PTA-Fortbildung 07/16
AUFBRUCHSTIMMUNG
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Dabei verändern sich die Konzentrationen der weiblichen Geschlechtshormone. Das ausgeklügelte Zusammenspiel der Hormone gerät aus dem Takt, was mit typischen Beschwerden verbunden ist. In der Regel erfolgt die hormonelle Umstellung im Alter zwischen 45 und 60 Jahren. Am deutlichsten macht sich der Beginn der Wechseljahre mit Zyklusunregelmäßigkeiten bemerkbar. Schwankungen der Zykluslänge oder verkürzte Regelblutungen können erste Anzeichen sein.
Charakteristischerweise vergrößern sich die Abstände zwischen den Menstruationen, die einzelnen Blutungen können verstärkt sein und es können Zwischenblutungen auftreten. Meist kommen noch seelische und körperliche Symptome hinzu, welche die Betroffenen selber nicht immer sofort der hormonellen Umstellung zuordnen. Während einige Symptome, wie Hitzewallungen, nur vorübergehend auftreten, bleiben andere wie atrophierte Vaginalschleimhäute dauerhaft bestehen.
Ungeliebte Hitzewallungen Sie sind das Leitsymptom der Wechseljahre, denn sie zählen zu den häufigsten und typischsten Anzeichen der hormonellen Umstellung. Man nimmt an, dass sie durch Störungen im zentralen Neurotransmitterhaushalt hervorgerufen werden, die wiederum aus dem hormonellen Ungleichgewicht zwischen den weiblichen Geschlechtshormonen resultieren.
Das Gleichgewicht von Botenstoffen im zentralen Nervensystem (z. B. Noradrenalin und Serotonin) wird gestört, wodurch es zu einer Beeinträchtigung der Regulationszentren für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus kommt. Dadurch gerät das seelische Wohlbefinden aus dem Takt und Stimmungsschwankungen mit Veränderungen der Stimmungslage, erhöhter Reizbarkeit oder depressiven Verstimmungen können sich einstellen.
Außerdem wird das Thermoregulationszentrum empfindlicher auf an sich normale Schwankungen der Körpertemperatur und reagiert bei einem leichten Temperaturanstieg mit unangemessenen Wärmeverlusten, die sich als Hitzewallungen darstellen. Diese fliegende Hitze dauert meist nur wenige Minuten. Das Hitzegefühl steigt von der Brust über den Hals in den Kopf und die Oberarme. Die Hitzewellen werden von den Frauen unterschiedlich erlebt. Manche berichten lediglich von einer leichten Wärme, die sogar als angenehm empfunden werden kann.
Bei anderen bricht regelrecht der Schweiß aus. Sie sind so nass geschwitzt, dass ein Kleidungswechsel erforderlich ist. Zudem können sich Herzrasen, Schwindel und Angstgefühle einstellen. Die Häufigkeit der Attacken variiert. Meist erleiden die Frauen nur wenige Hitzewallungen in unregelmäßigen Abständen, in Einzelfällen stellen sie sich bis zu 30 Mal am Tag ein. Ebenso ist ihre Dauer individuell verschieden. Während einige Frauen nur wenige Monate dieses Hitzegefühl erleben, macht es anderen Frauen jahrelang zu schaffen. Im statistischen Mittel treten Hitzewallungen drei bis fünf Jahre und verstärkt in der letzten Phase vor der letzten Regelblutung (Menopause) auf.
WECHSELJAHRSBESCHWERDEN
+ Harnwegs- und Genitalinfektionen, da das Gewebe von Scheide und Harnröhre an Feuchtigkeit
verliert und sich Verschiebungen des pH-Wertes einstellen, was die Ausbreitung von Keimen
begünstigt.
+ Trockene Schleimhäute in der Vagina und geringere Produktion von Scheidensekret, was zu
Beschwerden beim Geschlechtsverkehr führen kann.
+ Blasenschwäche bis hin zur Harninkontinenz, da die Elastizität des Bindegewebes nachlässt. Ein
erschlaffter Beckenboden und eine Senkung der Gebärmutter sind die Folge, die auf die Blase
drücken beziehungsweise zum unvollständigen Verschluss des Blasenausganges führen kann.
