen, als man denkt, denn es handelt sich aufgrund der lästigen Symptome um eine Erkrankung, über die niemand gerne spricht. Die Tonsillensteine stellen in der Regel keine Gefahr für die Gesundheit dar, ganz im Gegenteil: Ihre Bildung ist ein vollkommen physiologischer Vorgang, der das Abwehrsystem stärkt. Äußert unerwünscht sind sie lediglich wegen ihres schlechten Geruchs. Sie haben eine weiße bis gelbliche Farbe und erscheinen, als könnten sie einfach weggekratzt werden.
Nährboden für Bakterien Die Mandeln sind mit Krypten (kleinen Furchen) versehen, in die sich Speisereste, abgestoßene Hautmaterialien oder Speichel festsetzen können. Sie verhärten sich durch die Einlagerung von Kalksalzen zu Steinen und bieten Keimen eine ideale Wachstumsfläche. Sind die Krypten voll, geben sie die Pfropfen ab. Die kleinen Krümel (Detritus) gelangen dann an die Oberfläche der Mandel, werden geschluckt oder durch Husten und Niesen hinaus befördert. Wenn der Geruch oder der Geschmack den Kunden stören, können sie mit Mundwasser oder Gurgellösungen dagegen vorgehen.
BLOSS NICHT!
Viele Kunden vermeiden es aus Scham, einen Arzt zu konsultieren. Stattdessen versuchen sie häufig, die Bröckchen mit einer Zahnbürste oder einem spitzen Gegenstand selbst zu beseitigen. Dieser Vorgang geht jedoch mit einer hohen Verletzungsgefahr von Mandeln und Zahnfleisch einher, daher sollten PTA und Apotheker Betroffenen von solchen Maßnahmen abraten.
Diese Maßnahme ist rein symptomatisch, denn die „Arbeit“ der Mandeln wird dadurch nicht unterbunden. Daher bringen die Spülungen zwar Linderung, bauen die Steine jedoch im günstigsten Fall nur minimal ab.
Radikale Behandlung Wen die stinkenden Steine stark stören, der kann sie vom Hals- Nasen-Ohren-Arzt mit speziellen Geräten professionell eliminieren lassen. Auch der Einsatz einer Munddusche mit einstellbarem Wasserdruck ist möglich. Die Mandelgrüfte werden dabei am besten mit einer Salzwasserlösung verdrängt, außerdem beugt die Munddusche der weiteren Entstehung von Tonsillensteinen vor. Eine sichere Möglichkeit, die übel riechenden Krümel dauerhaft loszuwerden, besteht in der Entfernung der Mandeln (Tonsillektomie).
Diese ist jedoch bei dem alleinigen Auftreten von Tonsillensteinen nicht indiziert. Verursachen die Tonsillen hingegen chronische Beschwerden (häufige, antibiotikapflichtige Mandelentzündungen), ist eine Tonsillektomie sinnvoll. Hierbei handelt es sich um einen Routineeingriff unter Vollnarkose, bei dem die Mandeln aus ihrem Bett herausgeholt werden.
Alternative Die Roederbehandlung bezeichnet ein naturheilkundliches, mechanisches Verfahren, bei dem der Detritus aus den Gaumenmandeln entfernt wird. Beim Kauen und Schlucken bewegen sich die Mandeln mit und reinigen dabei die Krypten. Dieser Prozess wird beim Roederverfahren gefördert, indem die Mandeln massiert und Ablagerungen über eine Glasglocke abgesaugt werden. Das Roedern wird normalerweise einmal wöchentlich durchgeführt und solange wiederholt, bis sich nur noch wenig bis gar kein Substrat absaugen lässt. Einen wissenschaftlichen Nachweis über die Wirksamkeit dieser Methode gibt es bisher nicht.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/14 ab Seite 128.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)