Benzodiazepine und Z-Substanzen scheinen die nächtlichen Aufräumarbeiten des Gehirns zu stören. © lightpoet / 123rf.com

Schlafmittel | Abhängigkeit

BENZOS VERHINDERN ABTRANSPORT DER AMYLOIDE

Im Schlaf führt das Gehirn umfangreiche Aufräumarbeiten innerhalb seiner „grauen Zellen“ durch. Benzodiazepine hindern es daran.

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Das gab Professor Dr. Hans Förstl von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU München auf der Pharmacon in Schladming zu bedenken: Benzodiazepine und die so genannten Z-Drugs störten die Schlafarchitektur und verhinderten die Reinigung des Gehirns von Ablagerungen.

Er führte dabei das erst 2013 entdeckte „glymphatische System“ an – ein lymphähnliches System im Gehirn, das der nächtlichen Elimination von Schadstoffen dient. Dabei schwemmt es schädliche Eiweißablagerungen, Amyloide, aus dem Interstitutum aus. Das glymphatische System – eine Art Kanalisation für Abfallstoffe - schmiegt sich eng an venöse und arterielle Gefäße im Gehirn an und wird durch deren pulsierende Bewegungen quasi ausgewrungen. „Benzos“ und Z-Substanzen unterdrücken diesen Vorgang.

Förstl forderte seine Ärztekollegen auf, extrem zurückhaltend bei der Verordnung zu sein und wies auch auf die Gefahr der Abhängigkeitsentwicklung hin. Laut Leitlinie sei eine kurzzeitige Gabe (maximal vier Wochen) bei nicht erholsamem Schlaf oder Schlafstörungen möglich; bei längeren Zeiträumen lasse aber die Wirkung nach und das Risiko einer Abhängigkeit steige. Der Entzug sei quälend, aber lohnend: „Manche dementen Menschen sind gar nicht mehr so dement, wenn die Benzodiazepine reduziert oder abgesetzt wurden“, erläuterte der Professor. An pharmakologischen Alternativen nannte der Arzt das Antipsychotikum Quetiapin oder das Antidepressivum Mirtazapin.

Lediglich bei ganz bestimmten, den REM-Schlaf betreffenden Störungen seien Benzodiazepine ein geeignetes Mittel. Aus dem DAK-Gesundheitsreport 2017 werde jedoch ersichtlich, dass rund jeder dritte Patient mit Schlafstörungen Benzodiazepine, Z-Substanzen, sedierende Antidepressiva oder Neuroleptika erhält.

Für andere Mittel wie Antihistaminika, Phytopharmaka und Homöopathika sei die Datenlage noch unzureichend; Förstl bezeichnete sie jedoch als gute Hilfen, wenn Apotheker die Abgabe mit Aufklärung und Psychoeduaktion verbänden.

Alexandra Regner
PTA/Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
   Deutsche Apotheker Zeitung

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