Wundheilung
KLEINE UND GROSSE INDIANER …
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Bei dem großen Angebot und den zahlreichen Neuerungen auf dem Markt kann ein Kunde schon mal den Überblick verlieren. Eine gute Möglichkeit für das Apothekenteam, sich von Supermarkt und Drogerie abzuheben, die auch einige Produkte für die Wundheilung im Sortiment führen.
Arzt nötig? Impfschutz vorhanden? Gleich zu Beginn des Beratungsgesprächs können wir bei der Entscheidung helfen, ob eine Selbstversorgung der Wunde überhaupt möglich ist oder ob ein Arzt zu Rate gezogen werden muss. Entscheidend sind hierbei die Größe und Tiefe der Wunde sowie das Ausmaß der Blutung. Ist eine Schnittverletzung größer als einen Zentimeter, bei stark klaffenden Wunden oder wenn Fremdkörper tief in der Wunde stecken, ist es sinnvoll, die Wunde mit einer sterilen Auflage abzudecken und einen Arzt aufzusuchen. Es ist in diesem Zusammenhang immer ratsam, die Frage nach dem Tetanusschutz beim Patienten anzusprechen. Ist die letzte Impfung mehr als 10 Jahre her, ist eine Auffrischung vonnöten. Gerade Erwachsene vernachlässigen die Schutzimpfung sehr häufig. Bei einem Tierbiss muss man auch eine Tollwutinfektion in Betracht ziehen.
Unterstützung der Wundheilung Unkomplizierte kleinere Schnitt-, Schürf-, Kratz- oder Platzwunden repariert die Haut im Alleingang. Dabei durchläuft die Wundheilung drei Phasen: Selbstreinigung und Aktivierung des Gerinnungssystems (Exsudationsphase), Neubildung von Ersatzgewebe (Granulationsphase) und Wundverschluss (Epithelisierungsphase). Die Phasen gehen ineinander über und erstrecken sich insgesamt über rund drei Wochen. Während sich eine blutende Wunde im Optimalfall von innen heraus selbst reinigt, sind Schürfwunden sehr häufig verschmutzt. Um die Gefahr einer Infektion zu vermeiden, sollte man die Wunde reinigen. Dazu reicht es in der Regel, sie unter fließendem, handwarmem Leitungswasser von Trinkwasserqualität abzuspülen.
Unterwegs oder auf Fernreisen ist sterile physiologische Kochsalzlösung optimal. Auch fertige Wundspüllösungen, Ringerlösung oder Wundspray sind zum Entfernen von Schmutz und kleinen Fremdkörpern geeignet. Eventuell müssen Holz- oder Glassplitter, Fasern oder kleine Steinchen mit einer sauberen Splitterpinzette entfernt werden. Ein Desinfektionsmittel tötet verbliebene Keime ab und ist bei erhöhtem Infektionsrisiko empfehlenswert. Dafür eignen sich Antiseptika mit breitem Wirkspektrum, die gleichzeitig die Wundheilung fördern. Natürlich sollen sie beim Aufbringen nicht brennen. Bewährt haben sich die farblosen Wirkstoffe Octenidin und Polihexanid.
Ebenso geeignet sind Tyrothricin oder Povidon-Jod-Lösung. Wasserstoffperoxid-Lösung, Chlorhexidin und Jodoform hingegen hemmen den Wundheilungsprozess und werden heute nicht mehr empfohlen. Bei der Wahl der Wundabdeckung können Kunden heute zwischen der traditionellen trockenen und der feuchten Wundversorgung wählen. Beide haben ihren Einsatzbereich: Schnittwunden beispielsweise mit einem glatten, strichförmigen Wundrand können gut mit trockenen Wundabdeckungen versorgt werden. Der Klassiker in der Hausapotheke ist hier der Wundschnellverband, vom Kunden meist als Pflaster bezeichnet. Vom Prinzip bestehen alle aus einer Wundauflage, die das Exsudat aufsaugt, die auf einem selbstklebenden Fixiermaterial haftet.
Davon bietet die Apotheke zahlreichen Varianten an: steril, unsteril als Meterware, elastisch, wasserabweisend oder hautfreundlich, um nur einige Beispiele zu nennen. Es gibt Sonderformen für die Fingerkuppe und farbige Motive für Kinder. Einige verfügen über eine antibakterielle Beschichtung mit Silberionen. Ganz Eilige können kleine gereinigte Wunden auch mit einem Sprühverband versorgen. Er wirkt antibakteriell, ist wasserfest und dabei trotzdem atmungsaktiv. Somit ist die kleine Sprühdose für die Sporttasche oder auch im Badeurlaub sehr praktisch.
Wundheilung begleiten
Liegen neben einer akuten Verletzung bestimmte Grunderkrankungen vor oder werden bestimmte Medikamente eingenommen, sollten Sie die Wundheilung besonders aufmerksam begleiten und bei Komplikationen zum Arztbesuch raten.
Die Wundheilung ist verzögert bei
+ Diabetes mellitus, chronisch venöser Insuffizienz und peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Erkrankungen des Immunsystems, Krebserkrankungen.
+ Einnahme von Glucocorticoiden, Zytostatika, Immunsuppressiva.
Fix geklebt Bei klaffenden Schnitt- oder Platzwunden ist es manchmal sinnvoll, die Wunde zusätzlich mit Wundverschlussstreifen, auch Klammerpflaster genannt, zusammenzuhalten. Damit die Streifen fest anhaften, müssen die Wundränder trocken und möglichst fettfrei sein. Beim Aufkleben drückt man die Wundränder etwas zusammen und fixiert diese Position je nach Größe der Verletzung mit einem oder mehreren quer zur Wunde verlaufenden Fixierstreifen. Anschließend deckt man die Wunde zusätzlich mit einer Wundauflage ab. Klammerpflaster verbessern das kosmetische Ergebnis von Platz- und Schnittwunden und sind deshalb eine echte Bereicherung für die Hausapotheke.
Bei großflächigeren Verletzungen handhabt man die Komponenten Abdecken und Fixieren meist getrennt: Also mit einer Kompresse, die Exsudat aufsaugt und vor mechanischen Belastungen schützt sowie einer separaten Fixierbinde. Eine Variante sind die Verbandpäckchen, bei denen die Wundauflage mit einer Mullbinde zum Fixieren bereits verbunden ist. Diese Kombination eignet sich besonders zur Erstversorgung und gehört zum Beispiel in den Verbandkasten des Autos. Nachteil bei diesen trockenen Wundauflagen ist, dass sie leicht mit der Wunde verkleben. Beim Verbandwechsel kann die Wunde dann wieder aufreißen. Eine Alternative sind dann Vliesstoffkompressen mit hydrophober Oberfläche und Poren, durch die Exsudat ins Innere aufgenommen werden kann.
Feuchte Wundheilung erläutern Zahlreiche Vorteile hat die feuchte Alternative der Wundversorgung. Diese modernere Methode ist dem Verbraucher noch nicht so bekannt und deshalb erklärungsbedürftig: Die feuchte Wundheilung verhindert eine Verschorfung und sorgt so dafür, dass für den Heilungsprozess wichtige Bestandteile des Wundsekrets in den verletzten Bereich einfließen können. Auch können neu gebildete Zellen leichter vom Wundrand einwandern, was den Heilungsprozess verbessert und die Narbenbildung reduziert. Größere, aber oberflächliche, nässende Wunden, wie beispielsweise Schürfwunden, sind für die feuchte Wundheilung prädestiniert. Auch die Heilung von Brandwunden lässt sich deutlich beschleunigen. Hydroaktive, also wasserregulierende Wundauflagen oder Wundgele zum Auftragen sorgen für ein feuchtes Wundmilieu.
Welche Wundauflage geeignet ist, hängt vom Feuchtigkeitsgrad der Wunde ab: Sie soll überschüssiges Exsudat aufsaugen, damit der Wundrand nicht aufquillt und sich womöglich infiziert, soll die Wunde aber auch nicht austrocknen. Bei erkennbar niedrigem Feuchtigkeitsgehalt, ist ein Hydrogel mit hohem Wassergehalt die geeignete Wahl, um die optimale Gewebehydratation wiederherzustellen. Im Zweifelsfall sind Sie aber mit der Empfehlung einer Hydrokolloid-Auflage, die sowohl Flüssigkeit absorbieren als auch spenden kann, auf der sicheren Seite. Hydroaktive Wundverbände bleiben über mehrere Tage auf der Wunde. Grundsätzlich sind sie nicht für die Anwendung bei infizierten Wunden geeignet. Wundheilgele werden ebenfalls direkt auf die gereinigte Wunde aufgetragen, halten sie feucht und unterstützen den Heilungsprozess beispielsweise mit antibakteriellen Wirkstoffen, Dexpanthenol, Zink- oder Eisenionen. Ein zusätzlicher Wundschnellverband kann die Verletzung schützen.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Apothekenkosmetik der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 40.
Dr. Susanne Poth, Apothekerin/Redaktion