+ Straffheitsverlust und Faltenbildung durch Abbau von kollagenen und elastischen Fasern, die mit
einer verringerten Elastizität und Dicke der Haut sowie geringerem Feuchtigkeitsgehalt einhergehen.
+ Trockene Augen und Bindehautreizungen, da auch die Augen trockener werden.
+ Dünner werdendes Kopfhaar und nachlassende Achsel- und Schambehaarung aufgrund des
Estrogenmangels, dagegen verstärkte Gesichtsbehaarung wegen des relativen Übergewichts an
Testosteron (die vom weiblichen Organismus produzierten männlichen Hormone bleiben auf dem
bisherigen Niveau)
+ Osteoporose-Risiko steigt, da mit sinkenden Estrogenspiegeln die Knochendichte abnimmt.
+ Gelenkbeschwerden durch veränderte Knorpelqualität.
+ Gewichtszunahme aufgrund einer generellen Verlangsamung des Stoffwechsels bei gleich bleibender
Kalorienzufuhr.
+ Schlafstörungen und/oder seelische Probleme wie Veränderungen der Stimmungslage, Reizbarkeit,
Depressionen, Antriebslosigkeit oder Konzentrationsschwäche.
Veränderungen annehmen Wechseljahrsbeschwerden werden von den betroffenen Frauen oft als unangenehm empfunden. Zudem werden sie in der Regel mit dem Älterwerden assoziiert, was die negativen Gefühle den Wechseljahren gegenüber verstärken kann. In dieser Lebensphase kommt es vermehrt zu Veränderungen, die auch mit Verlusten einhergehen können. Viele meinen daher, sie hätten nun den Höhepunkt ihres Lebens erreicht, wenn nicht gar überschritten und danach ginge es nur noch stetig bergab.
Auch der wissenschaftliche Begriff Klimakterium, der sich von dem griechischen Wort klimaktér = „Stufenleiter, kritischer Zeitpunkt im Leben“ ableitet, beinhaltet eine negative Bewertung dieser Lebensphase. Dabei gehört die Phase der hormonellen Umstellung zu dem Leben jeder Frau. Die Wechseljahre sind keine Krankheit und sie müssen auch nicht grundsätzlich als problematisch erlebt werden. Ein Drittel aller Frauen bleibt sogar von den negativen Begleiterscheinungen völlig verschont.
Ein weiteres Drittel leidet nur leicht und lediglich jede dritte Frau berichtet über so starke körperliche und psychische Beschwerden, dass sie eine Behandlung benötigt. Dabei hat man festgestellt, dass vor allem Frauen mit einer negativen Einstellung zu ihrem Körper, mit einem schwachen Selbstbewusstsein oder mit einer unglücklichen Partnerschaft eher von Wechseljahrsbeschwerden betroffen sind als Frauen, die persönlich oder beruflich stark und unabhängig durchs Leben schreiten.
Ende der Fruchtbarkeit Manche sprechen auch von der zweiten Pubertät. Sie vergleichen die Wechseljahre mit den Jahren der Adoleszenz, in denen sich durch hormonelle und psychosoziale Umstellungen Veränderungen einstellen, die für den Menschen immer eine Herausforderung – mit positiven und negativen Folgen – darstellen. Auch in den Wechseljahren bricht ein neues Zeitalter an.
In dieser Zeit ist irgendwann der genetisch vorherbestimmte Eizellvorrat in den Eierstöcken (Ovarien) erschöpft und die Ovarien verlieren damit ihre Funktion. Der auf diese Weise einhergehende Verlust der Zeugungsfähigkeit ist aber für viele nicht nur negativ. Im Gegenteil, es existieren nicht wenige, die dies vielmehr als Befreiung erleben, da die Zeit der Verhütung nun endlich vorbei ist. Ebenso schätzen viele, dass sie nicht mehr mit den lästigen Regelblutungen leben müssen.
Endspurt der Hormone Ein kurzer Einblick in die hormonellen Abläufe erläutert das Geschehen. Zu Beginn der Wechseljahre – meist nach dem 40. Lebensjahr – kommt es aufgrund der allmählich nachlassenden Funktion der Ovarien zu einem verzögerten beziehungsweise gestörten Heranreifen des Eibläschens (Follikel). Das hat eine verringerte Produktion des Gelbkörperhormons Progesteron zur Folge.
Progesteron wird normalerweise nach dem Eisprung aus dem aufgerissenen Follikel, der dann als Gelbkörper bezeichnet wird, hergestellt. Die unzureichende Produktion von Progesteron in der zweiten Zyklushälfte wird als Gelbkörperschwäche bezeichnet. Sie kennzeichnet die erste Phase der Wechseljahre und geht mit Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Schlafstörungen sowie gelegentlichen Hitzewallungen einher.
NACHWUCHS?!
Verhütung ist auch in den Wechseljahren ein wichtiges Thema, denn in der Prä- und Perimenopause kann eine Frau theoretisch noch schwanger werden. Frauen können erst dann auf die Verhütung verzichten, wenn sie ein Jahr lang keine Menstruation mehr hatten. Hormonelle Kontrazeptiva sind bei älteren Frauen allerdings nur begrenzt einsetzbar, da mit steigendem Alter der Frau auch ihr Risiko für Erkrankungen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall, deutlich zunimmt. Die Einnahme der Pille, vor allem in Kombination mit Rauchen, erhöht die Inzidenz und die Mortalität von Herzinfarkten und Schlaganfällen noch zusätzlich. Ebenso steigert Adipositas das Erkrankungsrisiko. Raucherinnen und adipöse Patientinnen sollten daher auf die Pille lieber verzichten. Auch den meisten Diabetikerinnen und Frauen mit Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen oder einem familiären Thromboserisiko wird eine nicht hormonelle Verhütungsmethode angeraten
Auf und Ab der Estrogene Durch die sinkenden Progesteronspiegel gerät das Verhältnis zwischen Estrogenen und Progesteron aus dem Gleichgewicht. Es überwiegen nun die Estrogene im Verhältnis zum Progesteron, woraus eine relative Estrogendominanz resultiert, die sich mit Wassereinlagerungen und Brustpannen (Mastodynie) bemerkbar machen kann. Im weiteren Verlauf bleiben die Eisprünge immer häufiger aus. Damit stellt sich ein absolut erhöhter Estrogenspiegel ein, da nicht geplatzte Follikel weiter wachsen und die Follikel als Ort der Estrogenproduktion, immer mehr von diesem Hormon produzieren. Diese Eibläschen sind im Ultraschall als Zysten sichtbar.
In Folge wird die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) immer höher aufgebaut, was starke und lange Blutungen nach sich zieht. Darüber hinaus können zwischendurch leichte Durchbruchsblutungen (Zwischenblutungen) auftreten, bei denen die oberen Schichten des Endometriums abbluten. Am Anfang versucht die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) noch, die Eizellreifung und damit die Hormonproduktion in den Eierstöcken mit der vermehrten Ausschüttung des follikelstimulierenden Hormons (FSH) anzuregen. Somit sind typischerweise die FSH-Werte zu Beginn der Wechseljahre erhöht.
Aufgrund der gesteigerten FSHProduktion kommt es häufig auch gleichzeitig zum Sprung mehrerer Eier. Das erhöht zwar die Wahrscheinlichkeit für die Frau schwanger zu werden, erklärt aber auch die überdurchschnittlich häufigen Zwillingsgeburten bei Frauen über 40 Jahre. Auf Dauer schafft es der Organismus aber nicht, durch die vermehrte FSH-Bildung den Estrogenspiegel auf hohem Niveau aufrecht zu erhalten. Die Funktion der Eierstöcke lässt weiter nach und die Eisprünge bleiben immer öfter aus bis schließlich alle vorhandenen Eizellen aufgebraucht sind. Schließlich bricht die Estrogenproduktion ganz zusammen und kommt zum Erliegen.
Prä-, Peri- und Postmenopause Die erste Phase der Wechseljahre wird auch als Prämenopause, also Zeit vor der Menopause, bezeichnet. Die Regelblutung findet noch statt, der Zyklus wird aber mit den nicht regelmäßig stattfindenden Eisprüngen immer unregelmäßiger. Mal setzt die Menstruation später oder früher ein, mal dauert sie länger oder kürzer oder ist stärker oder schwächer. Man kann nicht vorhersagen, wann diese Phase anfängt und wie lange sie dauert. Das ist individuell von Frau zu Frau verschieden.
Ebenso variiert der Zeitpunkt der letzten Regelblutung. Er kann nur rückblickend festgestellt werden, nachdem die Menstruation an zwölf aufeinanderfolgenden Monaten ausgeblieben ist. Gewöhnlich tritt die Menopause zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein. In Europa liegt das Durchschnittsalter der Frauen zwischen 51 und 52 Jahren. Dickere Frauen kommen durchschnittlich später in die Wechseljahre als sehr schlanke, da sich in ihren Fettpolstern Estrogendepots bilden.
Der Zeitraum um die letzte Regelblutung herum (zwei Jahre vor und zwei Jahre nach der Menopause) wird als Perimenopause und die Zeit danach als Postmenopause bezeichnet. Die letzte Phase reicht etwa bis zum 65. Lebensjahr. Dann haben sich die Hormone wieder stabil eingependelt.
Leitliniengerecht Bis vor wenigen Jahren wurden Wechseljahrsbeschwerden bedenkenlos mit Hormonen behandelt. Neben der effektiven Kupierung klimakterischer Symptome versprach man sich auch eine vorbeugende Wirkung auf kardiovaskuläre Erkrankungen. Seit Veröffentlichung der Ergebnisse der großen amerikanischen WHI-Studie (Women’s Health Initiative Study), die stattdessen ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krankheiten wie Brustkrebs oder Herzinfarkt und Schlaganfall offenbarte, wird eine Hormontherapie (HT) nur noch sehr restriktiv verordnet.
Heute gibt man Hormone nur dann, wenn die Wechseljahre mit derart starken Beschwerden einhergehen, dass die Frau sehr darunter leidet und ihre Lebensqualität beziehungsweise ihr beruflicher und privater Alltag erheblich beeinträchtigt wird. Die derzeit in Überarbeitung befindliche S3-Leitlinie „Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) empfiehlt nach differenzierter Nutzen-Risiko-Abwägung Estrogene beziehungsweise Estrogen-
Gestagen-Kombinationen sowie Tibolon zur Behandlung von Hitzewallungen und vaginaler Trockenheit. Zudem wird sie zur Vorbeugung der Osteoporose angeraten, wenn ein hohes Frakturrisiko sowie eine Unverträglichkeit oder Kontraindikationen gegenüber anderen zur Osteoporoseprävention zugelassenen Arzneimitteln besteht. In Bezug auf eine Vorbeugung rezidivierender Harnwegsinfektionen wird nicht eine orale HT, aber eine vaginale Anwendung von Estrogenen befürwortet.
Aber nicht nur Hitzewallungen werden effektiv mit Hormonen behandelt. Wie die aktuellen Anwendungsempfehlungen aus dem Jahre 2015 verschiedener gynäkologischer Gesellschaften und Verbände ausführen, bessert eine HT auch andere häufig im Klimakterium auftretende Beschwerden wie Schlafstörungen, depressive Verstimmungen, Leistungs- und Gedächtnisverminderung, Knochen- und Gelenksymptome, Seh-, Haut- und Schleimhautveränderungen oder eine sexuelle Dysfunktion. Zudem kann eine kurzfristige HT über drei bis fünf Jahre das Risiko für ein Kolonkarzinom oder ein metabolisches Syndrom senken.
»Viele Frauen erleben das Ende der Fruchtbarkeit als Befreiung, da die Zeit der Verhütung nun endlich vorbei ist. Ebenso schätzen viele, dass sie nicht mehr mit den lästigen Regelblutungen leben müssen«
Individuelle Hormontherapie Heute wird davon ausgegangen, dass Frauen, die nicht mit speziellen Risikofaktoren oder Vorerkrankungen belastet sind, bei Beginn der HT vor dem 60. Lebensjahr von einer hormonellen Behandlung profitieren können. Bei ihnen ist nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung von einem Nutzen auszugehen, wobei die Indikation zur HT mindestens einmal im Jahr überprüft werden sollte – so die Meinung der Experten. Dabei sollte die HT nur kurzfristig durchgeführt werden.
