PKA-Fortbildung 01/02 2014
ARBEITSRECHT
Seite 1/1 7 Minuten
Das Arbeitsverhältnis ist nicht durch eine gesetzgeberische Maßnahme „in einem Stück“ entstanden, sondern ist ein in ständigem Fluss befindliches Ergebnis einer über hundertjährigen Entwicklung. Es existiert in Deutschland also kein umfassendes „Arbeitsgesetzbuch“, das alle oder zumindest die wesentlichsten arbeitsrechtlichen Normen enthielte.
Faktisch besteht unser Arbeitsrecht aus einer außerordentlichen Vielzahl von Einzelbestimmungen und Gesetzen. Neben Europarecht, Verfassungsrecht, zahlreichen „einfachen“ Gesetzen, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen, sind der abgeschlossene Arbeitsvertrag und betriebliche Übung mitentscheidend. So manche Gesetzesregelung ist jedoch sogar lückenhaft oder unklar. Deshalb greifen vielfach die Gerichte – primär das Arbeitsgericht, gelegentlich sogar das Bundesverfassungsgericht oder sogar der Europäische Gerichtshof – klärend, ergänzend oder korrigierend ein.
Eines allerdings ist sicher: Arbeitsrecht wurde ursprünglich primär zum Schutz des Arbeitnehmers geschaffen. Das bedeutet allerdings nicht, dieser habe alle oder lauter Rechte auf seiner Seite. Auch Pflichten resultieren.
Rechte und Pflichten Als PKA und Arbeitnehmer haben Sie ihre Arbeit persönlich in der Apotheke, in der Sie angestellt sind, zu leisten, können sich also nicht vertreten lassen. Durch Ausübung des Weisungsrechts (Direktionsrechts), das zum wesentlichen Inhalt eines jeden Arbeitsvertrags gehört, legt der Arbeitgeber, also der Apothekeninhaber, konkret die zu erbringende Arbeit fest. Auch existiert eine Treuepflicht diesem gegenüber.
Grundsätzlich dürfen Sie als PKA allerdings auch mehrere Arbeitsverhältnisse eingehen oder nebenbei selbständig arbeiten, solange sich diese Tätigkeiten nicht zeitlich überschneiden. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Sie sich nicht wirksam verpflichtet haben jegliche Nebentätigkeit zu unterlassen, dem Arbeitgeber keine unlautere Konkurrenz gemacht wird, die Arbeitskraft nicht unter der Nebentätigkeit leidet und die gesetzlich vorgeschriebene Höchstarbeitszeit von bei Erwachsenen 10 Stunden täglich und insgesamt 48 Stunden in der Woche Arbeitsrecht – bei Zusammenrechung aller Arbeitsverhältnisse – nicht überschritten wird.
Der Arbeitsvertrag Empfehlenswert ist immer einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen. Heute ist das auch in der Apotheke Gang und Gäbe. Allerdings wird ein Arbeitsverhältnis auch bereits durch eine tatsächliche Arbeitsaufnahme wirksam begründet. Ohne schriftlichen PKA-Anstellungsvertrag, der sich womöglich noch auf den Bundesrahmentarifvertrag beruft, befinden Sie sich allerdings keinesfalls im rechtsfreien Raum. Es gelten vielmehr die gesetzlichen beziehungsweise tariflichen Regelungen. Schriftliche Verträge können in einzelnen Punkten auch vom Tarifvertrag abweichende Regelungen treffen.
Für noch minderjährige Arbeitnehmer, was in der PKA-Ausbildung oder den ersten Berufsjahren ja noch vorkommen kann, gelten besondere Bestimmungen: Vor Erreichen der Volljährigkeit mit 18 Jahren ist für den Arbeitsvertragsabschluss die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, in der Regel also von Vater und Mutter, erforderlich. Mit Jugendlichen unter 15 Jahren kann in der Regel überhaupt kein Arbeitsvertrag abgeschlossen werden (§2 Absatz 2 Jugendarbeitsschutzgesetz).
Pünktlichkeit Das Motto „Pünktlichkeit ist eine Zier, doch besser geht es ohne ihr“ sollte jeder Apothekenmitarbeiter sich schnellstens abgewöhnen. Apotheken haben feste Öffnungszeiten, die einzuhalten sind. Zehn Minuten vor Dienstbeginn zu erscheinen, ist kein Problem, zehn Minuten später hingegen schon. Immer wieder ist festzustellen, dass Mitarbeiter es mit der Pünktlichkeit nicht allzu genau nehmen und ab und an abgehetzt ein paar Minuten zu spät kommen.
