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PTA-Fortbildung 06/13

BLASENINFEKTE: TYPISCHES FRAUENLEIDEN

Mit Harnwegsentzündungen hat fast jede Ihrer Kundinnen schon einmal Bekanntschaft gemacht. Erklären Sie ihnen, wie sie diese adäquat therapieren und sich vor wiederkehrenden Infekten schützen können.

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Häufiger Harndrang mit einem unangenehmen Brennen und Schmerzen beim Wasserlassen sind in der Regel untrügerische Zeichen für eine Harnwegsinfektion. Meistens sind die unteren Harnwege entzündet, wozu die Harnblase und die -röhre zählen. Übeltäter sind vorwiegend Bakterien aus der physiologischen Darmflora, die durch die Harnröhre in die -blase gelangen, sich dort stark vermehren und eine Blasenentzündung, eine Zystitis, auslösen.

Sie stehen in ihrer Häufigkeit nach den Atemwegsinfektionen an zweiter Stelle der Infektionskrankheiten. Fast die Hälfte aller Frauen in Deutschland hat mindestens ein Mal in ihrem Leben mit diesen unangenehmen Symptomen Bekanntschaft gemacht. Ungefähr jede Dritte leidet sogar mehrmals im Jahr daran.

Meistens sind Frauen betroffen Da bei ihnen die Harnröhre mit vier Zentimetern Länge deutlich kürzer ist als die der Männer mit 20 bis 25 Zentimetern, können die Erreger leichter in die Blase aufsteigen. Zudem begünstigt die anatomische Nähe von After und Harnröhre bei Frauen eine Übertragung der Keime vom Darmausgang zu den Harnwegen. Solche Schmierinfektionen sind bei falscher Genital- und Analhygiene besonders häufig.

Homöopathie bei Harnwegsinfektionen
+ Cantharis D6 – bei den ersten Anzeichen einer Entzündung. Am ersten Tag werden als Akutdosierung stündlich fünf Globuli eingenommen, am zweiten Tag erfolgt die Gabe alle zwei Stunden und ab dem dritten Tag wird sie auf drei Mal täglich reduziert.
+ Solidago D3 – zur Nachbehandlung. Äußerst sich der abklingende Infekt noch mit vermehrtem Harndrang oder traten in der Vorgeschichte innerhalb kurzer Zeit ein oder mehrere Harnwegsinfekte auf, ist die drei Mal tägliche Gabe von fünf Globuli zu empfehlen.
+ Okoubaka D3 oder Fabiana imbricata D6 – zur Rezidivprophylaxe. Beide Mittel kommen im erscheinungsfreien Intervall zum Einsatz, drei Mal täglich fünf Globuli.
+ Okoubaka D3 - add-on Therapie während einer Antibiotika-Einnahme. Hierfür werden während der Antibiose drei Mal täglich fünf Globuli genommen. Im Anschluss an die Antibiotika-Einnahme wird die Okoubakabehandlung noch drei Wochen lang fortgeführt.

Ebenso fördert intensiver Geschlechtsverkehr das Eindringen von Keimen in die Harnröhre. Daher spricht man bei sexuell aktiven Frauen auch von einer „Honeymoon-Zystitis“. Außerdem gehen Phasen der hormonellen Umstellung mit einer erhöhten Häufigkeit von Harnwegsinfektionen einher. Dann gerät das saure Scheidenmilieu, das normalerweise als Barriere den Eingang der Harnröhre abschirmt, aus dem Lot und verliert seine Schutzfunktion.

Während der Wechseljahre werden zudem die Schleimhäute der Scheide sowie der Blase und der Harnröhre durch die abnehmende Estrogenproduktion dünner, reizempfindlicher und verlieren ihre Abwehrkraft, sodass sich die Erreger leichter ausbreiten können. Bei Schwangeren weitet sich durch Veränderungen im Hormonhaushalt die Harnröhre, was den Bakterien ein Aufsteigen in die Blase erleichtert. Zu einer Verschiebung des physiologischen pH-Wertes in der Scheide tragen auch Spermizide zur Kontrazeption, alkalische Seifen, Intimsprays, Scheidenspülungen oder Antibiotika bei.

