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ABDA und MVDA kritisieren das gekürzte Maskenhonorar in Presseinformationen. © AlexSecret / iStock / Getty Images Plus

FFP2 | Risikogruppen

WUT ÜBER GEKÜRZTES MASKENHONORAR

Am vergangenen Freitag, dem 29. Februar, erließ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eine Verordnung, die für Apotheken eine geringere Vergütung für Schutzmasken vorsieht. Die Berechtigungsscheine für Risikogruppen dürfen ab dem 10. Februar nur noch mit 3.30 Euro statt 6 Euro abgerechnet werden. Das sorgt für Empörung.

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Über die Hintergründe der Honorarkürzung haben wir bereits berichtet. Viele Apothekenmitarbeiter fühlen sich dadurch nicht wertgeschätzt, besonders nach allem, was sie im vergangenen Jahr zur Pandemiebekämpfung beigetragen haben. Für Apotheken, die bereits im Dezember zu höheren Preisen Masken bevorratet haben, bedeutet die Kürzung außerdem einen finanziellen Verlust.

Andreas May, Vorstand der Apothekengewerkschaft ADEXA, beschreibt die Lage der Apotheken so:

Apothekenangestellte zwischen Mut und Wut
Ein Kommentar von ADEXA-Vorstand Andreas May


Wie fühlt es sich für Apothekenangestellte an, die im Dezember an der vom BMG überstürzt angeordneten Ausgabe der kostenlosen FFP2-Masken beteiligt waren – und die nun hören, dass diese Masken ab 10. Februar nicht mehr mit dem vereinbarten Honorar, sondern nur noch für 3,30 Euro netto abgerechnet werden sollen?

Gut, in diesem Fall trifft es neben den Vor-Ort-Apotheken auch die ausländischen Versender, deren Kalkulation ebenfalls dahinschmilzt. Aber wer sich als Mitarbeiter*in erhofft hatte, dass die Apothekenleitung nach dem Ausgabezeitraum nun doch endlich mit dem Corona-Bonus ein Zeichen der Wertschätzung setzen würde, wird sich häufig enttäuscht sehen. Denn die Frustration der Inhaber*innen über Spahns Wortbruch dürfte letztlich an die Beschäftigten weitergereicht werden.

Es gibt viele Bereiche, in denen öffentliche Apotheken immer noch nicht kostendeckend von den Kassen bezahlt werden. Da hätte diese eine, evtl. vom jetzigen Zeitpunkt aus betrachtet eher großzügig kalkulierte Honorierung Bestandsschutz genießen dürfen, ja müssen. Schließlich wurden die Maskenbestände vielfach längst bestellt, als sie noch teurer waren.

Apothekenangestellte – auch das muss sich die Politik vor Augen führen – bekommen von beiden Seiten den Unmut zu spüren: von den Kund*innen und Patient*innen, weil der Bundesgesundheitsminister mit heißer Nadel strickt und anderen dafür die Erklärung überlässt. Und von der Apothekenleitung, die sich zu Recht über ein Gebaren aufregt, das dazu noch Verträge und Vereinbarungen mit Verordnungen aushebelt.

Ein weiterer Grund zum Frust: Obwohl Apothekenteams mit vielen kranken Menschen zu tun haben, gehören sie selbst erst zur dritten Risikogruppe. Sie werden sich also noch eine ganze Weile gedulden müssen, bis sie die Möglichkeit zur Impfung bekommen.

Trotzdem engagieren sich viele Apothekenangestellte in Impfzentren und mobilen Impfteams. Das ist vorbildlich und zeigt einmal mehr: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Apotheken sind systemrelevant, engagiert und ja, auch mutig, denn hier wird ohne eigenen Schutz Neuland betreten, damit unsere Gesellschaft wieder aus der Pandemie gelangt.

Auch die Präsidentin des Marketing Vereins Deutscher Apotheker, Gabriela Hame-Fischer, und Vizepräsident Dr. Holger Wicht, halten die Kürzung für ungerecht und ungerechtfertigt und appellieren an den Gesundheitsminister:

Heilberufliche Kompetenz wird mit Honorarkürzung bei Schutzmaskenversorgung mit den Füßen getreten

Apotheken zum reinen Maskenverteiler degradiert

Mit Befremden und Verärgerung nimmt der Marketing Verein Deutscher Apotheker (MVDA e. V.) den Verordnungs-Entwurf zur Veränderung der Corona-Schutzmasken-Verordnung zur Kenntnis, den das Bundesgesundheitsministerium am vergangenen Freitag vorgelegt hat. „Dass jetzt eine Verordnung die andere jagt, ist für die Versorgung der Bevölkerung mit FFP2-Masken nicht eben hilfreich“, so die erste Reaktion des MVDA-Vizepräsidenten Dr. Holger Wicht, verantwortlich für die gesundheitspolitische Arbeit des Vereins.

Besonders ärgerlich für die Apotheken sei die vollkommen neue Bewertung ihrer Leistungen und ihrer Aufgaben. Insbesondere Ende des Jahres haben sich deutschlandweit alle Apotheken massiv dafür eingesetzt, Risikogruppen gezielt zu beraten und sie schnell und flächendeckend mit Masken zu versorgen. „Dass die Apothekerinnen und Apotheker jetzt vom Versorger zum reinen Maskenverteiler degradiert werden, entspräche weder ihrer Ausbildung noch ihrem Versorgungsauftrag. Der Gesundheitsminister scheint der beratenden Kompetenz der pharmazeutischen Heilberufe in der nach wie vor andauernden Pandemie-Krise inzwischen keine große Bedeutung mehr zuzumessen“, so die Analyse von Dr. Wicht.

