Sortiment
PKA-Fortbildung

Das Warenlager der Apotheke

Möchten Sie gerne frischen Wind in das Sortiment Ihrer Apotheke bringen? Dann sollten Sie vorher unbedingt einen Blick in die Gesetzestexte werfen, um die Bedürfnisse Ihrer Kunden im rechtlichen Rahmen zu erfüllen.

8 Minuten

Veröffentlichung der Teilnahmebescheinigung:
01. November 2021

8 Minuten

Ganz wichtig ist die Apothekenbetriebsordnung, die Ihnen viele Vorgaben macht. Zum einen steht darin geschrieben, welche Waren jede Apotheke vorrätig haben muss, aber auch welche sie haben darf.

Was muss jede Apotheke vorrätig haben? Obwohl der Großhandel ja mehrmals am Tag liefert, ist ein Vorrat für mindestens eine Woche an Arzneimitteln für alle wichtigen Indikationsgruppen notwendig, also Analgetika, Antibiotika und einiges mehr. Das ist wichtig, um die Bevölkerung auch bei Naturkatastrophen oder einem großen Stromausfall ausreichend mit Arzneimitteln versorgen zu können, bis Nachschub kommen kann. Welche Arzneimittel Ihre Apotheke konkret an Lager nimmt, bleibt jedem Apothekenleiter selbst überlassen.

Diese gesetzliche Vorgabe ist für die meisten Apotheken ohne große Probleme einzuhalten, denn durchschnittlich gut 90 Prozent des Umsatzes werden mit Arzneimitteln, also dem Kernsortiment, gemacht. Außerdem muss jede Apotheke die vorgeschriebenen Notfallmedikamente besitzen. Einige Kollegen bezeichnen sie auch als Antidote, obwohl es sich nicht bei allen um Gegenmittel bei Vergiftungen handelt. Die Notfallarzneimittel müssen nicht separat gelagert werden, sie können sich auch im Zentralalphabet oder an ihrem alphabetischen Platz im Kühlschrank oder Tresor befinden. Das ist einerseits praktisch, denn dazu gehören nicht nur seltene Arzneimittel wie Epinephrin (Adrenalin), sondern auch gängige wie Antihistaminika oder Entschäumungsmittel.

Trotzdem ist zu gewährleisten, dass die Notfallarzneimittel von allen Mitarbeitenden jederzeit schnell gefunden werden können, zum Beispiel durch einen gut sichtbaren Hinweiszettel am Kühlschrank. Die gesetzlichen Einschränkungen, die für eine Apotheke gelten, unterscheiden sich deutlich von den Freiheiten anderer Geschäfte, zum Beispiel einer Mode-Boutique, denn alle Notfallarzneimittel müssen nachbestellt werden, auch wenn sie nie gebraucht wurden und verfallen sind.

Auch Verbandmittel, Einwegspritzen, Einwegkanülen, Katheter, Überleitungsgeräte für Infusionen sowie Blutzuckermessgeräte mit passenden Teststreifen und Stechhilfen müssen für Notfälle jederzeit in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Einige seltenere Notfallarzneimittel wie Schlangengift- oder Tollwut- Antiserum muss nicht jede Apotheke vorrätig haben, sie muss diese nur kurzfristig besorgen können. Hierfür ist es sinnvoll, die Kontaktdaten des nächsten Notfalldepots, das sich meistens in größeren Kliniken befindet, gut auffindbar platziert zu haben.

Lernziele 
In dieser Fortbildung lernen Sie:
+ welche Artikel eine Apotheke vorrätig haben muss und welche sie vorrätig haben darf,
+ welche Kompromisse eine gute Lagerhaltung eingehen muss und
+ wie eine Sortimentsumgestaltung erfolgreich stattfinden kann.

Was darf eine Apotheke vorrätig haben? Auch das können Sie in der Apothekenbetriebsordnung nachlesen, und zwar unter dem Stichwort „Apothekenübliche Waren“. Im Alltag wird auch vom Ergänzungssortiment gesprochen. Dazu gehören laut Apothekenbetriebsordnung:

  • Medizinprodukte, die nicht der Apothekenpflicht unterliegen (apothekenpflichtige Medizinprodukte zählen zum Hauptsortiment): Dabei kann es sich zum Beispiel um Blutdruckmessgeräte, Verbandmittel, Läuseshampoo oder wirkstofffreie Augentropfen zur Befeuchtung handeln.
  • Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern: Hinter dieser Definition können sich sowohl Bücher zur Information der Kunden, Entspannungs-CDs als auch Gesundheits-Apps verbergen. Da die Definition recht dehnbar ist, besteht hier am meisten juristisches Streitpotenzial.
  • Mittel zur Körperpflege: Sie müssen einen pflegenden oder schützenden Charakter haben, um als apothekenüblich bezeichnet zu werden. Daher zählen zum Beispiel Parfums nicht dazu. Körperpflegeprodukte bilden einen Großteil der Freiwahl vieler Apotheken. Werden Sonnenschutzmittel und Apotheken- Kosmetika mitgezählt, sorgt dieser Sortimentsteil deutschlandweit für alle Apotheken insgesamt für fast eine Milliarde Umsatz.
  • Prüfmittel, Chemikalien, Reagenzien, Laborbedarf: Diese Artikel spielen in den meisten Apotheken nur eine untergeordnete Rolle. Aber es kann im Einzelfall durchaus verstärkte Nachfragen geben. So ist es aus Nachhaltigkeitsgründen besonders unter jungen Menschen wieder beliebter geworden, Putz- und Waschmittel aus Chemikalien wie Soda, Natron oder Citronensäure selbst zusammenzumischen.
  • Schädlingsbekämpfungs-und Pflanzenschutzmittel: Eine größere Rolle spielt dieser Sortimentsteil traditionell zwar eher in landwirtschaftlich geprägten Gebieten, aber als eine Folge der Corona-Pandemie gibt es immer mehr neue Gartenliebhaber, die in Ihrer Apotheke beraten werden können. In Städten liegt das Urban-Gardening im Trend. Bei Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmitteln handelt es sich übrigens nicht nur um „chemische Keulen“, sondern es gibt auch viele ökologisch vertretbarere Alternativen für die Anliegen Ihrer Kunden.
  • Mittel zur Aufzucht von Tieren: Handel mit Tiernahrung ist nur zur Ernährung von Tierbabys und jungen Tieren erlaubt. Dennoch könnte dieser Bereich für Ihre Apotheke ein Tätigkeitsfeld werden, wenn sich einige Ihrer Kunden in der letzten Zeit einen tierischen Mitbewohner zugelegt haben oder es planen.

Neben den apothekenüblichen Waren werden zum Ergänzungssortiment auch die freiverkäuflichen, also nichtapothekenpflichtigen Arzneimittel gezählt. Dabei kann es sich zum Beispiel um Vitamin- oder Mineralstoffpräparate, pflanzliche Säfte oder Tees handeln.

Anteilmäßig machen die apothekenüblichen Waren durchschnittlich zehn Prozent des Umsatzes einer Apotheke aus. Auch wenn es verlockend wäre, sich hauptsächlich auf einen Bereich im Ergänzungssortiment zu konzentrieren, so darf das nicht zu Lasten der öffentlichen Kernaufgabe der Apotheke, nämlich die Bevölkerung ordnungsgemäß mit Arzneimitteln zu versorgen, gehen.

×