Auch Männer sind geplagt Sie sind zwar seltener von Harnwegsinfektionen betroffen, doch steigt bei ihnen das Risiko mit zunehmendem Alter aufgrund einer altersbedingten Vergrößerung der Prostata an. Prostatahyperplasien führen zur Einengung der Harnwege mit nachfolgenden Urinabflussstörungen und Restharnbildung, was einer Vermehrung von Keimen Vorschub leistet. Bei beiden Geschlechtern ist eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr ein Risikofaktor für einen Harnwegsinfekt, da die Harnwege dann unzureichend durchspült werden und Keime nicht mit dem Urin abfließen können. Auch ein Hinauszögern des Toilettenganges hält die Erreger in der Blase zurück.

Zudem treten Blasenentzündungen besonders bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem auf. So können beispielsweise Erkrankungen wie ein schlecht eingestellter Diabetes oder psychische und körperliche Überlastungen mit einer erhöhten Infektanfälligkeit einhergehen. Ebenso legt Unterkühlung, beispielsweise durch Sitzen auf kalten Steinen oder durch Tragen nasser Badekleidung, die körperliche Abwehr lahm. Bei Kälte verengen sich die Blutgefäße, sodass die Blasenhaut schlechter durchblutet wird. Infolge zirkulieren weniger lokale Abwehrzellen umher und vorhandene Keime haben leichtes Spiel, sich in der Blase festzusetzen und unkontrolliert zu vermehren.

Körpereigene Bakterien nisten sich ein Zu 80 Prozent sind bestimmte Stämme des stäbchenförmigen Bakteriums Escherichia coli (E. coli) für die Beschwerden verantwortlich, gefolgt von Infektionen mit Staphylococcus saprophyticus, Klebsiella pneumoniae und Proteus mirabilis. Andere Erreger wie beispielsweise Chlamydien sind deutlich seltener. Ebenso sind Viren, Parasiten oder Pilze nur vereinzelt Auslöser einer Harnwegsinfektion. Mithilfe ihrer fadenförmigen Anhängsel (P-Fimbrien) docken die E. coli-Bakterien an die Zellen der Blasenwand an und lösen eine Entzündung der Blasenschleimhaut aus. Diese schwillt an und ist so leicht reizbar, dass selbst geringe Füllmengen an Urin ausreichen, um einen häufigen und starken Harndrang (Pollakisurie) zu bewirken.

Typischerweise ist die Blasenentleerung erschwert (Dysurie) und das Wasserlassen wird von einem schmerzhaften Brennen begleitet (Algurie). Darüber hinaus sind ein Druckschmerz oder leichte Krämpfe im Unterbauch möglich und der Urin kann je nach Art des Erregers unangenehm riechen und durch Blutbeimengungen dunkel verfärbt sein (Hämaturie). Eventuell kommt es temporär zu vaginalem Ausfluss und Schwierigkeiten, den Harn zu halten.

Bei unkontrolliertem Harnverlust und intensiven Drang mit nur geringen Urinmengen ist auch an eine Reizblase zu denken, die sich nach wiederkehrenden Harnwegsinfektionen einstellen kann. Im Gegensatz zu einer Harnwegsinfektion kommt es aber nicht zu den typischen Schmerzen beim Wasserlassen und es lassen sich im Urin weder Bakterien noch andere Zeichen einer Infektion nachweisen.

Wenn es kompliziert wird Bleibt die Blasenentzündung auf die unteren Harnwege begrenzt, spricht man von einer unkomplizierten Harnwegsinfektion, da man davon ausgeht, dass die Infektion in der Regel nicht schwer verläuft und keine Folgeschäden nach sich zieht. Steigen die Erreger aber von der Blase über die Harnleiter zu den Nieren auf, kann sich eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) entwickeln. Sie ist durch Fieber, Rückenschmerzen in der Nierengegend (Flankenschmerz, oft einseitig) und ein schweres Krankheitsgefühl gekennzeichnet.

