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Wissen Sie es noch?

AGRANULOZYTOSE

Diese seltene Arzneimittelnebenwirkung beginnt mit grippeähnlichen Symptomen, wie Fieber, Halsschmerzen und Entzündungen der Mundschleimhaut. Wissen Sie noch, welche Arzneimittel sie auslösen können?

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Bei einer Agranulozytose kommt es zu einer plötzlichen Zerstörung der Granulozyten, also einer Untergruppe der weißen Blutkörperchen. Sinkt die Granulozytenzahl im Blut unter 500 Zellen pro Milliliter Blut, ist das klinische Bild der Agranulozytose erfüllt. Durch den drastischen Abfall bricht das Immunsystem zusammen. Dies kann das Auftreten bakterieller und viraler Infektionen sowie Mykosen bis hin zur Sepsis zur Folge haben.

Noch nicht alle Einzelheiten geklärt Man geht bei dieser arzneimittelinduzierten Blutbildveränderung von zwei pathogenetischen Ursachen aus: um die allergisch vermittelte Typ-I-Agranulozytose und um die toxisch vermittelte Typ-IIAgranulozytose. Typ I scheint dosisunabhängig aufzutreten. Heute weiß man, dass schon geringe Arzneimittelmengen nach kurzer Zeit zur Zerstörung der Granulozyten führen können. Die Annahme, dass sich eine Agranulozytose erst nach längerer Behandlungsdauer manifestiert, ist nicht mehr haltbar. Auch die Art der Applikation beeinflusst das Risiko nicht. Beim Typ II wird das Knochenmark geschädigt, was dosisabhängig geschieht und zu einem langsamen Absinken der Granulozytenzahl führt.

20 Prozent enden tödlich Nach den anfänglichen grippeähnlichen Symptomen können schwere Infektionen, wie Lungenentzündung oder Nekrosen an Haut und Schleimhaut, häufig im Genital- und Analbereich, auftreten. Wird nicht rechtzeitig erkannt, worum es sich hier handelt, kann es tödlich enden. Die wenigsten Ärzte haben tatsächlich schon einmal eine Agranulozytose gesehen, denn sie kommt bei der Einnahme eines potenziell riskanten Arzneimittels nur in einem von 10 000 Fällen vor. Daher wird das Risiko gerne unterschätzt.

Risiko Arzneistoffe, von denen diese unerwünschte Wirkung bekannt ist, sind Carbimazol, Clozapin, Metamizol, Penicillin G, Procainamid, Propylthiouracil, Rituximab, Sulfasalazin, Thiamazol und Ticlopidin. Von ihnen sind weltweit mehr als die Hälfte aller gemeldeten Fälle einer Agranulozytose verursacht worden. Aber auch bei vielen anderen Substanzen ist das Risiko bekannt. Das bekannteste Beispiel ist zweifellos Metamizol. Da die Verordnungen von Metamizol in den letzten Jahren wieder sehr viel häufiger geworden sind, nehmen auch die Meldungen von Agranulozytosen zu.

Therapie Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist das Absetzen aller potenziell gefährlichen Arzneimittel. Ein deutlicher Rückgang der Todesfälle konnte in den letzten Jahren durch den raschen Einsatz von Breitbandantibiotika erzielt werden, mit denen das Fieber und eine drohende Sepsis oftmals gut therapiert wurden. Außerdem wird den Patienten zu einer gründlichen Körperhygiene geraten, um Infektionen zu verhindern, insbesondere der Mund-, Rachen- und Analregion. Auch Menschenansammlungen sollen sie zu ihrem Schutz meiden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 11/16 ab Seite 144.

Sabine Breuer | Apothekerin, Redakteurin

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