Zuverlässiger Notnagel: ja – Planungssicherheit: Fehlanzeige
Das Hin und Her weckt böse Erinnerungen an den Eiertanz der Politik bei der Sicherung des einheitlichen Apotheken-Abgabepreises. „Planungssicherheit sehe jedenfalls anders aus. Hat man schon wieder verdrängt oder vergessen, dass Apotheken über Jahre immer der zuverlässige Notnagel der flächendeckenden Gesundheitsversorgung sind, wie beispielsweise beim europaweiten Mangel an Desinfektionsmitteln vor nicht mal einem Jahr oder erst jüngst in der ersten Phase der Maskenvergabe kurz vor Weihnachten?“, fragt Vereinspräsidentin Gabriela Hame-Fischer.

Außerdem ist es schlicht nicht wahr, dass den Apotheken durch Beschaffung, Lagerung, Abgabe und Abrechnung der Schutzmasken ein Erfüllungsaufwand entstehe, der, wie es in der Verordnung heißt, „durch den festgelegten Erstattungspreis abgedeckt“ sei, ergänzt der Vize-Präsident. Allein die in der Verordnung genannte Auflistung der apothekerlichen Pflichten zeige jedem klar rechnenden Freiberufler, dass die administrative Betreuung der Maskendistribution für einen Preis von 3,30 Euro nicht zu machen sei. „Unsere Ausbildung und unsere heilberufliche Kompetenz wird mit diesem Euro-Geschacher mit Füßen getreten“, entrüstet sich Dr. Wicht.

Fatales Signal an den Apotheker*innen-Nachwuchs
Viele Bezugsberechtigte hätten darüber hinaus bislang noch keine Coupons erhalten. Dies zeige, wie träge der Amtsapparat der Krankenkassen arbeitet und wie negativ sich dies auf die Versorgung der vulnerablen Patientengruppen mit FFP2-Masken auswirke. Anstelle einer Neiddebatte über eine vermeintliche Bereicherung der Apotheker wäre die passendere Reaktion gewesen, den Apothekerinnen und Apothekern vor Ort durch politische Verlässlichkeit und Vertragstreue die Wertschätzung entgegen zu bringen, die sie sich in der Pandemiebekämpfung zum Wohle der Bevölkerung erworben haben. So aber entwickelte sich die anfänglich vermittelte Anerkennung jetzt zu einer abschätzigen Mogelpackung.

Die Kürzung eines festgeschriebenen Honorars für eine ohnehin zeitlich begrenzte Leistung sei beispiellos und sorge in der Apothekerschaft für einen massiven Vertrauensverlust in die Verlässlichkeit der Politik. Das Signal, das die Politik damit auch in Richtung zukünftiger pharmazeutischer Fachkräfte aussende, ist fatal und trage sicherlich nicht dazu bei, junge Leute für diesen großartigen und verantwortungsvollen Beruf zu motivieren. Dies sei besonders in einer Zeit bedenklich, in der die großen Probleme nur in einem schnellen und effektiven Miteinander gelöst werden können.

Appell an Jens Spahn
Der MVDA e. V. fordert das Bundesgesundheitsministerium auf, sich schnellstmöglich mit den Apothekerinnen und Apothekern zusammenzusetzen und vernünftige Konzepte zur Versorgung der Bevölkerung mit Schutzmasken zu erarbeiten, in die dann auch die heilberufliche Kompetenz der Pharmazeutinnen und Pharmazeuten integriert wird. „Wir stehen für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung und werden unsere Kontakte nutzen, um einen realitäts- und praxisnahen Blick auf die tatsächliche Leistungsqualität der Apothekerinnen und Apotheker zu schaffen“, betont Dr. Wicht.


UPDATE:
Auch aus den Apotheken hagelt es Unmut. Als Reaktion auf diesen Artikel sendete uns Apotheker Torsten Heide folgendes Bild:

Dazu schreibt er:
„Am Samstagmorgen erhielt ich nun auch von unserem Rechenzentrum die Ankündigung, mit welchem Betrag man den Abrechnungsaufwand für die eingereichten Maskenbelege / Sammelbelege abzurechnen gedenkt. Zusammen mit den ebenfalls stets samstags eintreffenden Retax-Briefen diverser Krankenkassen konnte ich mich nicht mehr wehren, diese Zeichnung anzufertigen.“



Ob Jens Spahn auf die Vorwürfe eingehen wird, ist unklar.

Gesa Van Hecke,
PTA und Redaktionsvolontärin

Quellen:
Presseinformation der ADEXA „Apothekenangestellte zwischen Mut und Wut“, Hamburg, 2. Februar 2021.
Presseinformation des MVDA „MVDA Präsidium zeigt sich über die angepasste Leistungsvergütung empört - Heilberufliche Kompetenz wird mit Honorarkürzung bei Schutzmaskenversorgung mit den Füßen getreten“, Köln, 2. Februar 2021.

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