Prophylaktische Tipps
+ viel trinken (mindestens zwei Liter pro Tag)
+ regelmäßige und vollständige Blasenentleerung (vor allem nach dem Geschlechtsverkehr)
+ richtige Analhygiene betreiben (Abwischen des Afters von vorne nach hinten)
+ übertriebene Intimpflege vermeiden (auf Intimsprays, Scheidenspülungen, alkalische Seifen verzichten)
+ keine Scheidendiaphragmen und spermizide Kontrazeptiva verwenden
+ Unterleib warm und trocken halten (nasse Schwimmbekleidung nicht am Körper trocknen lassen, nicht auf kalten Steinen sitzen)

Werden Sie also hellhörig, wenn Patienten von diesen Symptomen berichten. Sie sind Alarmzeichen für eine aufsteigende Harnwegsinfektion, die einen Arztbesuch erforderlich macht. Eine Pyelonephritis kann kompliziert werden, da unbehandelt die Gefahr einer Nierenschädigung besteht, die ein Nierenversagen nach sich ziehen kann. Auch ist es möglich, dass sich die Bakterien über das Blutsystem im ganzen Körper ausbreiten und eine Blutvergiftung (Urosepsis) auslösen.

Zum Arzt oder in die Apotheke? Keine Selbstmedikation ist außerdem bei bestimmten Personengruppen angezeigt, bei denen Komplikationen zu erwarten sind oder bei denen der Harnwegsinfektion schwerwiegende Ursachen zugrunde liegen, die einer speziellen Therapie bedürfen. Schwangere neigen beispielsweise zu einer Pyelonephritis, die eine Fehl- oder Frühgeburt verursachen kann. Bei Kindern sind häufig Anomalien der Harnwege oder bei Männern eine Prostatahyperplasie für Harnwegsinfektionen verantwortlich, die adäquat behandelt werden müssen. Verweisen Sie diese Personen daher generell an den Arzt.

Ebenso gehören Harnwegsinfektionen bei Patienten mit einer Immunsuppression, einer Niereninsuffizienz oder mit chronischen urologischen Erkrankungen sowie Diabetiker mit einer instabilen Stoffwechsellage in ärztliche Hand. Auch Betroffene, bei denen die Beschwerden schon länger als fünf Tage andauern, die Fieber haben, bei denen Blut im Urin nachweisbar ist, die von Rücken- und Flankenschmerzen berichten oder die zum dritten Mal oder öfter in den letzten zwölf Monaten unter einem Harnwegsinfekt leiden, müssen zum Arzt geschickt werden.

Eine Selbstmedikation sollte nur bei den ersten Anzeichen einer unkomplizierten Harnwegsinfektion erfolgen. Kurzfristig kann der Betroffene versuchen, leichte Beschwerden nicht-medikamentös oder mit Phytotherapeutika in den Griff zu bekommen. Bessern sich die Symptome innerhalb weniger Tage allerdings nicht oder verschlechtern sie sich gar, ist ein Gang zum Arzt und die Einnahme von Antibiotika erforderlich. Nach den neuen Leitlinien sind sogar unkomplizierte Zystitiden generell kein Fall für die Selbstmedikation. Obwohl sie in der Regel keinen komplizierten Verlauf nach sich ziehen, sollten sie demnach so früh wie möglich antibiotisch behandelt werden, um die Symptome rasch zum Abklingen zu bringen.

Antibiotikatherapie Die Leitlinien sehen Fosfomycin und Nitrofurantoin als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung einer unkomplizierten Zystitis bei ansonsten gesunden Frauen vor. Die beiden Substanzen werden heute bevorzugt, da ihre Resistenzraten sehr niedrig sind, sie eine gute Verträglichkeit aufweisen und die körper-eigene Bakterienflora nur wenig beeinträchtigen. Bei Fosfomycin reicht eine Einmalgabe von 3000 Milligramm aus, wobei sich im Urin über drei Tage therapeutische Wirkspiegel finden. Die Einnahme von 100 Milligramm Nitrofurantoin in Retardform erfolgt zwei Mal täglich über fünf Tage.

