Hauterkrankungen
ANGRIFF AUF KÖRPER UND GEIST
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In Deutschland leiden rund zwei Millionen Menschen unter Psoriasis (Schuppenflechte), die damit eine der häufigsten Hauterkrankungen ist. Sie kann in vielen verschiedenen Unterformen auftreten, in rund 90 Prozent der Fälle handelt es sich jedoch um die sogenannte Plaque- Psoriasis (Psoriasis vulgaris). Bei ihr entwickeln sich auf der Haut leicht verdickte, sehr trockene Areale, die von einem roten Rand umgeben und von silbrig-weißen Schuppen bedeckt sind. Die Schuppen kann man ähnlich wie Kerzenwachs leicht wegkratzen, wobei es dann oft zu kleinen, punktförmigen Blutungen kommt. Die Plaque-Psoriasis zeigt sich bevorzugt an bestimmten Körperstellen wie der behaarten Kopfhaut, den Außenseiten von Ellenbogen und Knien oder im Bereich des Kreuzbeins, kann letztlich aber überall auftreten.
Je nach Schwere der Erkrankung kann die befallene Fläche die Größe einer Münze aufweisen oder ganze Körperteile umfassen, wobei immer auch ein weiteres Wachstum möglich ist. Entwickelt sich die Erkrankung in den großen Körperfalten wie im Gesäß, unter den Brüsten oder den Achseln, spricht man von einer Psoriasis intertriginosa. Neben den durch Plaques gekennzeichneten Formen gibt es die pustulösen, bei denen sich statt der Plaques kleine, eitergefüllte Pickel auf der geröteten Haut entwickeln. Meist sind hiervon Hände und Füße betroffenen, in seltenen Fällen sogar der ganze Körper. In der Regel verläuft die Erkrankung in Schüben, sodass sich Ruhephasen mit einer erneuten Verschlechterung des Hautbildes abwechseln.
Ursache unklar Man weiß bis heute nicht genau, warum eine Schuppenflechte entsteht, kennt jedoch viele Faktoren, die dazu beitragen. Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken wird in erster Linie durch die genetische Veranlagung bestimmt. Damit die Erkrankung ausbricht, müssen jedoch bestimmte auslösende Faktoren („Trigger“) hinzukommen. Dies können sehr unterschiedliche Dinge sein, wie etwa starker Stress, psychische Belastungen, Infektionen oder bestimmte Medikamente wie Betablocker oder ACE-Hemmer. Auch Reizungen oder Verletzungen der Haut, das Rauchen oder hormonelle Veränderungen können eine Schuppenflechte auslösen.
Angriff auf den eigenen Körper Bricht die Erkrankung aus, greift das fehlgeleitete Immunsystem des Körpers eigene Hautzellen (Keratinozyten) an. Dabei „verwechseln“ bestimmte Abwehrzellen (T-Lymphozyten) vermutlich die Hautzellen mit eingedrungenen Erregern und zerstören sie. In der Folge entzündet sich die Haut in dieser Region und rötet sich. Um die Verluste zu ersetzen, werden gleichzeitig große Mengen neuer Keratinozyten produziert, die an die Hautoberfläche wandern. Während dieser Erneuerungsprozess in der gesunden Haut normalerweise vier Wochen dauert, geschieht das in den Plaques in nur fünf Tagen. Hierdurch sind die neugebildeten Zellen noch unreif und sammeln sich als silberweiße Schuppen auf der Oberfläche der Plaques an.
Die Autoimmunerkrankung Psoriasis wird zu den Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises gerechnet.
Hohes Risiko für Begleiterkrankungen Heute weiß man, dass sich die Entzündungsreaktion, die der Psoriasis zugrunde liegt, nicht nur auf die Haut auswirkt. So zeigt sich die Erkrankung bei vielen Patienten auch an den Finger- oder Fußnägeln durch Symptome wie gelbliche Flecken oder kleine Dellen, wobei die Nägel in schweren Fällen sogar zerbröckeln können. Etwa jeder vierte Patient erkrankt zudem an einem entzündlichen Gelenkrheuma, der Psoriasis-Arthritis.
Es betrifft meist die Gelenke, Bänder und Sehnen der Finger und Zehen, manchmal auch die der Wirbelsäule. Die betroffenen Gelenke schwellen an, schmerzen und versteifen zunehmend. Im schlimmsten Fall können sie vollständig zerstört werden. Patienten mit Schuppenflechte haben zudem ein erhöhtes Risiko für andere Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Herzerkrankungen sowie die entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn.
Auch die Psyche leidet Viele Betroffene haben jedoch nicht nur körperliche, sondern auch seelische Probleme, da das gestörte Hautbild auch das Selbstbewusstsein beeinträchtigt. Zudem wirken die Hautveränderungen auf andere Menschen oft abschreckend, wobei viele fälschlicherweise glauben, die Erkrankung sei ansteckend. Die Patienten versuchen daher, die Plaques möglichst zu verstecken, was oft jedoch kaum möglich ist, etwa beim Sport oder einem Besuch im Schwimmbad oder wenn Gesicht oder Hände betroffen sind. Die psychische Belastung ist für die Betroffenen daher oft viel schwerer zu ertragen als die körperlichen Symptome, was Depressionen und sozialen Rückzug zur Folge haben kann.
Stufenweise Behandlung Auch wenn in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Therapie gemacht wurden, ist Psoriasis nach wie vor nicht heilbar. Mit den heutigen Behandlungsmöglichkeiten kann man jedoch selbst bei schweren Verlaufsformen das Hautbild deutlich verbessern und die Symptome lindern. Um diese Ziele zu erreichen, wird die Therapie immer auf den individuellen Fall zugeschnitten. Da es sich um eine Langzeitbehandlung handelt, muss zudem besonders auf eine gute Verträglichkeit geachtet werden. Daher verfolgt man ein Stufenkonzept, bei dem leichte Erkrankungsformen mit weniger wirksamen, aber gut verträglichen Medikamenten behandelt werden, schwere Formen hingegen mit sehr potenten Substanzen, aber höherem Nebenwirkungsrisiko.
Hierbei kann in allen Stufen eine Basistherapie zu Einsatz kommen. Die dabei verwendeten rückfettenden Salben oder Lotionen sollen die betroffenen Hautareale wieder feucht und geschmeidig machen. Manche können zudem die aufliegenden Hornschuppen beseitigen, sodass später aufgetragene Wirkstoffe oder entzündungshemmendes UV-Licht besser eindringen können. Bei leichteren Formen der Schuppenflechte kommen topische Präparate zum Einsatz, die die überschießende Zellteilung und die Entzündung in der Haut hemmen. Neben dem seit langer Zeit verwendeten Dithranol werden hierzu heute vorwiegend Vitamin-D-Analoga wie Calcipotriol eingesetzt.
Kortisonpräparate sollten aufgrund ihrer Hautnebenwirkungen nur kurzzeitig und nicht großflächig angewendet werden. In Kombination mit Vitamin- D-Analoga verbessern sie allerdings deren Wirksamkeit und sind selbst besser verträglich, weshalb Kombinationspräparate entwickelt wurden. Zusätzlich oder alternativ kann auch eine Bestrahlung mit UV-Licht erfolgen, meist als PUVA-oder UVB-Therapie. Während bei PUVA eine Vorbehandlung mit dem Wirkstoff Psoralen erfolgt, die die Haut empfindlicher gegen UVA-Licht macht, verwendet man bei der UVB-Therapie Licht einer Wellenlänge von 311 nm, auf das die Psoriasis besonders gut anspricht.
Sind diese Maßnahmen nicht erfolgreich, oder verläuft die Krankheit besonders schwer, werden entzündungshemmende systemische Wirkstoffe eingesetzt, in der Regel zunächst Methotrexat oder Fumarsäure. Reicht ihre Wirksamkeit nicht aus oder werden sie nicht vertragen, kommen schließlich Biologika zum Einsatz, gentechnisch hergestellte Antikörper oder Fusionsproteine, die den Entzündungsprozess gezielt an einem bestimmten Punkt hemmen.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/17 ab Seite 146.
Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist