Ein neuer Therapieansatz: Mit Bakteriophagen gegen alkoholbedingte Leberschäden. © Design Cells / iStock / Getty Images Plus

Bakteriophagen | Neuer Therapieansatz

ALKOHOLBEDINGTE HEPATITIS: DIE BAKTERIENFRESSER KOMMEN!

Könnten Bakteriophagen die neue Geheimwaffe gegen alkoholbedingte Fettleber sein? Bei Mäusen funktioniert das bereits wunderbar – aber nur, wenn ihnen ein bestimmtes Gen fehlt.

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Bakteriophagen gelten aufgrund ihrer Eigenschaften bereits als mögliche Alternative zu Antibiotika. Auf bestimmte Mikroorganismen programmiert, fressen diese speziellen Viren krankmachende Bakterien einfach auf.

Da die alkoholbedingte Fettleber zwar von Alkohol ausgelöst, doch von bestimmten Bakterien maßgeblich mitgesteuert wird, hat sich in der University of California in San Diego ein Team gebildet, das sich Enterococcus faecalis einmal genauer anschaute. Der Bazillus spielt nämlich eine große Rolle bei der Leberentzündung und kommt im Darm aller Menschen vor. In zu hohen Konzentrationen kann er allerdings gesundheitsschädigende Effekte verursachen.

Für ihre Studie analysierten die Wissenschaftler zunächst Stuhlproben von Patienten mit alkoholbedingter Fettleber und solchen ohne: Erkrankte Menschen hatten im Durchschnitt fast 3000-mal so viele E. faecalis-Bakterien wie gesunde. 30 Prozent der identifizierten faecalis-Stämme verfügten dabei über ein Gen, das die Bauanaleitung für ein Toxin namens Cytolysin enthält. Dessen Anwesenheit scheint eng mit dem Grad sowohl der Leberschädigung als auch der Mortalität der Patienten zusammenzuhängen. So verstarben von den Betroffenen mit Cytolysin im Stuhl 89 Prozent innerhalb von 180 Tagen nach der Einweisung ins Krankenhaus – bei den Hepatitis-Patienten ohne das Toxin waren es hingegen nur knapp vier Prozent.

Experimente mit Mäusen bestätigten diesen Trend: Bei Tieren, die mit Cytolysin-bildenden Keimen künstlich infiziert wurden und zudem eine alkoholreiche Ernährung erhielten, war die Sterblichkeit deutlich erhöht. Die Wissenschaftler führten das darauf zurück, dass der übermäßige Alkohol-Konsum die Durchlässigkeit der Darmwand erhöhte und als Folge Cytolysin-bildende faecalis-Bakterien vom Darm in den Körper gelangen, wo sie dann Entzündungsprozesse auslösen.

Die Forscher schlossen daraus, dass eine Bekämpfung dieser Mikroben ein wirksamer Therapieansatz gegen das gefährliche Leberleiden – an dem immerhin ein Drittel aller Alkoholiker erkranken – sein könnte. Bakteriophagen greifen ja Bakterien an und töten sie, um sich selbst zu vermehren – und sie wirken spezifisch.

Um das zu testen, isolierten die Forscher vier bestimmte Phagenarten, die sie als Cocktail Alkoholiker-Mäusen mit Fettleber verabreichten. Das Ergebnis: Durch die Therapie entwickelten die Nager deutlich weniger Leberschäden und die Hepatitis ging zurück. Nicht auf diese Bakterien spezialisierte Phagen hatten dagegen keinen positiven Einfluss auf das Krankheitsbild. „Unser Team hat gezeigt, dass Bakteriophagen Cytolysin-produzierende E.faecalis-Bakterien gezielt angreifen können und eine neue Therapieoption für Patienten mit schwerer alkoholbedingter Hepatitis darstellten“, konstatiert Mitautorin Debbie Shawcross vom King’s College in London. „Dieser Ansatz muss weiter erforscht werden und sich in Studien mit menschlichen Patienten bewähren.“

Alexandra Regner,
PTA und Journalistin

Quelle: www.wissenschaft.de

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