Alternativ können vier Mal täglich 50 Milligramm unretardiertes Nitrofurantoin über sieben Tage zum Einsatz kommen. Das früher standardmäßig drei bis fünf Tage lang applizierte Cotrimoxazol (Trimethoprim/Sulfamethoxazol) wird nicht mehr als First-line-Antibiotikum empfohlen. Die vielerorts bestehenden Resistenzraten von über 20 Prozent implizieren zu häufiges Therapieversagen. Es wird da-her nur noch in Regionen als Mittel der Wahl präferiert, die nachweislich niedrigere Resistenzraten aufweisen.

Auch das häufig verordnete Fluorchinolon Ciprofloxacin sollte gemäß der Leitlinien nicht mehr an erster Stelle stehen. Es ist ebenso wie das Cephalosporin Cefpodoxim bei der antibiotischen Behandlung eines unkomplizierten Harnwegsinfektes bei Frauen nur noch ein Mittel der zweiten Wahl. Beide Antibiotika kommen aber bei einer leichten bis mittelschweren Pyelonephritis sieben bis zehn Tage lang zum Einsatz, wobei Fluorchinolone als Mittel der ersten Wahl und Cefpodoxim neben Ceftibuten als mögliche Alternative gelten.

Amoxicillin mit Clavulansäure sowie Cotrimoxazol sollen nur noch bei nachgewiesener Empfindlichkeit verordnet werden, dann mit einer längeren Therapiedauer von 14 Tagen. Zu beachten ist, dass die Leitlinien für die Antibiotikatherapie eines akuten Harnwegsinfektes bei jüngeren Männern weder Fosfomycin noch Nitrofurantoin vorsehen. Ansonsten werden die gleichen Antibiotika wie bei Frauen empfohlen.

Sprechen Sie mit Ihrem Kunden über die notwendige Therapielänge. Das Antibiotikum darf ohne Rücksprache mit dem Arzt nicht vorzeitig abgesetzt werden, da dies resistente Keime bedingen kann. Sollte es unter der Antibiotikabehandlung zu Symptomen wie Fieber, Schmerzen in der Nierengegend oder einem schweren Krankheitsgefühl kommen, muss der Betroffene motiviert werden, erneut den Arzt aufzusuchen. Möglicherweise haben sich die Erreger von den unteren auf die oberen Harnwege ausgebreitet, wogegen ein anderes Antibiotikum verordnet werden muss.

Pflanzliches & Co. Eine alternative symptomatische Behandlung wird zwar in der Leitlinie angeführt, aber nicht näher erläutert und rückt damit – formal – in den Hintergrund. In der allgemeinen Behandlungspraxis spielt jedoch eine nicht-antibiotische Therapie weiterhin eine große Rolle. Die Apotheke stellt für hilfesuchende Betroffene oft die erste Anlaufstelle dar und die Empfehlung pflanzlicher Mittel seitens der PTA und des Apothekers ist eine gute und gängige Behandlungsoption bei den ersten Anzeichen oder bei leichten Beschwerden einer unkomplizierten Harnwegsinfektion.

Außerdem eignen sich Phytopharmaka therapiebegleitend, um die antibiotische Behandlung wirkungsvoll zu unterstützen, besonders bei komplizierten und wiederholt auftretenden Infektionen. Auch nach erfolgter Antibiotikatherapie sind sie ein guter Tipp zur Rezidivprophylaxe.
Bei krampfartigen Schmerzen im Unterbauch können auch Analgetika und Spasmolytika die Blasenmuskulatur zu entspannen.

Entkrampfende Wirkstoffe wie Butylscopolamin senken den Tonus der überaktiven Blasenwand, allerdings sind sie bei urogenitalen Erkrankungen wie Blasenentleerungsstörungen oder einem Verschluss der ableitenden Harnwege kontraindiziert. Zusätzlich lindern lokale Wärme (z. B. Wärmflasche, warme Sitzbäder, feuchtwarme Umschläge) und Ruhe die Beschwerden.

Keime aus der Blase spülen Beim ersten Brennen und Drängen sollte der Betroffene unverzüglich reagieren und viel trinken (mindestens zwei Liter am Tag), um die Harnwege zu durchspülen und damit pathogene Erreger auszuleiten. Die Durchspülungstherapie hat eine lange Tradition. Es kommen vor allem Arzneidrogen wie Brennnesselblätter und -kraut (Urticae folium, Urticae herba), Schachtelhalmkraut (Equiseti herba), Birkenblätter (Betulae folium), Goldrutenkraut (Solidaginis virgaureae herba), Hauhechelwurzel (Ononidis radix), Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium) oder Queckenwurzelstock (Graminis rhizoma) mit einer entwässernden Wirkung zum Einsatz. Für das Goldrutenkraut nimmt man zusätzlich krampflösende und entzündungshemmende Eigenschaften an.

Die Pflanzen wirken über ihre Flavonoidfraktion aquaretisch, indem sie die Harnausscheidung über eine Erhöhung der Nierendurchblutung und der glomerulären Filtrationsrate sowie einer Hemmung der Wasserrückresorption im Sammelrohr im Sinne einer Verdünnungsdiurese verstärken. Dabei greifen sie im Gegensatz zu chemischen Diuretika nicht in den Elektrolythaushalt ein. Dennoch sind pflanzliche Aquaretika nicht zum eigenmächtigen Dauergebrauch geeignet, sondern sollten nur kurzfristig verwendet werden. Kontraindiziert sind sie bei Patienten mit Ödemen infolge einer Herz- und Niereninsuffizienz.

Traditionell werden pflanzliche Aquaretika als Nieren- und Blasentees angeboten. Vor allem sind sie als lose Teedrogen, in Teebeuteln oder als lösliche Pulver erhältlich, wobei die letzteren beiden Darreichungsformen besonders praktisch in der Handhabung sind und damit die Compliance erhöhen. Genereller Vorteil aller Teezubereitungen ist, dass sie das Erreichen der notwendigen Flüssigkeitsmenge erleichtern. Entscheidet sich der Verwender für Frischpflanzensäfte, Elixiere oder feste Darreichungsformen wie Dragees oder Kapseln, sollte bei deren Abgabe der Hinweis erfolgen, zusätzlich zur Einnahme reichlich zu trinken.

Harn desinfizieren Neben pflanzlichen Aquaretika stehen auch Heilpflanzen mit einer keimabtötenden Wirkung zur Verfügung. Insbesondere sind die altbewährten Bärentraubenblätter (Uvae ursi folium) wieder ins Rampenlicht des Interesses gerückt. Für die antibakterielle Wirkung wird der Hauptinhaltsstoff Arbutin verantwortlich gemacht. Dies ist ein Prodrug, das erst im Körper in das aktiv wirksame Hydrochinon umgewandelt wird.

»Cranberries tragen bei regelmäßigem Verzehr dazu bei, die Blase prophylaktisch vor einer Entzündung zu schützen.«

Hydrochinon tötet insbesondere gramnegative Bakterien wie E. coli ab, sodass das Wachstum der häufigsten Erreger von Harnwegsinfektionen gehemmt wird. Enthaltene Tannine verhindern zudem ein Anheften der Erreger an der Schleimhaut, sodass diese keinen Halt mehr an der Blasenwand finden und mit dem Harnstrahl herausgespült werden. Zudem wirken sie antiphlogistisch.

Keine Alkalisierung erforderlich Neue Erkenntnisse haben sich bezüglich des Wirkprinzips des Arbutins ergeben. Entgegen der früheren Annahme, dass für die Bildung von freiem Hydrochinon eine Alkalisierung des Harns notwendig sei, geht man heute davon aus, dass die Umwandlung des Arbutins zu freiem Hydrochinon nicht pH-abhängig ist.

Der pH-unabhängige Vorgang erklärt sich folgendermaßen: Arbutin wird aus dem Darm aufgenommen und in der Leber zu Hydrochinonverbindungen umgewandelt, die über die Niere ausgeschieden werden. Uropathogene Bakterien nehmen wiederum die Hydrochinonkonjugate aus dem Urin auf und spalten sie enzymatisch in freies Hydrochinon, dem aktiven antibakteriellen Wirkstoff. Da die Bildung der Wirkform innerhalb der Bakterien stattfindet und eine pH-Wert-Änderung intrazellulär durch eine Harnalkalisierung nicht beeinflusst werden kann, ist eine begleitende Ernährungsumstellung oder Gabe von Natriumhydrogenkarbonat zur Alkalisierung des Urins nicht notwendig.

Bärentraubenblätter als Kaltmazerat Sie sollten vorzugsweise als standardisierte Fertigarzneimittel in Drageeform oder als Kaltwasserauszug (Kaltmazerat) zum Einsatz kommen. Ein herkömmlicher Teeauszug ist nicht zu empfehlen, da er sehr viel Gerbsäure enthält, die bei empfindlichen Personen über eine Reizung der Magenschleimhaut Übelkeit und Erbrechen auslösen kann. Für ein gerbstoffarmes Kaltmazerat werden 3 Gramm Droge pro 150 Milliliter kaltem Wasser mehrere Stunden (sechs bis zwölf) angesetzt, gelegentlich umgerührt und nach dem Abseihen kurz aufgekocht.

Empfehlen Sie den Patienten, über den Tag verteilt vier Mal täglich davon eine Tasse zu trinken, wobei eine letzte Gabe besonders sinnvoll kurz vor dem Zubettgehen ist. Dann erhält das pflanzliche Harndesinfizienz die Gelegenheit, sich über Nacht im Harn anzureichern. Da ein Bärentraubenblättertee aber nicht durchspülend wirkt, sollte der Betroffene angehalten werden, zusätzlich noch viel zu trinken.

Die Kommission E empfiehlt zudem, Bärentraubenblättertee nicht länger als eine Woche und nicht öfter als fünf Mal im Jahr zu trinken. Hintergrund dieser Beschränkung sind potenzielle mutagene und lebertoxische Effekte, die zwar immer wieder diskutiert werden, aber bislang nicht eindeutig bestätigt wurden.

Pflanzliche Fixkombination Die Dreierkombination aus Tausendgüldenkraut, Liebstöckelwurzel und Rosmarinblättern wirkt spasmolytisch, diuretisch und antibakteriell. Dadurch entspannt sich die gereizte Blase, Harnwege und Nieren werden durchgespült. Rosmarinblätter und Tausendgüldenkraut haben zusätzlich eine antientzündliche Wirkung.

Außerdem wird zur Bekämpfung der Erreger eine fixe Kombination aus Kapuzinerkressen-kraut (Tropaeoli herba) und Meerrettichwurzel (Armoraciae radix) eingesetzt. Die beiden Pflanzen enthalten Senföle, deren Isothiocyanate ein breites antibakterielles Wirkspektrum im grampositiven und gramnegativen Bereich aufweisen. Sie sollen sogar gegen resistente Formen von E. coli und Problemkeime wie MRSA (Methicilin-resistenter Staphylococcus aureus) effektiv wirken. Da keine Anwendungsbeschränkungen hinsichtlich der Einnahmedauer bestehen, kommt es auch zur Langzeitanwendung bei häufig wiederkehrenden Infekten zum Einsatz.

Rezidive behandeln Jeder dritte Betroffene erleidet innerhalb eines Jahres einen weiteren Harnwegsinfekt. Treten diese häufiger als drei Mal pro Jahr oder zwei Mal pro Halbjahr auf, spricht man von Rezidiven. Kehren die Beschwerden nach einer bereits therapierten Infektion innerhalb von zwei Wochen wieder, geht man von einem Therapieversagen aus. Mögliche Ursachen können mangelnde Compliance, bisher nicht erkannte Risikofaktoren (z. B. Anomalie der Harnwege mit Harnabflussstörungen) oder resistente Erreger sein.

Wird eine Resistenz vermutet, verordnet der Arzt für zehn Tage ein anderes Antibiotikum als bei der Erstinfektion. Gegebenenfalls wird er noch auf ein adäquates Antibiotikum - gemäß Antibiogramm wechseln. Tritt das Rezidiv erst zwei Wochen nach der Erstbehandlung auf, handelt es sich meist um eine erneute Infektion, die wieder mit einer Kurzzeittherapie behandelt wird. Vorliegende Erreger können mit dem des Erstinfektes identisch sein, es werden aber auch andere gefunden. Auch bei diesen Rezidiven sollte die Antibiotikawahl auf die zuvor angelegte Bakterienkultur abgestimmt sein.

Rezidive vermeiden Bei immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen kommt der Prophylaxe eine besondere Bedeutung zu, um die Entwicklung chronischer Infektionen oder einer Reizblase zu verhindern. Eine gängige Möglichkeit ist eine Langzeitchemoprophylaxe direkt im Anschluss an die Akuttherapie. Dafür nehmen die Patienten über einen Zeitraum von drei Monaten bis zu einem Jahr abends nach dem letzten Wasserlassen ein niedrig dosiertes Antibiotikum ein. Mittel der Wahl sind 50 Milligramm Nitrofurantoin oder 50 Milligramm Trimethoprim. Damit lässt sich die Häufigkeit wiederkehrender Harnwegsinfektionen um bis zu 95 Prozent reduzieren.

Harnuntersuchung
Eine eindeutige Bestätigung der Diagnose und Abgrenzung zu anderen urogenitalen Erkrankungen wie einer Reizblase oder einer Harninkontinenz kann nur mit einem Urintest erfolgen, der Bakterien im Urin eindeutig belegt. Für die Gewinnung der Urinprobe wird ein Mittelstrahlurin benötigt. Er gilt als keimfrei, da der erste und letzte Harnstrahl, der mit Erregern von außen verunreinigt sein könnte, verworfen wird. Außerdem sollten Frauen beim Urinieren zur Vermeidung möglicher Kontaminationen die äußeren Schamlippen mit den Fingern spreizen und Männer ihre Vorhaut zurückschieben. Der Urin wird in einem Auffanggefäß gesammelt und unverzüglich mit einem Urinteststreifen auf Nitrit (Abbauprodukt vieler Bakterien), Leukozyten (Leitsymptom für Entzündungen), Erythrozyten (aus den Blutbeimengungen) und auf den pH-Wert (bei Entzündungen oft ins Basische verschoben) überprüft.

Mögliche Alternative ist eine zuvor mit dem Arzt besprochene antibiotische Selbstbehandlung in Form einer Kurzzeittherapie bei beginnenden Beschwerden. Auch kann im Einzelfall eine einmalige Behandlung mit einem Antibiotikum nach dem Geschlechtsverkehr erwogen werden.
Bei Frauen nach der Menopause stellt die Verordnung vaginaler Estrogene eine sinnvolle Prophylaxemöglichkeit dar.

Da die Entstehung von Harnwegsinfektionen durch eine nach den Wechseljahren veränderte Vaginalflora begünstigt wird, kann mit einer lokalen Estrogenapplikation eine Reduktion von Harnwegsinfekten erzielt werden. Es wird auch versucht, Rezidive über eine Ansäuerung des Urins mit L-Methionin zu verhindern, da ein saures Milieu das Wachstum vieler Krankheitserreger unterbindet. Die Wirkung der Aminosäure soll darüber hinaus auf eine Hemmung des Anheftens pathogener Keime an das Epithel der ableitenden Harnwege zurückzuführen sein.

Allerdings ist die Wirksamkeit nur bei neurogener Blasenstörung und bei Katheterpatienten belegt, sodass sich die Methode nicht allgemein durchgesetzt hat. Häufiger wird eine pflanzliche Rezidivprophylaxe durchgeführt. Neben den bewährten Phytotherapeutika, die zur Durchspülungstherapie oder als pflanzliches Harndesinfizienz verwendet werden, haben Cranberry-Extrakte einen besonderen Stellenwert erlangt.

Cranberries für eine gesunde Blase Schon seit Jahrzehnten wird ihnen eine günstige Wirkung auf die Blasengesundheit nachgesagt. Vermutlich weisen bestimmte Tannine (Pro- und Anthocyanidine), die in den leuchtend roten Früchten enthalten sind, eine protektive Wirkung vor immer wiederkehrenden Harnwegsinfektionen auf. Auf einen bereits bestehenden Harnwegsinfekt scheinen sie allerdings keinen Nutzen zu haben.

Wie in Studien gezeigt werden konnte, verhindern die Substanzen das Andocken von E. coli am Zellgewebe der Harnwege und können so deren Vermehrung im Harntrakt blockieren. Man geht davon aus, dass die Pro- und Anthocyanidine die P-Fimbrien der Darmbakterien quasi verkleben, sodass sich die uropathogenen Keime nicht mehr mit ihren Anhängseln an den Zellen des Urogenitaltraktes anheften können. Da die Cranberrytannine lediglich die Bakterien von der Blasenschleimhaut fernhalten und nicht abtöten, bleibt die natürliche Flora von Darm und Vagina erhalten und eine Resistenzbildung der Bakterien ist nicht zu erwarten.

Allerdings ist bislang nicht geklärt, ob alle Cranberryzubereitungen (Saft, Extrakt) eine Entzündung der Blase zuverlässig verhindern können. Zudem fehlen für die lediglich als Nahrungsergänzungsmittel zugelassenen Präparate belastbare Aussagen über eine wirksame Dosierung. Zu beachten ist zudem, dass der hohe Gehalt an Oxalsäure bei längerfristiger Einnahme das Risiko für die Entstehung von Nierensteinen vergrößern kann.

Patienten, die Warfarin oder verwandte Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon einnehmen, sollten vorsichtshalber nicht gleichzeitig größere Mengen an Cranberryfrüchten zu sich nehmen, da es Hinweise gibt, dass dadurch die gerinnungshemmende Wirkung der oralen Antikoagulantien verstärkt werden könnte und es somit zu vermehrten Blutungen kommen kann.

ZUSATZ-INFORMATIONEN

Neue Leitlinie Behandlung von Harnwegsinfektionen
Die neue Leitlinie wurde im März 2010 veröffentlicht und gibt Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei Erwachsenen. Sie wurde federführend durch Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Urologie unter der Beteiligung sechs weiterer Fachgesellschaften erarbeitet. Zweck der Leitlinie ist, bisher abweichende Empfehlungen zur Antibiotikatherapie auf Basis der veränderten Resistenzsituation zu vereinheitlichen.
Nach den neuen Leitlinien sollen unkomplizierte Zystitiden so früh wie möglich antibiotisch behandelt werden.
 
Obwohl sie in der Regel keine Komplikationen nach sich ziehen, wird eine Antibiose vorgeschlagen, um die unangenehmen Symptome rasch zum Abklingen zu bringen. Dabei richtet sich die Auswahl des Antibiotikums nach den aktuellen Resistenzraten. Somit sind bislang häufig verordnete Antibiotika wie das Cotrimoxazol sowie die Fluorchinolone (z. B. Ciprofloxacin) und Cephalosporine (z. B. Cefodoxim) nicht mehr generell Mittel der ersten Wahl. Vielmehr sollen leitliniengemäß Fosfomycin und Nitrofurantoin bei der Therapie einer unkomplizierten Zystitis einer ansonsten gesunden Frau bevorzugt verordnet werden. Eine alternative symptomatische Behandlung wird durch den Vermerk der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM) nur noch am Rande erwähnt.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/13 ab Seite 34.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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