Hepatitis
ANGRIFF AUF DIE LEBER
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Die Hepatitis A verläuft bei Kindern häufig symptomlos; bei Erwachsenen macht sie sich manchmal in Form unspezifischer gastrointestinaler Symptome und mit einem allgemeinen „Krankheitsgefühl” bemerkbar, oft begleitet von Hautjucken. Bisweilen stellt sich eine Gelbsucht ein, mit Gelbfärbung der Augenbindehaut, der Haut und Schleimhäute. Bis zur vollständigen Genesung kann es mehrere Wochen dauern.
Absolut selten – in 0,01 bis 0,1 Prozent der Fälle – kommt es bei erwachsenen Patienten zu einem fulminanten Verlauf, der dann meist tödlich endet. Vor allem Ältere und Menschen, deren Leber bereits chronisch krank ist, sind gefährdet.
Kontakt- oder Schmierinfektion Der Übertragungsweg wird als fäkal-oral beschrieben. Außer über engen Kontakt mit Infizierten (sei es im Kindergarten oder im gemeinsamen Haushalt) steckt man sich vor allem durch kontaminierte Lebensmittel an. Besonders gefährlich sind Salate und Gemüse, die unter Verwendung von menschlichen Fäkalien gedüngt wurden, wie dies in manchen Ländern noch gemacht wird sowie Meeresfrüchte aus verseuchten Gewässern.
Langzeitschutz durch Impfung Vor Reisen in Gebiete mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz (Verbreitung) wie tropische Regionen, den Mittelmeerraum und nach Osteuropa sollte man sich impfen lassen. Da schützende Antikörper meist schon nach 12 bis15 Tagen entstehen – und weil die Inkubationszeit, die Zeit von der Ansteckung bis zur Manifestation der Erkrankung, meist mehr als 20 Tage beträgt – macht die Impfung auch vor Last-minute-Reisen Sinn (gilt nicht für Kombinationsimpfstoffe); sie kommt sogar noch kurz nach einer Exposition in Frage. Außerdem wird die Immunisierung bestimmten Risikogruppen wie im Gesundheitsdienst oder Kitas Tätigen empfohlen. Im Normalfall muss sie nicht aufgefrischt werden.
Oft klinisch „stumm” Nur ein Teil der mit dem Hepatitis-B-Virus(HBV) Infizierten zeigt den charakteristischen Ikterus. Die Infektion kann Unwohlsein, Magen-Darm-Beschwerden, zum Teil auch Gelenkschmerzen und/oder Fieber verursachen; bei etwa jedem Dritten bleibt sie asymptomatisch. Extrem selten kann es zu einem akuten Leberversagen kommen. Die meisten Fälle heilen nach einigen Monaten ohne Folgen aus. Etwa zehn Prozent verlaufen chronisch. Man schätzt, dass viele dieser Patienten von ihrer Infektion gar nichts wissen, da diese häufig keine Beschwerden macht oder sich nur in sehr unspezifischen Symptomen wie großer Müdigkeit und Appetitlosigkeit äußert.
Das Problem: Bei chronischer Hepatitis B kann sich eine Leberzirrhose entwickeln, also eine irreversible Schädigung der Leber, die unbehandelt weitere Organe in Mitleidenschaft zieht. Eine weitere mögliche Langzeitfolge ist ein Leberzellkarzinom. Selten ziehen sich Patienten mit Hepatitis B zusätzlich eine Infektion mit dem Hepatitis-D-Virus zu, was zu einem schwereren Verlauf und rascherem Fortschreiten der Erkrankung führt. Chronisch Infizierte können zudem – unabhängig von der Schwere ihrer Erkrankung – über Jahrzehnte hinweg ansteckend sein, je nachdem, wie eng der Kontakt und wie hoch der Virustiter, also die Viruskonzentration im Blut, ist.
Laborparameter Neben der Bestimmung von Leberenzymen ist für die Diagnose die Serologie, also der Test auf Virusbestandteile sowie Antikörper gegen HBV wichtig: In Abhängigkeit davon, welche Virusantigene, spezifischen Antikörper und in welcher Menge die Erbsubstanz des Virus (HBVDNA) im Blut nachweisbar sind, kann zwischen akuter, ausgeheilter und chronischer Infektion unterschieden werden. Ist das Virus-Hüllprotein HBs-Ag oder HBV-DNA im Blut auffindbar, ist der Betroffene ansteckend.
Ansteckungswege Die Infektion wird oft über ungeschützte sexuelle Kontakte weitergegeben. Eine weitere wichtige Ansteckungsquelle sind nicht sterile Spritzen und Kanülen (i.v. Drogenkonsum!). Auch medizinisches Personal trägt ein Risiko, sich mit infektiösem Material zu infizieren. Da dem Virus selbst kleinste Haut- oder Schleimhautverletzungen als Eintrittspforte dienen können, ist auch der gemeinsame Gebrauch von Rasierern, Nagelscheren und Zahnbürsten ein möglicher Übertragungspfad. Die Transfusion von Blut und Blutprodukten dagegen wird aufgrund umfassender Sicherheitsmaßnahmen heute als ungefährlich angesehen.
Werdende Mütter, die das Virus tragen, können es während der Geburt an ihr Kind weitergeben. Um diese so genannte vertikale Infektion zu verhindern, sollten alle Schwangeren auf das Vorhandensein der Viren untersucht werden. Zeigt dieses HBs-Ag-Screening eine aktive Infektion, kann das Neugeborene zeitnah zur Entbindung aktiv und passiv immunisiert werden, das heißt, es erhält simultan die erste Dosis des HB-Impfstoffs und spezifische Antikörper gegen das HBs-Antigen (HB-Immunglobulin).
AKUTE HEPATITIS
Vor allem das Hepatitis-A-, aber auch das (nicht mit diesem verwandte) Hepatitis-B-Virus ist gegenüber vielen Umweltfaktoren unempfindlich und auch gegenüber gängigen Desinfektionsmitteln sehr resistent. Gegen eine akute Virushepatitis – ob A oder B – gibt es keine spezielle Therapie. Den Patienten wird Ruhe und Schonung und eine fettarme Kost empfohlen. Medikamente, die die Leber zusätzlich belasten, sollten gemieden werden; Alkohol ist tabu. Übelkeit und andere Beschwerden werden gegebenenfalls symptomatisch therapiert. Nach einer abgeheilten Infektion sind die Betreffenden lebenslang immun gegen das HAV bzw. HBV.
Prävention hat hohen Stellenwert Durch Interferonalpha oder die zum Teil jahrelange Gabe von Mitteln, die die Vermehrung der Viren hemmen (Virustatika), wie zum Beispiel Lamivudin oder Tenofovir, kann die Leberentzündung oft dauerhaft unter Kontrolle gehalten werden. In den meisten Fällen ist aber keine vollständige Heilung möglich. Deshalb ist der Impfschutz so wichtig.
Die Grundimmunisierung gegen HBV wird als Standardimpfung für alle Säuglinge und Kleinkinder empfohlen. Wichtig ist sie auch für Risikogruppen, insbesondere für im Gesundheitswesen Beschäftigte. Eine andere häufig chronisch verlaufende Virushepatitis ist die Hepatitis C. Die spontan heilende Hepatitis E, die bei Schwangeren allerdings letal sein kann, ist hier zu Lande eine Rarität.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 05/12 ab Seite 88.
Waltraut Paukstadt, Dipl.-Biologin