Nach drei bis fünf Jahren sollte ein Absetzen der Behandlung überlegt werden und wenn möglich ausschleichend erfolgen. Als klare Kontraindikation gelten Karzinome der Brust und der Gebärmutterschleimhaut, venöse und arterielle Thromboembolien (ischämische Hirninsulte, Myokardinfarkt) sowie Lebererkrankungen, solange sich relevante Leberenzyme nicht normalisiert haben. Ebenso sollte eine HT bei Frauen über 60 Jahren nur in Ausnahmefällen unter strengster Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Welche Hormone? Prinzipiell soll die Estrogen- und Gestagendosis so niedrig wie möglich gewählt werden. Gestagene sind nur bei Frauen, die ihre Gebärmutter noch haben, notwendig. Sie benötigen Gestagene, um einen starken estrogenbedingten Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) zu verhindern und damit die Gefahr eines Gebärmutterkrebses zu reduzieren. Entweder kombinieren sie die Estrogene 12 bis 14 Tage lang während der zweiten Zyklushälfte mit Gestagenen (sequentielle Gabe).
Alternativ können Estrogene kontinuierlich mit Gestagenen gegeben werden (kontinuierliche Gabe). Während bei der sequentiellen Gabe regelmäßig Abbruchblutungen erfolgen, bleiben die Blutungen bei der kontinuierlichen Applikationsweise aus. Allerdings treten in den ersten Jahren nach der Menopause häufig Durchbruchblutungen auf, sodass die kontinuierliche Kombinationstherapie meist erst etwa zwei Jahre nach der Menopause empfohlen wird.
Als Gestagenkomponente werden in der HT zum einen synthetische Verbindungen mit unterschiedlichen Partialeigenschaften verordnet (z. B. Dienogest, Levonorgestrel, Medrogeston, Norethisteronacetat oder Medroxyprogesteronacetat). Zudem wird das natürliche Progesteron angewendet, wobei die endometriale Sicherheit bei Langzeitanwendung geringer zu sein scheint. Hysterektomierte Frauen, also Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, verwenden Estrogene allein. Bei den zur Hormonsubstitution verwendeten Estrogenen handelt es sich um sogenannte „natürliche“ Estrogene.
Man versteht darunter Estrogene, die den unter natürlichen Bedingungen gebildeten Estrogenen entsprechen, in erster Linie Estradiol und Abwandlungen, wie Estradiolvalerat und mikronisiertes Estradiol. In die gleiche Gruppe gehören auch die konjugierten Estrogene, also Estrogene, die aus Stutenharn gewonnen werden. Estriol kommt bevorzugt als Gel oder Creme lokal im Genitalbereich zur Anwendung, da es die Atrophisierung der Haut und des Harnröhrenepithels günstig beeinflusst.
Das synthetische Ethinylestradiol, das man aus der Pille als Ovulationshemmer kennt, wird zur Hormontherapie in den Wechseljahren nur dann verordnet, wenn eine empfängnisverhütende Wirkung erforderlich ist.
Große Auswahl Für die HT sind Estrogene und Gestagene als Monopräparat in verschiedenen Darreichungsformen (z. B. Tabletten, Pflaster, Gele, Zäpfchen, Cremes, Injektionen, Spirale/Intrauterinpessar) erhältlich, die bei Bedarf nach dem Baukastenprinzip miteinander kombiniert werden können. Daneben existieren fixe Kombinationen, die derzeit aber nur für die orale und transdermale Verabreichung zur Verfügung stehen.
Immer häufiger werden Pflaster und Gele verordnet, da bei der transdermalen Hormonanwendung aufgrund des fehlenden First-pass-Effektes das Thromboserisiko geringer zu sein scheint als unter oraler Gabe. Gestagene werden meist oral in Tablettenform eingenommen. Es kann auch eine Gestagenspirale eingesetzt werden, die eigentlich zur Empfängnisverhütung gedacht, aber auch zur Therapie von Blutungsstörungen in den Wechseljahren zugelassen ist.
Bei lokalen Beschwerden der Scheide wie Trockenheit, Brennen oder Juckreiz können estrogenhaltige Vaginalcremes, -ovula, -tabletten, -zäpfchen oder ein spezieller Vaginalring eingeführt werden. Ihr Vorteil liegt in der geringen systemischen Wirkung.
Natürliche Hilfe Viele Frauen suchen nach einer Alternative zur HT und wünschen eine pflanzliche Behandlung ihrer Wechseljahressymptome. Bei leichten bis mittelstarken Beschwerden kann ein Therapieversuch mit Phytotherapeutika lohnenswert sein. Allerdings existieren keine allgemeinen Expertenempfehlungen, die bei der Auswahl unter der Vielzahl auf dem Markt befindlichen pflanzlichen Präparaten behilflich sein könnten.
