Tiere in der Apotheke
DAS FELINE FIBROSARKOM
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Das feline Fibrosarkom stellt mit etwa 40 Prozent aller Hauttumoren die häufigste Tumorform bei Katzen dar. Die Inzidenz wird auf einen Fall pro 1000 Katzen im Alter von über acht Jahren geschätzt. Meistens treten die Tumoren an den typischen Impfstellen zwischen den Schulterblättern, der seitlichen Brustwand sowie an der Muskulatur von Oberschenkel oder Hüfte als einzelner Knoten in der Unterhaut in Erscheinung. Selten sind mehrere Knoten vorhanden.
Klinisches Bild Der Knoten auf der Haut wächst sehr schnell und ist nicht beweglich. Innerhalb weniger Wochen können hühner- bis gänseeigroße Knoten entstehen. Fibrosarkome fühlen sich hart, knotig und derb an und können, werden sie nicht rasch behandelt, auch aufbrechen. Das Fibrosarkom neigt weniger zur Ausbildung von Fernmetastasen, wächst jedoch lokal infiltrativ in das umgebende Gewebe hinein. Die Metastasierungsrate beträgt 10 bis 20 Prozent, wobei Metastasen in Lunge, Lymphknoten und abdominalen Organen diagnostiziert werden, sodass eine röntgenologische Untersuchung des Thorax unbedingt durchgeführt werden sollte. Das klinische Bild des felinen Fibrosarkoms ist in der Regel eindeutig. Nach der Diagnose, die durch eine Biopsie erfolgt, wird das Maß der Infiltration und der Metastasierung anhand von Röntgenaufnahmen der Lunge, abdominaler Sonografie sowie mittels Kernspin- oder Computertomografie festgestellt. Die Tumoren infiltrieren meist weiter als die Palpation der Knoten vermuten lässt.
Therapie Die chirurgische Entfernung des Tumors ist die Basistherapie. Tumoren, die kleiner als drei Zentimeter sind, haben eine bessere Prognose als größere und rezidivierende Tumoren. Allerdings werden auch bei kleinen Tumoren vielfach Rezidive beobachtet. Ein radikales chirurgisches Vorgehen, bei dem nach allen Seiten mindestens drei Zentimeter Abstand zum tastbaren Tumor gehalten wird, ist indiziert, denn eine schonende Resektion und Rezidivoperationen haben eine deutlich schlechtere Prognose. Fibrosarkome im Bereich der Schulterblätter sind in fortgeschrittenem Stadium allgemein schwierig zu operieren. Die chirurgische Versorgung reicht alleine meist nicht aus. Deshalb wird auch zu einer internistischen onkologischen Therapie geraten. Mit einer Radiotherapie können ebenfalls Behandlungserfolge erzielt werden.
Präoperativ wird der Tumor verkleinert, postoperativ werden kleinste Tumorreste entfernt. Auch eine Immuntherapie kann durchgeführt werden. Durch eine Immunstimulation im Tumor kann das Immunsystem den Tumor als fremd erkennen. Das Risiko eines Rezidivs kann mittels Immuntherapie um etwa 50 Prozent reduziert werden. Einige Studien konnten zeigen, dass nicht-operable Fibrosarkome auch auf eine zytostatische Therapie reagieren. So wurde beispielsweise Doxorubicin intravenös alle drei bis vier Wochen für vier bis sechs Behandlungen in Einzelfällen mit Erfolg angewendet. Die chirurgische Resektion sowie auch Bestrahlungen und Chemotherapie haben zu Remissionen und zur Verbesserung der Überlebenszeiten geführt. Daher wird die Kombination dieser Therapiemaßnahmen empfohlen.
Subkutane Injektionen als Risikofaktor Noch vor wenigen Jahren wurden die meisten Fibrosarkome bei der Katze durch das feline Sarkomvirus verursacht (FeSV). Die Sarkome, die bei Katzen heute nachgewiesen werden, werden inzwischen aber als „injection site-associated sarcomas“ bezeichnet (früher vaccine-associated sarcomas) und entstehen aus subkutanen Entzündungsreaktionen. Diese Entzündungen werden meistens durch Injektionen ausgelöst, können aber auch durch andere subkutane Reizungen, zum Beispiel durch das Einsetzten eines Chips oder durch Traumata entstehen. Besonders häufig entwickeln sich die Tumoren nach Injektionen, wobei sie erst Wochen, Monate oder sogar erst nach Jahren klinisch auffällig werden.
Grundsätzlich können alle subkutanen Injektionen diese Tumoren auslösen, das Risiko ist jedoch bei stark reizenden Injektionen, wie zum Beispiel öligen Depotlösungen oder durch Impfungen besonders hoch. Hier besteht zudem ein wesentlicher Unterschied zwischen inaktivierten Vakzinen und Lebendvakzinen. Inaktivierte Impfstoffe benötigen eine Entzündung an der Injektionsstelle, um wirksam zu sein; ohne diese Entzündung werden die Antigene dem Immunsystem nicht präsentiert, sodass die Impfung nicht effektiv wäre. Lebendimpfstoffe können dagegen ohne Hilfsmittel eine Immunreaktion auslösen. Deshalb sind die „injection site-associated sarcomas“ seit der Entwicklung von inaktivierten Impfstoffen häufiger geworden.
Als mögliche Auslöser werden die zugesetzten Adjuvanzien vermutet. Der Hilfsstoff Aluminiumhydroxid ist in Zellen der Immunabwehr an der Impfstelle nachgewiesen worden. Direkt aus dem Kühlschrank injizierte Impfstoffe scheinen das Risiko für die Entwicklung von Tumoren stärker zu erhöhen als Impfstoffe mit Zimmertemperatur. Generell sind subkutane den intramuskulären Injektionen vorzuziehen, und eine Impfung sollte bei Katzen entweder möglichst distal in die Hintergliedmaßen oder in die seitliche Bauchwand erfolgen.
Prognose Die Aussicht auf Heilung ist beim felinen Fibrosarkom schlecht. Meist wird das Fibrosarkom zu spät diagnostiziert. Bei 60 bis 75 Prozent der Katzen, bei denen das Fibrosarkom operativ entfernt wurde, traten Rezidive auf, die oft schon wenige Wochen beziehungsweise Monate nach der Operation festgestellt werden. So wurden bei 70 Prozent der operierten Katzen nach durchschnittlich 3,5 Monaten erneut Fibrosarkome festgestellt. Katzen mit Primärtumoren haben hinsichtlich eines Rezidivs eine signifikant bessere Prognose als Tiere, die bereits mit einem Rezidiv vorgestellt werden.
Prophylaxe Einzelne präventive Maßnahmen durch den Tierarzt sind möglich: subkutane anstelle von intramuskulären Injektionen. Injektionen subkutan in die seitliche Bauchwand. keine Injektionen in den Bereich zwischen den Schulterblättern (Interskapularbereich). abwägen, ob eine ausschließlich in der Wohnung gehaltene Katze gegen Tollwut und FeLV (Felines Leukämievirus) geimpft werden muss. Stellen Katzenbesitzer eine Umfangsvermehrung nach der Impfung im Bereich der Injektionsstelle fest, muss unverzüglich ein Tierarzt konsultiert werden.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/19 ab Seite 82.
Dr. Astrid Heinl, Tierärztin