Neurologie | Meditation
ACHTSAMKEITSTRAINING VERÄNDERT HIRNSTRUKTUR
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Was passiert im Gehirn, wenn wir uns nur auf unsere Atmung fokussieren und Raum und Zeit in den Hintergrund treten? Welche Vorteile hat das für unser alltägliches Leben? Und wie viel muss meditiert werden, um wirklich eine Veränderung herbeizurufen? Ein Forschungsteam um Dr. Stefan Dürschmid und Dr. Matthias Deliano am Leibniz-Institut für Neurobiologie (LIN) untersuchte die elektrophysiologischen Wellen des Gehirns ihrer Probanden nach Spuren der Meditation.
Es ist doch so: Unsere Welt ist laut, bunt, zeitweise sogar grell und ziemlich voll. Wer sich davon nicht gut abgrenzen kann, ist schnell von seiner Umwelt überfordert, gestresst oder ruhelos. Yoga und Meditation erfreuen sich daher nicht erst seit kurzem großen Interesses und Zulauf: Wieder zu sich selbst finden, innere Ruhe und mehr Gelassenheit ist der Wunsch vieler Teilnehmer – teilweise bezuschussen die Krankenkassen derartige Kurse sogar als Präventionsangebote. „Im Gegensatz zum Ruhezustand erfordert achtsame, fokussierte Aufmerksamkeit, dass man das Wandern der Gedanken bemerkt und unterdrückt und sich immer wieder neu auf den Atem konzentriert. Es geht also um ständige Überwachung und exekutive Kontrolle, insbesondere bei Anfängern“, sagt Stefan Dürschmid, einer der Studienleiter. „Dies könnte durch Hirnzustände umgesetzt werden, die an einem instabilen kritischen Punkt zwischen Ordnung und Unordnung, der Kritikalität, ausbalanciert sind und eine flexible Fokussierung der Aufmerksamkeit ermöglichen.“ Mittels Magnetencephalographie (MEG) untersuchten die Wissenschaftler daher, ob Achtsamkeitstraining die Informationsweitergabe im neuronalen Netzwerk des ZNS beeinflusst.
Für diese Studie wurde in zwei Gruppen unterschieden: Probanden, die Achtsamkeitsübungen durchführten – wobei auch Meditationsanfänger darunter waren – und solche, die sich in Ruhe befanden. Die Untersuchungen fanden heraus, dass sich das Gehirn der meditierenden Teilnehmer im Gegensatz zu denen in Ruhe im Zustand dieser sogenannten Kritikalität befindet, also am Umschlagspunkt zwischen Ordnung und Chaos. Man kann dieses Bild mit einem wachsenden Haufen Sandkörnern vergleichen, die ab einem gewissen, kritischen Punkt ins Rutschen geraten. Die Hirnströme zeigten zudem, dass die Informationsweitergabe bei den Meditierenden anders erfolgte, nämlich andere Wege im Gehirn genutzt wurden als bei den Probanden in Ruhe. Damit konnten die Meditierenden trotz kritischen Zustands weiterhin fokussiert und aufmerksam bleiben – die geregelte Informationsweitergabe war gegeben und nicht durch Chaos überflutet.
Damit konnte das Team zeigen, dass Meditation beziehungsweise Achtsamkeitstraining zu lokalen Veränderungen der Hirnstruktur beiträgt und eine verbesserte Informationsweiterleitung erreicht wird. Und ist es nicht das, was sich viele Ruhesuchende wünschen? Auch in Zeiten von Stress und Hektik nicht ins Chaos zu versinken, sondern weiterhin fokussiert und handlungsfähig zu bleiben.
Farina Haase,
Apothekerin/Online-Redaktion
Quelle: idw online