Problem ist eine uneinheitliche Datenlage. Nicht alle pflanzlichen Optionen sind als Arzneimittel zugelassen. Einige werden lediglich als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) vertrieben. Diese müssen anders als Arzneimittel weder ihre Wirksamkeit noch Unbedenklichkeit in wissenschaftlichen Studien zwingend dokumentieren, sodass ihre Bewertung schwierig ist.
AUFGEBRAUCHTER EIZELLVORRAT Im Ovar ist seit der Geburt ein begrenzter Vorrat an Eizellen vorhanden, der durch degenerative Vorgänge und Eisprünge (Ovulationen) abnimmt. Von den etwa 400 000 bei der Pubertät noch vorhandenen Eizellen gelangen nur wenige – etwa 300 bis 500 Eizellen – zum Eisprung. Die anderen Eizellen sind vorher schon zugrunde gegangen. Die Eizellen befinden sich in einem Eibläschen, dem Follikel. Mit jedem Eisprung nimmt auch die Zahl der Follikel kontinuierlich ab, bis schließlich keine mehr vorhanden sind. Da die Follikel der Produktionsort der Estrogene sind, werden mit ihrem allmählichen Aufbrauchen immer weniger Estrogene in den Ovarien produziert, was mit den typischen Wechseljahresbeschwerden einhergeht.
Rotklee und Soja In der Vergangenheit hat eine große Diskussion über Nutzen und Sicherheit von Isoflavonen aus Rotklee und Soja bei Wechseljahrsbeschwerden stattgefunden. Isoflavone sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe mit schwach estrogener Wirkung (Phytoestrogene), die als sanfte Mittel bei Wechseljahrsbeschwerden eingesetzt werden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte aufgrund der unklaren Datenlage bereits 2007 eine Sicherheitswarnung für Nahrungsergänzungsmittel auf Grundlage von Isoflavonen herausgegeben und riet von der langfristigen Einnahme solcher Produkte ab. Die Isoflavon-Forschungs- Initiative präsentierte darauf hin 2008 klinische, pharmakologische und toxologische Daten, die eine Supplementierung von Isoflavonen in den Wechseljahren sinnvoll und sicher erscheinen ließ.
Da damals aber eine abschließende Bewertung der Sicherheit von isolierten Isoflavonen nicht möglich war, wurde im Jahre 2009 eine Anfrage an das zuständige wissenschaftliche Gremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA = European Food Safety Authority) gerichtet.
Weiterhin (un)klar Die EFSA hat die Wirkung dieser Nahrungsergänzungsmittel inzwischen untersucht und in einem Bericht veröffentlicht. Betrachtet wurden die Wirkung auf Brustdrüse, Gebärmutter und Schilddrüse und die damit verbundenen möglichen gesundheitlichen Risiken für Frauen in und nach den Wechseljahren (Peri- und Postmenopause). Die EFSA kommt zu dem Schluss, dass es für gesunde, postmenopausale Frauen derzeit keine Hinweise darauf gibt, dass Isoflavone in Konzentrationen, die üblicherweise in Nahrungsergänzungsmitteln zu finden sind, schädlich sind.
Als Orientierungswerte werden von der EFSA für Soja-Präparate Dosierungen von bis zu 100 Milligramm Isoflavone pro Tag bei einer Einnahmedauer von bis zu zehn Monaten genannt. Für Rotklee-Präparate liegt dieser bei bis zu 43,5 Milligramm Isoflavone pro Tag bei einer Einnahmedauer von bis zu drei Monaten. Dieser Empfehlung schließt sich das BfR an. Allerdings lässt sich nach Ansicht der EFSA für Frauen in der Perimenopause keine Aussage treffen. Für diese Altersgruppe liegen in den Augen der EFSA keine Daten vor, die es erlauben, die Unbedenklichkeit dieser Stoffe zu bewerten.
Daher empfiehlt das BfR für diese Frauen bis auf weiteres, die genannten Orientierungswerte ebenfalls nicht zu überschreiten. Das Institut weist darauf hin, dass die derzeit vorliegenden Daten für eine abschließende Bewertung möglicher gesundheitlicher Risiken von isolierten Isoflavonen bei höherer Dosierung und längerer Anwendungsdauer generell unzureichend sind. Überhaupt nicht empfohlen werden Nahrungsergänzungsmittel mit isolierten Isoflavonen für Frauen mit Estrogen-abhängigen (Krebs-)Erkrankungen der Brustdrüse oder der Gebärmutter in der Anamnese oder mit einer entsprechenden aktuellen Diagnose.
