Drei Pflanzen
BLAUE SCHÖNHEITEN
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Nur die Blüten des Echten Lavendels (Lavandula angustifolia MILL.) haben eine medizinische Bedeutung erlangt. Sie liefern das kostbare ätherische Öl (Lavandulae aetheroleum), das vielseitig in der Heilkunde verwendet wird. Die blau-violette Blütenpracht ist vor allem in der Provence zu bewundern, wo der Lippenblütler in endlos langen Reihen kultiviert wird. Auch die zarten Blüten des Leins (Linum usitatissimum L.) verwandeln landwirtschaftliche Flächen in blaue Teppiche. Sie prägten bis ins späte 18. Jahrhundert hinein viele Felder in Europa.
Die aus dem Mittelmeerraum stammende Pflanze wurde früher aber nicht für arzneiliche Zwecke, sondern vor allem als Faserpflanze für die Textilherstellung angebaut. Die dritte blaue Schönheit, der Blaue Eisenhut (Aconitum napellus L.), wächst bevorzugt als Wildpflanze in gebirgigen Gegenden, vor allem in den Mittelgebirgen und in den Alpen. Die imposante Erscheinung, die Wuchshöhen von 150 Zentimetern erreicht, ist mit ihren intensiv dunkelblauen Blüten auch eine beliebte Zierpflanze. Vielen Hobbygärtnern ist aber nicht bewusst, dass sie eine der giftigsten Pflanzen Europas in ihren Gärten beherbergen.
Blaues Gold Echter Lavendel ist ein bis zu 60 Zentimeter großer, verholzender Halbstrauch aus der Familie der Lippenblütler (Lamiaceae). Er hat kurze, schmale, lanzettliche, graugrün behaarte Blätter, die der Pflanze den Artnamen angustifolia (von lat. = schmalblättrig) verliehen haben. Seine intensiv aromatisch duftenden Lavendelblüten stehen in Scheinquirlen und werden von Juli bis August kurz vor dem Aufblühen geerntet. Die Kelchblätter enthalten ein bis drei Prozent ätherisches Öl, das aufgrund des hohen Preises umgangssprachlich auch als blaues Gold bezeichnet wird. Seine Hauptkomponenten sind Linalylacetat (30 bis 50%) und Linalool (20 bis 45%), daneben finden sich unter anderem Lamiaceen-Gerbstoffe (vor allem Rosmarinsäure).
Wertbestimmender Anteil ist Linalylacetat (Mindestgehalt 35%), wobei gute Öle einen Gehalt von bis zu 60 Prozent erreichen. Echter Lavendel ist vor allem für seine beruhigende und leicht antidepressive Wirkung bekannt. Zudem wirkt er antimikrobiell, spasmolytisch und durchblutungsfördernd. Traditionell werden Lavendelsäckchen im Schrank zwischen die Wäsche gelegt, um Schädlinge fernzuhalten oder unters Kopfkissen, um das Einschlafen zu erleichtern. Die beruhigende und entspannende Wirkung wurde inzwischen in klinischen Studien bestätigt. Außerdem zeigte Lavendelöl in mehreren Untersuchungen angstlösende Effekte.
Blaue Flachsfelder Linum usitatissimum L. ist ein einjähriges Kraut aus der Familie der Leingewächse (Linaceae), das je nach Sorte eine Wuchshöhe von 60 bis 120 Zentimetern erreicht. An den aufrechten Stängeln wachsen wechselständig grau-grüne, lanzett- bis linealförmig zugespitzte Blätter, die der Pflanze ein zartes Aussehen verleihen. Die himmelblauen fünfstrahligen Blüten stehen endständig in rispigen Blütenständen und öffnen sich von Juli bis August. Danach reifen hellbraune kugelige Kapselfrüchte heran, in denen sich bis zu zehn Samen befinden. Der Artname usitatissimum bedeutet im Lateinischen „sehr nützlich“ und bezieht sich auf die vielseitige Verwendung der Pflanze.
Während früher vor allem die aus den Stängeln gewonnenen Fasern für die Stoffproduktion genutzt wurden – was sich auch im Gattungsnamen Linum (von griech. linon = Faden) wiederspiegelt - spielen heute vielmehr die reifen getrockneten Samen (Leinsamen, Lini semen) und das daraus gewonnene Öl (Leinöl) ein Rolle. Leinöl wird als Speiseöl geschätzt, da es reich an ungesättigten Fettsäuren (Linolsäure) ist und den höchsten Gehalt an Omega-Fettsäuren (Linolensäure) aufweist. Arzneilich werden die reifen Samen eingesetzt. Die in der Epidermis der Samenschale lokalisierten unverdaulichen Schleimstoffe (Polysaccharide) wirken aufgrund ihres Quellungsvermögens über eine Volumenzunahme des Dickdarminhaltes laxierend. Wird der Leinsamen vor Einnahme leicht gequetscht oder geschrotet, trägt das fette Öl zur Gleitverbesserung bei und verstärkt den abführenden Effekt.
Blaues Gift Die dunkelblauen Blüten des Blauen Eisenhutes aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) sitzen in einer dichten, endständigen Traube und erscheinen von Juni bis Oktober. Da das äußere Blütenblatt einem Helm gleicht, erhielt die Pflanze den Namen Eisenhut. Der Gattungsname Aconitum leitet sich von griech. en akoneios = auf schroffem Felsen wachsend ab und verweist auf den Standort der Pflanze. Der Artname napellus ist eine Verkleinerungsform von lateinisch nappus = die Rübe und beschreibt das Aussehen der Wurzel. Volkstümliche Synonyme wie Gifthut oder Wolfgift machen auf die Toxizität des Hahnenfußgewächses aufmerksam. Ein weiteres Synonym ist Mönchshut. Die Giftwirkung des Blauen Eisenhuts ist auf Aconitin zurückzuführen, das in allen Pflanzenteilen, besonders aber in der Wurzel enthalten ist.
Schon wenige Gramm des Alkaloids können selbst für einen Erwachsenen tödlich sein. Die letale Dosis beträgt für reines Aconitin drei bis sechs Milligramm. Dabei ist nicht nur die orale Aufnahme gefährlich. Das Gift wird auch über die unverletzte Haut aufgenommen, sodass selbst das Pflücken der Pflanze zu Vergiftungserscheinungen führen kann. Früher wurden der Wurzelstock und das Kraut arzneilich genutzt (z. B. gegen Nervenschmerzen, rheumatische Erkrankungen). Da es aufgrund der engen therapeutischen Breite häufig zu Vergiftungen kam, ist der Blaue Eisenhut heute in der Schulmedizin obsolet. In der Homöopathie ist er aber als Aconitum ein beliebtes Mittel bei grippalen Infekten, schmerzhaften Nervenerkrankungen und Herzstörungen, wobei Potenzen bis einschließlich D3 verschreibungspflichtig sind.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 01/18 auf Seite 32.
Gode Chlond, Apothekerin