E-Learning: Neurodermitis
DAPs-Punkte

Trigger, Basispflege, Stufenplan – alles über Neurodermitis

Neurodermitis ist mehr als eine Hautkrankheit, sie schränkt die Lebensqualität der Betroffenen massiv ein. In der Apotheke können Sie mehr leisten, als Rezepte beliefern. Hier finden Sie das Hintergrundwissen für Beratungsgespräche.

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Die Therapie der atopischen Dermatitis besteht aus drei Bausteinen:

  1. der Basistherapie mit rückfettenden und rehydrierenden Pflegeprodukten, um die Hautbarriere zu stärken,
  2. der Vermeidung von Sekundärinfektionen, einerseits durch die Basistherapie, wenn nötig zusätzlich durch antimikrobielle Substanzen,
  3. der Linderung von überschießenden Immunreaktionen der Haut, etwa durch entzündungshemmende oder juckreizstillende Wirkstoffe oder bei bestehenden Allergien durch eine spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung).

Alle Bausteine unterstützen sich gegenseitig. Mit einer intakten Barriere ist die Haut weniger anfällig gegenüber Infektionen und Entzündungstriggern. Ohne Infektionen und Entzündungen funktioniert die Hautbarriere besser, was wiederum neuen akuten Ekzemschüben vorbeugt.

Therapie nach Leitlinie

In der Leitlinie „Atopische Dermatitis (AD) [Neurodermitis; atopisches Ekzem]“ bewerten Experten aus ärztlichen Fachgesellschaften, Forschungsgruppen und Betroffenenvereinen die verschiedenen Therapieoptionen. Dazu vergleichen sie Erfahrungswerte, vor allem aber wissenschaftliche Studien. Die Leitlinie wurde überarbeitet, auch in Hinblick auf neue Therapien mit Biologika, und hat 2023 den S3-Status erreicht – also die höchste methodische Qualität, die eine Leitlinie erreichen kann.

Sie teilt Neurodermitis in drei Schweregrade ein, die jeweils spezifisch behandelt werden:

Bei Stufe 1, der trockenen Haut, reichen eine topische Basistherapie mit Emollenzien und das Vermeiden von Triggerfaktoren aus.

Ab Stufe 2, leichten bis moderaten Ekzemen, kommen zusätzlich topische Glucocorticoide zum Einsatz.

„Macht Cortison die Haut dünn?“
Oft heißt es, Glucocorticoide würden die Haut dünn machen. Die meisten Präparate listen Hautatrophie als mögliche Nebenwirkung. Das ist jedoch ein Relikt aus den 1960ern. Damals kamen sehr stark wirksame Corticoide auf den Markt, die entsprechend starke Nebenwirkungen verursachten. Die Wirkstoffe neuer Generationen haben aber ein günstigeres Wirkprofil: weniger antiproliferativ und stärker antiphlogistisch. Auch placebokontrollierte Studien zeigen, dass kein Grund zur Sorge besteht: Die behandelten Hautstellen unterschieden sich nicht von den unbehandelten, die Cortison-Gruppe nicht signifikant von der Kontrollgruppe.

Wirken diese nicht oder werden sie nicht vertragen (außerdem an besonderen Hautstellen wie dem Gesicht, intertriginösen Hautarealen und im Anogenitalbereich) sind topische Calcineurininhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus) indiziert, die das Immunsystem modulieren. Juckreizstillende und antiseptische Wirkstoffe können erwogen werden.

Gegen den Juckreiz kann Polidocanol eine Option sein, lokale Antihistaminika kommen bei Neurodermitis jedoch nicht in Frage. Bei den systemischen H1-Antihistaminika gibt es nur für Fexofenadin einen schwachen Nutzennachweis. Langfristig sollten systemische Antihistaminika trotzdem nicht angewendet werden.

Liegt eine Superinfektion vor, sieht die Leitlinie auch topische Antiseptika vor. Sind die superinfizierten Läsionen großflächig, kommen systemische Antibiotika zum Einsatz. Um Resistenzen zu vermeiden, sollen Antibiotika jedoch nicht topisch appliziert werden. Auch antivirale Wirkstoffe, etwa bei Herpesinfektionen, werden systemisch angewendet.

Stufe 3 sind moderate bis schwere Ekzeme. Sie erfordern zusätzlich zu den topischen Glucocorticoiden beziehungsweise Calcineurininhibitoren auch eine systemische Therapie. Auch eine UV-Therapie ist ab Stufe 3 indiziert, allerdings nur für Erwachsene.

Als systemischer Arzneistoff kommt zum Beispiel Ciclosporin in Frage, jedoch nur zur Intervalltherapie. Langfristig kommen hier Biologika, monoklonale Antikörper, in Frage. Sie sind in den letzten Jahren immer bedeutender geworden, Dermatolog*innen können inzwischen auf zahlreiche Wirkstoffe zurückgreifen.

  • Dupilumab
    besonders bei atopischer Trias
  • Tralokinumab
    weniger Nebenwirkungen am Auge als Dupilumab
  • Januskinase (JAK)-Inhibitoren
    Langzeittherapie zugelassen, aber Intervalltherapie bei saisonalen Beschwerden bevorzugt
    • Abrocitinib
    • Baricitinib
      bei gleichzeitiger Alopezia areata oder rheumatoider Arthritis
    • Upadacitinib
      bei gleichzeitiger rheumatoider Arthritis, Psoriasis-Arthritis, Colitis ulcerosa oder ankylosierender Spondylitis
  • Lebrikizumab wurde erst zugelassen, nachdem die Leitlinie veröffentlicht wurde, deshalb gibt es noch keine spezifische Empfehlung.
  • Nemolizumab wird in klinischen Studien untersucht und ist noch nicht zugelassen.

Über den zweijährigen Ruben und wie ein Biologikum ihm hilft:

Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine oder Probiotika empfiehlt die Leitlinie ausdrücklich nicht, auch keine speziellen Diäten (abgesehen vom Meiden von Allergenen). Auch von Komplementärmedizin rät sie deutlich ab, im Speziellen Akupunktur, Phytotherapie, Autologes Serum, Höhenklima und Traditionelle Chinesische Medizin.

Allergie adressieren?

Die allergenspezifische Immuntherapie, etwa bei einer Pollenallergie, ist nur zugelassen, wenn die Allergie sich in den Atemwegen bemerkbar macht – also bei allergischem Asthma und Heuschnupfen. Neurodermitiker*innen mit Asthma oder Heuschnupfen profitieren jedoch auch auf der Haut von der Hyposensibilisierung. Gleiches gilt für das Encasin: Bei einer Hausstaubmilbenallergie werden Matratze, Kissen und Bettdecke in einen Bezug gehüllt werden. Er verhindert, dass Hausstaubmilbenkot aus dem Inneren des Bettzeugs aufgewirbelt und eingeatmet wird.

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