Auch hier reichen die Daten nicht aus, um die Unbedenklichkeit der Präparate sicher zu belegen. Da möglicherweise gar nicht bekannt ist, ob eine derartige Erkrankung vorliegt, ist es nach Auffassung des BfR generell sinnvoll, bevor Isoflavone eingenommen werden, ärztlichen Rat einzuholen.
»Die Menopause ist definiert als letzte Regelblutung. Sie ist nur rückblickend feststellbar, nachdem die Menstruation an zwölf aufeinander folgenden Monaten ausgeblieben ist.«
Arzneimittel mit Traubensilberkerze Einfacher ist die Bewertung für Arzneimittel, da für diese im Rahmen ihrer Zulassung durch zahlreiche Studien Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit geprüft wurden. Ein sehr gut untersuchtes und dokumentiertes Phytotherapeutikum ist ein spezieller isopropanolischer Cimicifuga racemosa-Extrakt (iCRSpezialextrakt), der als zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht.
Der iCR-Spezialextrakt zeigte in umfangreichen Untersuchungen eine signifikante Verbesserung von vasomotorischen und psychischen Wechseljahrsbeschwerden bei guter Verträglichkeit. Dabei war die Wirksamkeit einer niedrig-dosierten HT vergleichbar. Im Hinblick auf die Sicherheit konnte nachgewiesen werden, dass iCR weder hormonelle Werte (FSH, LH, Estradiol, Prolaktin) verändert noch estrogensensible Organe (keine Veränderung von Brustgewebsdichte, Brustzellproliferation, Endometriumdicke oder Vaginalzytologie) oder die Leberwerte beeinflusst.
Hingegen wurden positive Effekte auf den Lipidstoffwechsel und den Knochenmetabolismus bestätigt. Bei der Traubensilberkerze gelten Triterpenglykoside und Zimtsäureabkömmlinge als zentrale Inhaltsstoffe, wobei der Gesamtextrakt die Wirksamkeit ausmacht. Bislang gibt es diverse Hinweise auf den Wirkmechanismus, eine eindeutige Klärung steht noch aus. Die Wirkungen scheinen auf vielfältigen Mechanismen zu basieren.
Neuere Untersuchungen weisen darauf hin, dass iCR über zentralnervöse Effekte (Modulation von zentralnervösen Rezeptoren) dort angreift, wo neurovegetative und psychische Wechseljahrsbeschwerden entstehen, das heißt, in den Regulationszentren für Körpertemperatur und Stimmungslage im Hypothalamus. Es wurde eine Bindung an zentralnervöse Serotonin-, Dopamin- und GABA-Rezeptoren gezeigt. Zusätzlich erhöht iCR die Verfügbarkeit von Opioidrezeptoren in estrogensensitiven und für emotionale und kognitive Funktionen zuständigen Hirnarealen.
In der Homöopathie steht ein Produkt zur Verfügung, das neben Cimicifuga auch Sanguinaria, Sepia und Ignatia enthält. Auch wenn es bislang keine Hinweise auf eine estrogene Wirkung an estrogensensiblen Organen und damit auf eine Stimulation des Wachstums hormonabhängiger Tumore gibt, wird empfohlen, Präparate mit der Traubensilberkerze nicht bei Frauen mit Brustkrebs einzusetzen.
Arzneimittel mit Rharbarberwurzel Zudem sind Arzneimittel mit einem Spezialextrakt aus der Sibirischen Rhabarberwurzel zugelassen. Auch für diesen Spezialextrakt kann eine effektive Linderung von Wechseljahrssymptomen, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen, bei gleichzeitig gutem Sicherheitsprofil dokumentiert werden. In Studien wurde gezeigt, dass seine Wirkung bei Hitzewallungen vergleichbar zu einer niedrig dosierten HT ist.