Ein, zwei Mal wird ein Apothekenleiter als Arbeitgeber „zu spät kommen“ meistens tolerieren, bei häufigerem Vorkommen mündlich verwarnen. Kommt die PKA dann wieder einmal nicht pünktlich, könnte die Apothekenleitung eine schriftliche Abmahnung aussprechen. Tritt trotzdem keine Besserung ein, kann Unpünktlichkeit sogar ein Kündigungsgrund sein. Wie viele Abmahnungen einer Kündigung vorausgehen müssen, ist vom Einzelfall abhängig. Am Besten also immer einen gewissen Zeitpuffer auf dem Weg zum Arbeitsplatz einplanen.
Krankmeldung – was gilt? Sind Sie als PKA erkrankt, können Sie zuhause bleiben und erhalten trotzdem ihren Lohn. Gemäß § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz besteht bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für bis zu sechs Wochen. Allerdings muss der Arbeitsgeber umgehend über den krankheitsbedingten Ausfall informiert werden, das heißt, vor dem regulären Arbeitsbeginn am ersten Tag. Hier ist ein Anruf beim Chef ausreichend. Erst wenn die Erkrankung länger als drei Tage dauert, muss der Apothekenleitung am vierten Tag ein ärztliches Attest vorliegen, der berühmte „gelbe Schein“.
Allerdings: Sollte der Arbeitgeber dies verlangen, muss auch schon am ersten Krankheitstag dieses ärztliche Attest vorgelegt werden. Wird die Bescheinigung nicht vorgelegt, darf der Arbeitgeber die Lohnzahlung verweigern, bis das Attest eingereicht ist. Dann allerdings besteht ein rückwirkender Anspruch auf die gesamte Entgeltfortzahlung. Während der Erkrankung besteht nicht die Pflicht das Bett zu hüten. Es darf alles unternommen werden, was die möglichst rasche Genesung nicht gefährdet und solange der ärztliche Rat befolgt wird.
Juristische Fallstricke
Das Arbeitsrecht birgt viele juristische Fallstricke. Im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber, im Streitfall um noch ausstehende Vergütung oder Arbeitsvertragsauslegung etc. ist es meist empfehlenswert einen Arbeitsrechtler einzuschalten, um seine Rechte zu wahren.
Bei einem gebrochenen Bein spricht somit nichts gegen einen Kinobesuch, auch Einkaufen ist okay, wenn sich sonst niemand dafür findet. Sind Sie als PKA jedoch sehr häufig oder dauerhaft arbeitsunfähig krank, kann dies eine krankheitsbedingte Kündigung rechtfertigen. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, bei Krankheit dürfe nicht gekündigt werden.
Urlaubsgewährung und -übertragung Häufiger zum Zankapfel wird der Jahresurlaub. Wann ist er zu nehmen, wann darf er abgelehnt, wann übertragen werden? Grundsätzlich gilt: Ein Urlaub darf erst angetreten werden, wenn der Arbeitgeber ihn auch genehmigt hat. Nach § 7 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) wird der Urlaub vom Arbeitgeber „erteilt“. Die Wünsche des Mitarbeiters sind bei der zeitlichen Festlegung allerdings zu berücksichtigen, solange nicht Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, oder dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
So ist es durchaus seitens der Apothekenleitung statthaft in der Advents- und Weihnachtszeit (umsatzstarke Vorweihnachtszeit, Erkältungszeit) eine Urlaubssperre zu erteilen. Auch muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Gemäß Bundesurlaubsgesetz gibt es grundsätzlich keinen Anspruch des Arbeitnehmers, den Urlaub in das Folgejahr zu verschieben. Eine Übertragung ist eine Ausnahme, die begründet werden muss. Die Gründe können in Ihrer Person als PKA liegen, etwa aufgrund von krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit war eine Urlaubsnahme nicht möglich oder seitens der Apothekenleitung dringende betriebsbedingte Notwendigkeiten sein.
Liegen keine hinreichenden Gründe vor, verfällt nicht genommener Urlaub am Jahresende. Wird Urlaub in das Folgejahr übertragen, muss er gemäß BUrlG in den ersten drei Monaten vollständig gewährt und genommen werden, andernfalls verfällt er endgültig. Auch der geltende Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) hat diese Regelung weitgehend übernommen. Ein Arbeitsvertrag, der sich auf den Bundesrahmentarifvertrag als Grundlage bezieht, hat somit keinesfalls „günstigere“ Regelungen.
Allerdings entspricht die grundlose Übertragung des Resturlaubs bis zum März des Folgejahres einer häufig in Betrieben, so auch der Apotheke, getätigten betrieblichen Übung. Sicherheitshalber ist es aber sinnvoll nachzufragen, um nicht nachträglich bei gestrichenem Resturlaub „aus allen Wolken“ zu fallen. Selbst nach BRTV bleibt nur Urlaubsanspruch in Höhe des gesetzlichen Mindesturlaubs von 24 Werktagen (nach § 3 Bundesurlaubsgesetz) nach dem Übertragungszeitraum bestehen, wenn der Mitarbeiter den Urlaub tatsächlich auch im Übertragungszeitraum wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte.
In § 11 Ziffer 12 des BRTVs für Apothekenmitarbeiter ist eine entgeltliche Abgeltung von drei Urlaubstagen im Jahr erlaubt, sofern beide Parteien, also Apothekenleitung und Mitarbeiter damit einverstanden sind. Existiert ein nicht tarifgebundenes Arbeitsverhältnis könnte hingegen jeglicher über den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen im Jahr hinausgehender Urlaub einvernehmlich finanziell abgegolten werden.
ZUSATZINFORMATIONEN
Arbeitszeit
Die Arbeitszeit betrifft einen der wichtigsten Punkte des Arbeitsverhältnisses. Durch rechtzeitige klare Absprachen und Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen kann unerfreulichen Streitigkeiten hierbei gut entgegengewirkt werden. Arbeitszeit ist rechtlich die Zeitspanne von Beginn bis zum Ende der Arbeit – ohne Ruhepausen. Während der Arbeitszeit müssen Sie als PKA Ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Ob Sie tatsächlich intensiv arbeiten, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Wegen der besonderen Bedeutung für beide Arbeitsvertragsparteien ist es sinnvoll, die Arbeitszeit im Arbeitsvertrag möglichst genau festzuschreiben. Die Lage der Arbeitszeit an den einzelnen Arbeitstagen wird dabei angegeben. Dann kann weder die Apothekenleitung, noch können Sie als Mitarbeiter einseitig davon abweichen. Im BRTV wurde allerdings die Möglichkeit geschaffen, eine Flexibilisierung via Jahresarbeitszeitkonto zu erreichen. Wird dies schriftlich vereinbart, ist bei Vollzeitkräften eine flexible wöchentliche Arbeitszeit von 29 bis 48 Stunden, bei Teilzeitkräften eine wöchentliche Arbeitszeit von 75 bis 130 Prozent der vertraglichen Arbeitszeit möglich, solange ein Ausgleich innerhalb eines vereinbarten Zeitraums, in der Regel eines Kalenderjahres erfolgt. Um Missverständnisse und Streit möglichst auszuschließen wurden zum Jahresarbeitszeitkonto, aber auch zu Themen wie Mehrarbeit, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit im BRTV genaue Vereinbarungen getroffen.
Verfall von Ansprüchen
Am Ende eines Arbeitsverhältnisses haben sowohl die Apothekenleitung als auch Sie als PKA meist Interesse daran, schnell klare Verhältnisse zu schaffen und gegenseitige Ansprüche rasch abzuwickeln. Tatsächlich wird die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Jahren nur selten zum Anspruchsverlust führen. Verfallfristen sind hingegen nicht gesetzlich geregelt, sollten laut Bundesarbeitsgericht gegenseitig aber mindestens drei Monate betragen.
Aus diesem Grund schreibt der BRTV vor: Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von drei Monaten schriftlich geltend zu machen. Bei Nichteinhaltung der angeführten Fristen sind die Ansprüche verfallen. Sollte im Fall der Trennung vom Arbeitgeber also beispielsweise noch Lohn zustehen, ein qualifiziertes Zeugnis gewünscht werden etc., muss und sollte sehr zeitnah die Apothekenleitung schriftlich hierzu aufgefordert werden. Umgekehrt kann die Apothekenleitung nach Ablauf der Drei-Monats-Frist nicht mehr verlangen, eine vergessene Rechnung für Eigenbedarf zu bezahlen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/14 ab Seite 94.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin