E-Learning: Rheuma
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Rheuma und seine vielen Gesichter

Rheuma ist nicht nur eine Krankheit, sondern über 100 verschiedene Beschwerdebilder zählen dazu. Um die über 17 Millionen Betroffenen in Deutschland beraten zu können, ist es wichtig, die Unterschiede zu kennen.

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Rheumatische Erkrankungen sind in der Regel nicht heilbar. Allerdings lassen sich ihr Fortschreiten aufhalten und die Beschwerden lindern. Ziel einer Rheumatherapie ist es also, Entzündungsprozesse einzudämmen und Schäden an Gelenken und Organen zu vermeiden. Je früher die Betroffenen ihre Diagnose bekommen und die Behandlung beginnen, desto mehr Lebensqualität kann erhalten werden.

NSAR

Bei den entzündlichen und den degenerativen Rheumaformen sind nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und Coxibe (Cyclooxygenase-Hemmer; COX-Hemmer) fester Therapiebestandteil. Sie sollen Schmerzen lindern und die Entzündung eindämmen.

Von den NSAR kommen vorrangig Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen zum Einsatz, meist in verschreibungspflichtigen Dosierungen. Dann entfaltet sich neben der analgetischen auch die antientzündliche Wirkung. Wer langfristig NSAR einnimmt, bekommt oft zusätzlich Protonenpumpenhemmer wie Pantoprazol verordnet, um Geschwüren und Blutungen im Magen-Darm-Trakt vorzubeugen.

Während die genannten NSAR die Cyclooxygenasen COX 1 und COX 2 hemmen, setzen Coxibe spezifisch an COX 2 an. Beispiele für Coxibe sind Celecoxib und Etoricoxib. Da die gastrointestinalen Nebenwirkungen der NSAR hauptsächlich über die COX-1-Hemmung vermittelt werden, sind bei Coxiben keine zusätzlichen Protonenpumpenhemmer nötig. Allerdings erhöhen Coxibe das kardiovaskuläre Risiko. Wie viel höher das Herz-Kreislauf-Risiko und wie viel niedriger das Risiko für Magenblutungen bei Coxiben im Vergleich zu den anderen NSAR ist, kommt auf die einzelnen Substanzen an. Nutzen und Risiko müssen vor der Verordnung individuell abgewogen werden.

Glucocorticoide

Glucocorticoide gehören oft zur Rheumatherapie, weil sie die Entzündung eindämmen. Die Betroffenen nehmen sie entweder oral ein oder bekommen sie direkt ins Gelenk gespritzt, wobei die Injektionen nicht öfter als vier Mal im Jahr pro Gelenk erfolgen sollten.

Bei den autoimmunbedingten Rheumaformen dämmt die Glucocorticoid-Therapie neben der Entzündung auch die überschießende Immunreaktion ein.

Da Glucocorticoide, langfristig hochdosiert eingenommen, unter anderem das Osteoporose-Risiko erhöhen, Magengeschwüre und das Cushing-Syndrom begünstigen, werden sie heute vor allem für die Kurzzeitanwendung verordnet. Gibt das Nutzen-Risiko-Verhältnis das her, abhängig also von der Schwere der Erkrankung, kann aber auch eine langfristige, dauerhafte Einnahme erwogen werden.

Bei starken Schmerzen kommen auch Opioide und Antidepressiva zum Einsatz.
 

DMARD

Inzwischen werden für die Langzeittherapie entzündlicher Rheumaformen sogenannte Basistherapeutika bevorzugt (DMARD, disease-modifying antirheumatic drugs). Insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis. DMARD verlangsamen den Krankheitsprozess.

DMARD

Synthetische:
sDMARD

Biologische:
bDMARD

Target-spezifische:
tsDMARD

Goldstandard unter den konventionellen sDMARD ist Methotrexat (MTX). Die Substanz hemmt die Zellteilung und unterdrückt die krankhafte Aktivierung des Immunsystems. Eine hochdosierte Gabe von Folsäure (5 bis 10 Milligramm) einen Tag nach der MTX-Applikation ergänzt die Therapie, um hepatische und gastrointestinale Nebenwirkungen abzuschwächen.

Außerdem zu den sDMARD zählen

  • Chloroquin,
  • Sulfasalazin,
  • Leflunomid,
  • Azathioprin,
  • Ciclosporin und
  • D-Penicillamin.

Schneller und gezielter greifen bDMARD ins Immunsystem und damit ins Entzündungsgeschehen ein. Die Biologicals hemmen selektiv entzündungsfördernde Zytokine oder inhibieren die Immunzellen direkt. Allerdings erfordern Biologicals eine subkutane oder intravenöse Gabe.

Beispiele sind

  • die TNF-Alpha-Blocker (z. B. Infliximab, Adalimumab, Enanacerp, Golimumab),
  • der IL-1-Antagonist Anakinra,
  • die beiden IL-6-Antagonisten Tocilizumab und Sarilumab
  • oder Rituximab, der sich an CD20, ein Molekül auf der Oberfläche von B-Zellen heftet.

 

Die neueste Entwicklung sind tsDMARD, die oral eingenommen werden können. Die meisten sind Januskinase-(JAK)-Inhibitoren. JAK sind Enzyme, die an der intrazellulären Signalübertragung von Zytokinen und damit am Entzündungsgeschehen beteiligt sind. Ihre Hemmung blockiert die Weiterleitung verschiedener Zytokine und kontrolliert damit autoimmune Entzündungsprozesse. In Deutschland sind diese JAK-Inhibitoren gegen rheumatoide Arthritis zugelassen:

  • Baricitinib,
  • Tofacitinib und Upadacitinib.


Bei Psoriasis-Arthritis steht unter der tsDMARD Apremilast zur Verfügung. Der Phosphodiesterase-4-Hemmer verringert die Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen.

 

Mehr als Medikamente

Weitere Therapieformen können die medikamentöse unterstützen. Etwa Physiotherapie, um die Beweglichkeit zu erhalten oder wiederherzustellen, die Muskulatur zu stärken und so Schmerzen zu reduzieren. In einer Ergotherapie können Betroffene lernen, wie sie durch gelenkschonende Bewegungen, mit Hilfsmitteln oder anderen Tricks und Kniffen ihren Alltag besser bewältigen. Außerdem entlasten und unterstützen orthopädische Hilfsmittel die Gelenke, etwa Schuheinlagen, Knieorthesen oder Handgelenkbandagen.

Da Stress, Burn-out und Depressionen rheumatische Beschwerden verstärken können, sind auch Stressmanagement, Entspannungsübungen oder Psychotherapie vielen Betroffenen eine Hilfe.

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