Der Spezialextrakt aus der Sibirischen Rhabarberwurzel verfügt über eine estrogene Wirkung, die aber selektiv ist. Man geht davon aus, dass die wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe Rhaponticin, Desoxyrhaponticin, Rhapontigenin und Desoxyrhapontigenin eine klare Präferenz für den Beta-Estrogenrezeptor zeigen, der sich in den Ovarien, Gefäßen und im ZNS befindet und eine antiproliferative, angstlösende und antientzündliche Wirkung aufweist. Ein unerwünschtes Zellwachstum wird durch das Präparat nicht stimuliert.
Der kritische alpha- Estrogen-Rezeptor, der an Brust, Eierstöcken, Gebärmutter und Knochen angesiedelt ist und für die Reproduktion und Zellteilung sorgt und damit auch beim Wachstum estrogenabhängiger Tumore wie Brustkrebs und Gebärmutterschleimhaut- Veränderungen eine Rolle spielt, bleibt unangetastet. Vor diesem Hintergrund sind zwei placebokontrollierte klinische Studien und eine Anwendungsbeobachtung mit dem Extrakt interessant.
Die Studien mit Frauen in der Perimenopause zeigten eine signifikante Abnahme der typischen klimakterischen Beschwerden gegenüber Placebo bereits vier Wochen nach Beginn der Einnahme, bei einigen Frauen sogar bereits nach zwei Wochen. Vor allem Frauen mit stärkerem Beschwerdegrad zeigten eine deutliche Reduktion der Symptome, insbesondere der Hitzewallungen, Schweißausbrüche sowie der psychischen Symptome Ängstlichkeit und Depressionen.
Nach circa drei Monaten wurden nur noch geringe Beschwerden berichtet, und bei den Langzeit-Folgestudien über ein und zwei Jahre waren die meisten Frauen beschwerdefrei oder hatten nur noch leichte Symptome, die sie in ihrer Lebensqualität nicht beeinträchtigten. In der Anwendungsbeobachtung, bei der auch Frauen in der Postmenopause teilnahmen, konnte die Wirksamkeit und gute Verträglichkeit des Extraktes auch in der täglichen Praxis bestätigt werden.
Bemerkenswert war vor allem, dass die Brustdichte und Endometriumdicke nicht zunahmen, was gegen eine hyperproliferative Wirkung des Extraktes in diesen Geweben spricht. Dennoch besteht auch für den Rharbarberwurzel- Spezialextrakt keine Zulassung für Patientinnen, die mit einem estrogenabhängigen Tumor in ärztlicher Behandlung sind oder waren.
Lokale Behandlung Die während und nach den Wechseljahren weitverbreitete Scheidentrockenheit kann zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen. Dabei kann es wegen der dünner werdenden Vaginalschleimhaut auch leichter zu Verletzungen kommen. Zusätzlich verschiebt sich der vaginale pH-Wert aus dem sauren in den neutralen Bereich, was das Infektionsrisiko erhöht. Reine Gleitcremes können kurzfristig Abhilfe schaffen. Ein Produkt mit Hyaluronsäure, Liposomen, Hopfenextrakt und Vitamin E unterstützt darüber hinaus, regelmäßig angewendet, die Vaginalschleimhaut und schützt vor kleineren Rissen.
Sich etwas Gutes tun Bei den meisten Frauen in den Wechseljahren andert sich nicht nur die hormonelle Situation. Haufig sind die Kinder inzwischen flugge und die Frauen konnen sich neuen Zielen zuwenden. Sie sollten jetzt auch weder mehr an sich denken. Regelmasige Bewegung oder sportliche Betatigung steigern das Wohlbefinden und konnen die Hitzewallungen reduzieren. Ebenso wirkt Sport dem Risiko fur Ubergewicht entgegen.
Gunstig wirkt sich auch ein Training der Beckenbodenmuskulatur aus sowie Krafttraining, um den Muskelabbau zu stoppen und einer Osteoporose vorzubeugen. Salbeipraparate konnen zur Reduktion der Schweisproduktion eingesetzt werden, Johanniskrautpraparate gegen die Stimmungsschwankungen und Baldrian-, Hopfen-, Melisseund/ oder Passionsblumenpraparate als Einschlafhilfe.
Eine kalziumreiche Ernahrung oder eventuell eine Kalziumsubstitution beziehungsweise die kombinierte Einnahme von Kalzium und Vitamin D dienen ebenfalls der Osteoporoseprophylaxe. Entspannungsmethoden wie Yoga, autogenes Training oder Tai Chi, sorgen fur mentale Ausgeglichenheit. ¡
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin