Am liebsten vermehrt er sich in verdorbenen Fleisch-und Wurstwaren: Clostridium botulinum. © beats3 / iStock / Getty Images Plus

Bakterien | Lebensmittelvergiftung

BOTULISMUS: SELTEN, ABER LEBENSBEDROHLICH

Synonym auch gerne als Fleisch- oder Wurstvergiftung bezeichnet, zeigt sich schon in der Bezeichnung einer der Hauptübeltäter: verdorbenes Fleisch. Aber auch mit nicht korrekt eingekochtem Gemüse kann man sich mit Botulinumtoxin vergiften.

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Clostridium botulinum und seine Sporen sind äußerst widerstandfähig und kommen prinzipiell überall vor. Hitze, Frost, Trockenheit – überlebt das Bakterium ohne Probleme. Gerade im Boden kann es sehr lange überdauern. Es vermehrt sich rasch unter Luftausschluss, vorzugsweise in Tierkadavern. Aber auch in eiweißhaltigen Pflanzenteilen findet sich Chlostridium botulinum – zum Beispiel an mit Erde kontaminierten Hülsenfrüchten, die beim Einkochen nicht ausreichend erhitzt worden sind.
Treten daher nach dem Verzehr von Fleisch zweifelhafter Haltbarkeit oder selbst eingekochten Hülsenfrüchten Lähmungen, Seh- oder Schluckstörungen auf, sollte man nicht lange zögern und eine Klinik aufsuchen.

Zwar ist Botulismus in Deutschland sehr selten, meist weniger als 24 gemeldete Fälle pro Jahr, dennoch kann eine Infektion lebensbedrohlich und daher sollten Verbraucher wie Apothekenfachpersonal und Ärzte für die Lebensmittelvergiftung sensibel sein. Botulinumtoxin ist eine Sammelbezeichnung für Neurotoxine aus den Stämmen von Clostridium botulinum und weiteren Chlostridien-Stämmen. Die Toxine greifen in die Erregungsweiterleitung des Nervensystems ein und führen zu Muskelschwäche, absteigenden Lähmungen bis hin zum Stillstand der Lungenfunktion. Es gehört mit Abstand zu den tödlichsten bekanntesten Giften, zeigt aber eine längere Inkubationszeit von mehreren Stunden bis zu drei, in Einzelfällen sogar bis zu acht Tagen. Erste Symptome können Mundtrockenheit und gastrointestinale Beschwerden sein. Diese zu Beginn eher unspezifische Symptomatik erschwert oftmals eine frühzeitige Diagnose. In der Regel suchen Patienten aber spätestens beim Einsetzen erster Lähmungserscheinungen einen Arzt auf. Können neurologische, metabolische oder kardiovaskuläre Ereignisse ausgeschlossen werden, sollte auch bei unklarer Diagnose nicht allzu lange gewartet werden. Erreicht die Lähmung die Atemmuskulatur, kann es schon zu spät sein. Auch die Lähmung der Rachenmuskulatur und damit das Versagen des Hustenschutzreflexes kann bereits eine lebensbedrohliche Aspirationspneumonie mit sich bringen.

Der erste Schritt stellt eine intensivmedizinische Überwachung da. Serum-, Stuhl- oder Mageninhaltsproben erleichtern die Erreger-Identifizierung. Dabei sollten auch verdächtige Lebensmittelreste oder Konserven untersucht werden. Es wird frühzeitig eine künstliche Beatmung eingeführt und mit einer Botulinumtoxin-Antitoxin-Gabe begonnen. Die unerwünschten Wirkungen können dabei von allergischen bis hin zu anaphylaktischen Reaktionen reichen, als Spätfolge kann die Serumkrankheit, eine allergische Reaktion auf artfremdes Eiweiß, auftreten. Magenspülungen, medizinische Kohle oder Laxanzien werden nicht angewendet.
Bereits der Verdacht auf eine Vergiftung ist meldepflichtig. Sollten bestimmte Lebensmittel bei der Übertragung im Verdacht stehen, muss auch die Lebensmittelüberwachungsbehörde informiert und die Infektionsquelle eliminiert werden.

Farina Haase,
Apothekerin, Volontärin

Quelle: RKI. Epid Bull 2018; 20: 189-195; aus Medical Tribune, Nr. 26; 29. Juni 2018

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